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Koalitionsvertrag soll diese Woche fertig werden: SPD und BSW in Brandenburg räumen alle Streitpunkte aus dem Weg
Seit rund drei Wochen verhandeln SPD und BSW in Brandenburg. Größere Streitpunkte sind geklärt. Das Papier soll in den nächsten Tagen präsentiert werden.
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In Brandenburg ist der Koalitionsvertrag von SPD und dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) weitgehend unter Dach und Fach. Nach Tagesspiegel-Informationen haben die von Ministerpräsident Dietmar Woidke geführten Sozialdemokraten und das von Partei- und Fraktionschef Robert Crumbach geführte BSW alle zentralen Knackpunkte ausgeräumt.
Das neue rot-lila Bündnis fordert demnach doch kein Ende der Russland-Sanktionen, will sich aber für eine Senkung der Energiepreise einsetzen, um die Folgen für einheimische Unternehmen zu mildern. Der Verfassungstreuecheck für Beamte, dessen Abschaffung des BSW im Wahlkampf forderte, soll nun bleiben – aber noch 2025 überprüft werden. Die künftige SPD/BSW-Koalition will sich für die Abschaffung der Schuldenbremse einsetzen und die Landespolizei auf 9000 Stellen aufstocken.
Formulierungen gegen eine Ansiedlung von Rüstungsunternehmen, die zwischenzeitlich für Zoff gesorgt hatten, sind offenbar nicht mehr im Papier enthalten. Das neue Regierungsbündnis will demnach wohl auch die Internationale Luft- und Raumfahrtausstellung (ILA) in Schönefeld nicht infrage stellen. In einem Entwurf war ein Ende der ILA noch enthalten.
Beide Seiten hielten sich nach außen zunächst weiterhin bedeckt. „Ich kann sagen, dass wir diese Woche wahrscheinlich fertig werden“, sagte Crumbach. Auch SPD-Generalsekretär David Kolesnyk äußerte sich zuversichtlich, dass der Fahrplan mit einer Wahl des Ministerpräsidenten vor Weihnachten gehalten werden kann.
Drei Wochen hatten beide Seiten verhandelt, ehe man sich nun einig wurde. Über den Durchbruch hatten „Bild“ und „BZ“ zuerst berichtet. Das Papier soll in den nächsten Tagen präsentiert werden, wahrscheinlich erst den am Dienstag tagenden Fraktionen im Landtag und am Folgetag der Öffentlichkeit. Die formale endgültige Beschlussfassung gibt es zwar noch nicht, sie steht aber nach Tagesspiegel-Informationen unmittelbar bevor – und damit auch die noch nicht erfolgte finale Verteilung der Ministerien.
BSW soll das Bildungsministerium übernehmen
Nach Tagesspiegel-Informationen läuft es darauf hinaus, dass es bei zehn Ressorts der Landesregierung bleibt, wovon das BSW drei Ministerien bekommen soll. Danach könnte das BSW das Finanzministerium mit Crumbach übernehmen und auch das Infrastrukturministerium, für das wohl der bisherige Templiner Bürgermeister Detlef Tabbert (BSW) vorgesehen ist.
Außerdem soll das BSW das Bildungsministerium übernehmen, das erstmals seit Jahrzehnten nicht in SPD-Hand wäre. Es soll mit einer Frau mit ostdeutscher Vita besetzt werden, heißt es. Für das Innenministerium, das die SPD auch wegen der Zuständigkeit für Verfassungsschutz und Bundeswehr nicht dem BSW überlasst, gilt die bisherige Finanzministerin und Ex-Innenstaatssekretärin Katrin Lange als klare Favoritin.
In der Bildungspolitik gibt es demnach wohl keine brisanten Überraschungen. Das BSW hatte sich für ein Verbot von Smartphones an Grundschulen eingesetzt. Der Kompromiss sieht vor, dass Grundschüler die Handys wegschließen müssen, im Unterricht vorrangig auf analoge Wissensvermittlung gesetzt wird.
Die Schulstrukturen sollen nicht angetastet werden. Rot-Lila tritt für einen Erhalt aller Krankenhäuser im Land ein und will sich dem Vernehmen nach für einen schlankeren Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk einsetzen. Das BSW konnte sich mit seiner Forderung durchsetzen, sich für Steuerfreiheit von renten unter 2000 Euro stark zu machen.
In der Krieg-Frieden-Frage hatten sich beide Seiten bereits bei den Sondierungen auf einen Kompromiss geeinigt. Dabei bleibt es, und damit auch bei der Kritik an der Stationierung von neuen US-Raketen in Deutschland. Rot-Lila bekennt sich aber zur Bundeswehr und den Brandenburger Standorten. Die künftige Koalition will in der Migrationspolitik den von Woidke bereits verschärften Kurs mit konsequenteren Abschiebungen fortsetzen und steht auch hinter dem geplanten Abschiebezentrum in Schönefeld.
Nach der Einigung könnten Parteitage Ende der ersten Dezember-Woche den Koalitionsvertrag beschließen, sodass Woidke am 11. Dezember im Landtag gewählt und vereidigt werden könnte. SPD (32 Mandate) und BSW (14 Mandate) haben im Landtag eine knappe Mehrheit von zwei Stimmen. Die Verfassung lässt ihnen bis Mitte Januar Zeit, bis der Regierungschef gewählt ist.
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