
© Soeren Stache/dpa
Gegen den Willen des Außenamts: Moskaus Botschafter bei Gedenken auf den Seelower Höhen
Das Gedenken zur Schlacht auf den Seelower Höhen ist diesmal brisant. Das Auswärtige Amt rät, dass russische Vertreter nicht eingeladen werden sollen. Russlands Botschafter ist dabei – ohne Einladung.
- Marc-Oliver von Riegen
- Wilhelm Pischke
Stand:
Der russische Botschafter in Berlin, Sergej Netschajew, hat an einem stillen Gedenken an die Schlacht auf den Seelower Höhen teilgenommen – trotz einer Empfehlung zum Ausschluss. Das Gedenken zum 80. Jahrestag in Brandenburg wird von der Debatte über eine Handreichung des Auswärtigen Amts überschattet, keine Vertreter von Russland und Belarus zu solchen Veranstaltungen einzuladen. Auch der Gesandte Botschaftsrat von Belarus in Deutschland, Andrej Schupljak, nahm teil.
Bei der Schlacht kurz vor dem Ende des Zweiten Weltkrieges waren unter anderem Zehntausende sowjetische Soldaten gefallen. Der Landkreis Märkisch-Oderland und die Stadt Seelow, die die Veranstaltung organisieren, hatten die Vertreter von Russland und Belarus nicht aktiv eingeladen. Sie legten ihnen aber auch nicht nahe, das Gedenken zu verlassen, sondern kritisieren die Handreichung. Vize-Landrat Friedemann Hanke (CDU) hatte sie als „Quatsch“ bezeichnet.
„Es ist ein diplomatisch – sagen wir es mal vorsichtig – nicht sehr freundlicher Akt gegenüber den Nachfahren der Menschen, die hier begraben liegen“, kritisierte BSW-Landtagsfraktionschef Niels-Olaf Lüders. „Ihnen untersagen zu wollen, an die Gräber ihrer Vorfahren zu gehen, finde ich absolut unakzeptabel.“ Die Empfehlung sei „ziemlich geschichtsvergessen und unangemessen“.
Die SPD-Landtagsabgeordnete Sina Schönbrunn nannte die Handlungsempfehlung des Auswärtigen Amts „absurd“. „Natürlich kann man alles instrumentalisieren, aber uns sollte es doch heute vor allen Dingen darum gehen, der Toten zu gedenken“, sagte sie dem Inforadio des RBB. „Wir müssen hier nach vorne schauen.“ Es sei ein mahnendes, stilles Gedenken.
Ukraine-Botschafter kritisiert Teilnahme des russischen Gesandten
Der ukrainische Botschafter Oleksii Makeiev wiederum kritisierte die Teilnahme seines russischen Kollegen an der Gedenkveranstaltung scharf. Dass Netschajew dabei das Sankt-Georgs-Band getragen habe, ein russisches Militärabzeichen, sei „eine klare Verhöhnung der Opfer – der Opfer von vor 80 Jahren und der Opfer von heute“, sagte Makeiev der Deutschen Presse-Agentur.
Er verwies darauf, dass bei den russischen Angriffen in Krywyj Rih und Sumy zuletzt 55 Zivilisten, darunter 11 Kinder, getötet worden seien. „Der Mann mit der Georgsschleife steht für den Staat, der die alleinige Verantwortung für diese Kriegsverbrechen trägt und sich erlaubt, den künftigen deutschen Bundeskanzler als ‚Nazi‘ zu bezeichnen“, sagte Makeiev. „Wer mit ihm an der Gedenkfeier teilnimmt, lässt sich instrumentalisieren und relativiert Russlands heutige Kriegsverbrechen.“
Außenministerium will Instrumentalisierung verhindern
In der Handlungsempfehlung des Auswärtigen Amts heißt es, dass es im Inland grundsätzlich keine Teilnahme offizieller Stellen an Veranstaltungen auf Einladung von Russland und Belarus sowie keine Einladung an russische und belarussische Vertreter zu Gedenken von Bund, Ländern und Kommunen geben solle. Dies wurde der Deutschen Presse-Agentur aus Kreisen der Landesregierung bestätigt. Dabei soll auch vom Hausrecht Gebrauch gemacht werden können.
Mit der Empfehlung will das Außenministerium eine Instrumentalisierung des Zweiten Weltkrieges durch Russland zur Rechtfertigung des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine verhindern. Die „Berliner Zeitung“ hatte zunächst über die Handreichung geschrieben. Die Schlacht um die Seelower Höhen gilt als größte Schlacht des Zweiten Weltkriegs auf deutschem Boden. Auf deutscher und sowjetischer Seite starben laut Gedenkstätte Museum Seelower Höhen Zehntausende Soldaten. (dpa)
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