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Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD).

© dpa

Kritik an überzogenen Monatsbeiträgen: Brandenburgs Wirtschaftsminister fordert von Versorgern Fairness bei Abschlägen

Jörg Steinbach (SPD) kündigte auf einem Energiegipfel die „Nennung von Ross und Reiter“ an, falls keine Besserung eintritt - Regierungschef Dietmar Woidke (SPD) rechnete mit Nordrhein-Westfalen ab.

Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) hat die Praxis von Gasversorgern im Land gerügt, aktuell Bescheide für völlig überzogene Monatsabschläge für 2023 herauszuschicken, in denen die Preisbremse nicht eingerechet ist. „Das löst eine Stimmung in der Bevölkerung aus, die gar nicht notwendig ist“, sagte Steinbach am Montag in der Potsdamer Staatskanzlei nach dem zweiten Energiegipfel der Landesregierung.

Zu dem hatte Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) erneut Vertreter von Wirtschaft, Kammern und Energieunternehmen geladen. Der Anlass für Steinbachs deutliche Worte: Den Wirtschaftsminister erreichen „in verstärkten Maße“ Berichte Betroffener, die Abschläge in einer Größenordnung zahlen sollen, „die sich in keiner Art und Weise über die Gas- und Strompreisbremse nachrechnen lassen“.

Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD).
Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD).

© Ottmar Winter PNN / Ottmar Winter PNN

Steinbach: „Mein Rat ist: Wer solch ein Schreiben erhält, sollte auf dem kürzesten Weg zur Verbraucherberatung gehen.“ Welche Gasversorger die schwarzen Schafe sind, die ihre Kassen füllen, wollte der Minister nicht sagen - noch nicht: „Die Nennung von Ross und Reiter wäre die letzte Variante, wenn mein Appell nicht fruchten sollte. Dann müsste man das tun.“ Er forderte die Versorger auf, bei der Berechnung von Abschlägen die Gas- und Strompreisbremse zugrunde zu legen.

Woidke ruft die Menschen zum Energiesparen auf

Besonders Handwerksbetriebe leiden unter höheren Strom- und Gasrechnungen. Wolf-Harald Krüger, Präsident der Handwerkskammer Frankfurt/Oder, sagte nach dem Gipfel. „Wir hatten die Chance, unsere Existenzsorgen vorzutragen - und es hat Gehör gefunden.“ Dazu gehörte auch seine Mahnung, mit schnell auszuzahlenden Mikrokredite zu helfen, damit kleinen Firmen die Zwischenzeit bis zum Wirken der Preisbremsen überbrücken: „Es geht um relativ kleine Beträge.“

Nordrhein-Westfalen ist für uns kein Modell.

Dietmar Woidke (SPD), Ministerpräsident des Landes Brandenburg

Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) sieht das Land mittlerweile stabiler für den kommenden Winter aufgestellt - ohne drohende Blackouts und kalte Wohnungen. Es gebe nunmehr die Chance, störungsfrei durch die nächsten Wochen und Monate zu kommen, sagte er. Allerdings müsse weiterhin sparsam mit Energie umgegangen werden.

Regierungschef mahnt höheres Tempo bei der Energiewende an

Thema war auch die Raffinerie Schwedt, die Brandenburg und weite Teile Ostdeutschlands mit Kraftstoffen versorgt und ab Jahreswechsel ohne russisches Öl aus der Druschba-Pipeline auskommen soll. Dafür liefen beim Bund finalisierende Vorbereitungen, hieß es. Das Bundeswirtschaftsministerium arbeite mit Hochdruck. Drohen Engpässe und höhere Benzinpreise in Brandenburg? Er gehe davon aus, dass auch nach Jahreswechsel im Treibstoffbereich die Versorgungssicherheit gewährleistet sein werde, antwortete Woidke.

Generell mahnte Brandenburgs Regierungschef ein höheres Tempo bei der Energiewende Deutschlands an - und kritisierte den Kohleausstieg Nordrhein-Westfalens zum Jahr 2030 als Etikettenschwindel. Der sei kein Umstieg auf erneuerbare Energien, stattdessen würden dort drei neue Gaskraftwerke gebaut. „Gaskraftwerke machen aber den Strom teurer.“ Der Bau von Gaskraftwerken in NRW, finanziert auch vom Bund, „bremst die Energiewende in Deutschland“.

Und dann sagte Woidke über das Land, das in den Aufbaujahren nach 1990 Brandenburgs Partnerland im Westen war: „Nordrhein-Westfalen ist für uns kein Modell.“ Brandenburg dagegen sei Vorreiter der Klimaneutralität in Deutschland und wolle das mit dem Solarprogramm des bisherigen Braunkohleverstromers Leag ausbauen.

Leag-Vorstand Thorsten Kramer bekräftigte das Ziel des Konzerns, 2026 in früheren Tagebauflächen - „unseren Goldstaub“ - den ersten Gigawatt-Photovoltaik-Park in Deutschland in Betrieb zu nehmen, „den größten in Deutschland und Europa, unter den Top-Ten weltweit“. Man werde bis 2030 Sieben-Gigawatt-Solaranlagen ans Netz bringen, also die gleiche Leistung wie jetzt das Kraftwerk Jänschwalde. Bis 2040 werde das noch einmal verdoppelt, „auf vierzehn Gigawatt“, so Kramer. „Die Lausitz wird sich in einen Grünstromlieferbereich katapultieren, der bisher unvorstellbar war.“ Dazu sei keine andere Region in Deutschland in der Lage.

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