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Bundestagspräsident Norbert Lammert im Brandenburger Landtag.

© dpa

Einweihung des Brandenburger Plenarsaals: Lammert wünscht dem Landtag Demut

Der Bundestagspräsident würdigt das erste eigene Parlamentsgebäude Brandenburgs in Potsdam - und hält eine kluge Rede zum Festakt im Plenarsaal.

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Potsdam - Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) sieht eine wachsende Verantwortung der Länderparlamente in Deutschland. Das betonte Lammert am Dienstag beim Festakt zur Einweihung des neuen Brandenburger Landtags in Potsdam. „Wir eröffnen kein altes Schloss neu“, sagte Lammert. „Wir feiern das erste eigene Parlamentsgebäude in der tausendjährigen Geschichte Brandenburgs.“ Das Parlament nahm mit dem Festakt der 88 Abgeordneten und einhundert Ehrengäste, darunter US-Botschafter John B. Emerson und der polnische Botschafter Jerzy Marganski, offiziell seine Arbeit im neuen Domizil auf. Zuvor hatten am Wochenende 22 000 Besucher das Landtagsschloss besichtigt.

In seiner pointierten Rede verteidigte Lammert die Parlamente. Sie seien einflussreicher als jede Sendung, jede Fernsehtalkshow, sagte er – und sprach den als Ehrengast anwesenden TV-Moderator Günther Jauch direkt an: „Seien Sie jetzt tapfer.“ Denn dort werde „viel geredet, hier wird entschieden“. Er verwies darauf, dass die Gesetzgebungskraft der Länder mit der Föderalismusreform gestiegen sei. Dass es in der Bevölkerung eine Zustimmung zur Demokratie, aber gleichzeitig viel Kritik an deren Institutionen und Amtsrägern gebe, sei nicht unbedingt Politikverdrossenheit. „Es kann Ausdruck eines gewachsen Urteilsvermögens sein.“ Lammert mahnte mehr Konsequenz der Politik an. „Parlamente müssen lernfähig sein, Regierungen auch. Sie sollen aber nicht wankelmütig sein.“ Wichtiger als Popularität sei Glaubwürdigkeit. Er wünsche Brandenburgs Abgeordneten im neuen Haus „Mut, Kraft, Toleranz, Entschlossenheit – und Demut“.

Landtagspräsident Gunter Fritsch (SPD) sprach vom „modernsten Landtag der Bundesrepublik“. Das moderne Gebäude im historischen Gewand zeige „Gästen aus aller Welt, dass wir uns sowohl unserer Geschichte bewusst als auch der Zukunft verpflichtet sind“. Vize-Landtagspräsidentin Gerrit Große (Linke), die entgegen dem Protokoll vor Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) das Wort ergriff, hofft mit „dem neuen großartigen Haus“ auf einen Qualitätssprung der parlamentarischen Arbeit. „Der Raum ist der dritte Pädagoge“, sagte Große, die als Chefin der Kunstkommission zugleich verantwortlich für die wegen Hitler-Bildern umstrittene Porträt-Ausstellung war.

Ministerpräsident Woidke erinnerte an die, die vor 25 Jahren mit der friedliche Revolution die SED-Diktatur beendet hätten: „Der Geist dieser Menschen lebt in diesem Landtag weiter.“ Unter den Ehrengästen waren auch Zeitzeugen, die in den Jahren 1959 und 1960 mutig gegen den vom SED-Politbüro angeordneten Abriss des Potsdamer Stadtschlosses protestiert hatten. Finanzminister Helmuth Markov (Linke) betonte, dass die 120-Millionen-Kosten fast eingehalten wurden. Dies liege daran, dass die Politik konsequent geblieben sei, anders als beim Flughafen. „Wenn Brandenburg etwas in die Hand nimmt, dann funkioniert es auch.“

Alle Redner dankten den Mäzenen Jauch und Hasso Plattner, ohne die es das aufgebaute Stadtschloss nicht geben würde. Plattner feierte seinen 70. Geburtstag im Ausland. Jauch, der mit seiner Spende des Fortunaportals die Initialzündung gegeben hatte, machte sich am Dienstag erstmals selbst ein Bild vom Gebäude, das außen das Stadtschloss und innen ein moderner Landtag sei. „Es ist sehr gut gelungen“, sagte Jauch den PNN. Damit sei Potsdams Alter Markt „auf dem Weg, wieder einer der schönsten Plätze Europas zu werden“. Er erinnerte an die intensiven Debatten um das Projekt und an die Widerstände. „Dass die Probleme auf die Farbe des Wappenadlers geschrumpft sind, ist ein gutes Zeichen.“ Er hoffe, dass die Entscheidung revidiert wird.

Um die Farbe des nach dem Entwurf des Architekten Peter Kulka weißen Wappenadlers im Plenarsaal wurde auch an diesem Tag gestritten. Fritsch, der den roten Adler favorisiert, machte deutlich, dass das letzte Wort nicht gesprochen sei. „Das werden die Abgeordneten entscheiden.“ Er schenkte Kulka demonstrativ ein Paar roter Turnschuhe „mit rot-weißen Adlerschwingen“ für die nächste Baustelle. Kulka bekannte: „Ich hätte auch lieber die weiße Taube von Picasso dahingehängt als euren weißen Adler.“

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