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Von Thorsten Metzner: Landtag lässt Stasi-Akten unter Verschluss Geheime Akten zu MfS-Kontakten

von Abgeordneten sollen ins Landesarchiv

Stand:

Potsdam - Die Stasi-Bescheide der ersten Stasi-Überprüfung des Brandenburger Landtages aus dem Jahr 1991, die in einem geheimnisumwitterten Panzerschrank im Keller des Parlamentsgebäudes auf dem Brauhausberg lagern, bleiben verschlossen. Und der Tresor hat bald ausgedient. Das Landtagspräsidium hat am Mittwoch mehrheitlich bei drei Enthaltungen entschieden, dass die Alt-Bescheide der Stasi-Überprüfung an das brandenburgische Landeshauptarchiv mit Sitz in Potsdam überführt werden.

Im Präsidium gab es um den Umgang mit den Alt–Bescheiden erneut heftigen Streit. Im Vorfeld hatten die Oppositionsfraktionen CDU, Grüne und FDP vergeblich eine Öffnung und Einsicht in die Unterlagen gefordert, da Ungereimtheiten und Widersprüche bei der damaligen Überprüfung bekannt wurden. Die Birthler-Behörde hatte jetzt nämlich erstmals erklärt, dass 1991 an den Brandenburger Landtag 17 Bescheide mit Hinweisen auf Stasi-Verstrickungen von Abgeordneten geschickt wurden. Doch im Abschlussbericht der damaligen Kommission war nur von 12 Bescheiden die Rede. Über die Differenz wird seitdem spekuliert. So wurde im Abschlussbericht der langjährige PDS-Geschäftsführer und letzten SED-Chef in Potsdam Heinz Vietze nicht erwähnt, der von der Stasi als Gesellschaftlicher Mitarbeiter Sicherheit (GMS) geführt wurde – auch nach dem Bescheid der Gauck-Behörde von 1991.

Die Juristen der Landtagsverwaltung hatten geprüft, auf welcher Grundlage heute Einsicht in die alten personenbezogenen Stasi-Bescheide genommen werden könnte: Einziger Weg wäre danach ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss, den im Landtag allerdings auch niemand wollte. Landtagspräsident Gunter Fritsch (SPD) verteidigte das Vorgehen: „Ich habe Verständnis für Neugier. Aber für mich gilt das Gesetz.“ Er sei mit Forderungen konfrontiert worden, den Tresor zu öffnen. „Aber das darf ich nicht, das tue ich nicht.“ Es gebe „keinen Rechtsgrund, personenbezogene Akten herauszugeben“, sagte der Vorsitzende der SPD-Fraktion, Dietmar Woidke. Es handele sich überdies um Kopien von Unterlagen der Birthler-Behörde, die dort einzusehen seien. Bereits tags zuvor hatte Woidke davor gewarnt, bei dem Thema „das Rad zu überdrehen“. „Wenn wir sonst nicht zu tun haben, als uns mit Gammelakten im Keller zu beschäftigen, sind wir ein glückliches Land.“

Dagegen kritisierte CDU-Oppositionsführerin Johanna Wanka den „Mehrheitsbeschluss“ des Präsidiums, der „keine der aufgeworfenen Fragen“ kläre. „Die Unklarheiten im Zusammenhang mit den Akten wurden nicht aufgelöst, sondern lediglich ins Landesarchiv weitergeschoben“, warnte Wanka. Daher sei der Beschluss „unglücklich“. Mit Blick auf die Außenwahrnehmung Brandenburgs „sollte dem Umgang mit unserer Vergangenheit ein höherer Stellenwert eingeräumt werden“, forderte die CDU-Chefin. „An einer ehrlichen und transparenten Aufarbeitung führt in Brandenburg kein Weg vorbei.“

Wenn die Altbescheide nun an das Landeshauptarchiv gehen, unterliegen sie dem brandenburgischen Archivrecht. Da es sich um sensible personenbezogene Daten handelt, dürfen sie nach Auskunft von Ulrike Schmidt, Chefin des parlamentarischen Beratungsdienstes im Landtag, erst zehn Jahre nach dem Tod der Betreffenden geöffnet werden. Schmidt wies darauf hin, dass es im Bundesarchiv sogar 30 Jahre wären. Allerdings gibt es Ausnahmen – etwa wenn Betroffene zustimmen oder für „wissenschaftliche Zwecke“, wenn öffentliches Interesse Schutzbelange von Einzelnen überwiegen würden, erläuterte sie. Im Landtag hieß es, dass die von der Opposition angekündigte Enquete-Kommission zur „Aufarbeitung der Aufarbeitung“ der SED–Diktatur in den Brandenburger Anfangsjahren nach 1990 vielleicht einen entsprechenden Untersuchungsauftrag erteilen könnte, um das Geheimnis zu lüften.

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