Brandenburg: Linke holt sich Segen für Kohle-Kurs
Streit um neue Tagebaue entzweit Fundis und Realos
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Dresden - Realos gegen Fundis – der Streit um die Braunkohlepolitik der Linken in Brandenburg hält auch in der Bundespartei an. Nun hat der Vize-Fraktionschef im Bundestag, Dietmar Bartsch, ein ausgemachter Pragmatiker und Realo, die Genossen aus Brandenburg gegen Kritik aus seiner Partei und von Umweltaktivisten in Schutz genommen. Er erwarte Respekt vor den handelnden Personen in der Landesregierung, sagte Bartsch am gestrigen Freitag nach einem Treffen der Linke-Fraktionschefs aus Bund und Ländern in Dresden. Er sehe vor allem ein Defizit im Umgang miteinander: „Wir müssen noch mehr lernen, solidarisch mit Widersprüchen umzugehen.“ Allerdings spricht Bartsch nicht für die gesamte Fraktion, große Teile lehnen den Kurs der Brandenburger Genossen entschieden ab.
Anlass ist die Zustimmung der Linken in der rot-roten Koalition von Brandenburg zum neuen Tagebau Welzow-Süd II. Dort will Vattenfall etwa ab 2026 zusätzlich 200 Millionen Tonnen Braunkohle fördern – 800 Menschen droht die Umsiedlung.
Mehrere Spitzenpolitiker der Linken hatten dagegen öffentlich protestiert. Bei der Bundespartei ist der Ausstieg aus der Braunkohle Beschlusslage. Noch vor dem Beschluss des Braunkohleplan durch das rot-rote Kabinett hatte die Linke-Parteispitze auf Bundesebene aus Sorge um die Glaubwürdigkeit der Linken offen Front gegen ihre Landespartei in Brandenburg gemacht. Die vier Vize-Vorsitzenden der Bundespartei hatten mit Rückdeckung der Parteichefs Katja Kipping und Bernd Riexinger in einem Brief an die Linken-Minister in Brandenburg gefordert, dass der Beschluss des Braunkohleplans für den neuen Tagebau Welzow-Süd II verschoben werden muss oder dass die Minister notfalls den Beschluss ablehnen müssten.
Die Umweltschutzorganisation Greenpeace hatte zudem die Parteizentrale der Linken in Berlin besetzt. Nach Ansicht von Bartsch hat Greenpeace es damit zwar bis in die „Tagesschau“ und andere Medien geschafft und so ihr Anliegen platzieren können. Die Parteizentrale der Linken sei aber das „falsche Gebäude“. Es gebe die Position der Partei, aber auch Koalitionsverträge und konkretes Regierungshandeln. „Da müssen wir auch bereit sein, bestimmte Konflikte auszuhalten. Das ist so, das wird nie identisch sein.“ Bartsch sieht das Thema in seiner Partei aber schon wieder verblassen.
Margitta Mächtig, Fraktionschefin der Linken im Brandenburger Landtag, verteidigte die Entscheidung. Man sehe in Welzow-Süd II wie die SPD keinen Neuaufschluss eines Tagesbaus, sondern eine Erweiterung. Der Dissens innerhalb der Partei drehe sich um diese Auslegung: „Da kann man nicht mal aus politischen Egoismen heraus sagen: Die Regierungsverlässlichkeit verlassen wir jetzt, weil meine Partei jetzt gerade mal eine andere Auffassung in Teilen hat“, sagte Mächtig. Tatsächlich ist Welzow-Süd II rechtlich und auch schon von den Verfahren her, das ein neuer Braunkohleplan nötig war, ein neuer Tagebau. Umweltaktivisten kritisierten die Rede von einer Tagebau-Erweiterung als Unsinn und semantischen Trick, um den Bruch der Klimaschutzziele, die Zerstörung der Landschaft und die Umsiedlung von Betroffenen zu entschärfen.
Mächtig sagte, sie habe in den vergangenen Tagen und Wochen genauso viel Zustimmung wie Ablehnung zu dieser Auffassung bekommen. Mächtig zufolge verständigten sich die Fraktionschefs in Dresden darüber. Sie habe den Eindruck, ihre Kollegen hätten die Entscheidung verstanden. axf, dpa
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