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Brandenburg: Linke in Wechselstimmung
Heiße Wahlkampfphase gestartet / Gysi: Platzeck hat mit Schuldenbremse das Aus des Landes besiegelt
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Brandenburg/Havel – Die Linken im Land Brandenburg haben vor der Landtags- und Bundestagswahl am 27. September offiziell die heiße Phase ihres Wahlkampfes eingeläutet: Auf einer Wahlkundgebung in der Stadt Brandenburg forderte Spitzenkandidatin Kerstin Kaiser vor 500 Teilnehmern am Freitagabend ein sozial gerechteres Land und warb indirekt für die Ablösung der Großen Koalition durch ein rot-rotes Bündnis.
„Der politische Wechsel ist möglich, auch in Brandenburg“, sagte Kaiser, die auf wachsende soziale Verwerfungen im Lande hinwies. „Die SPD muss sich fragen, ob sie nur an der Macht bleiben will oder auch zu einer anderen Politik bereit ist.“ Es sei nicht akzeptabel, wenn 70 000 Kinder und Jugendliche in ALG-II-Haushalten leben oder 80 000 Brandenburger mit ihren Jobs so wenig verdienen, dass sie als „Aufstocker“ zusätzlich Hartz-IV- Leistungen beziehen müssten. Es sei bezeichnend, wie SPD und CDU – Koalitionäre seit 1999 – jetzt Wahlkampf gegeneinander machten.
Kaiser unterließ Angriffe auf Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD), den sie namentlich nicht einmal erwähnte. „Die SPD setzt im Wahlkampf alles auf eine Karte, auf den Brandenburger“, sagte sie lediglich in Anspielung auf die so betitelten Platzeck-Plakate. Kaiser: „Ich finde ihn auch nett.“ Umso härter griff Bundespromi Gregor Gysi Platzeck an, dem er vorwarf, einer „kalten“ Fusion mit Berlin, einer Auflösung des Landes den Weg geebnet zu haben. Den Vorwurf begründete Gysi damit, dass Brandenburg – im Gegensatz zu Berlin, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein – im Bundesrat der Verankerung einer Schuldenbremse im Grundgesetz zugestimmt habe. „An dem Tag, wenn Brandenburg einmal Kredite aufnehmen muss, aber nicht mehr darf, ist das Land am Ende. Er hat damit das Ende des Landes festgelegt.“ Platzeck betreibe eine „Fusion mit Berlin über die Schuldenbremse“. Zugleich verwies Gysi auf eine sozialere Politik, die im Rot-Rot-regierten Berlin auf Druck der Linken möglich geworden sei.
Die landesweite Auftaktkundgebung für die heiße Phase des Linken-Wahlkampfes wurde von der Bundespolitik dominiert. Landesthemen spielten in den Reden kaum eine Rolle. Dagmar Enkelmann, märkische Spitzenkandidatin für den Bundestag und dort parlamentarische Geschäftsführerin, warf Kanzlerin Angela Merkel (CDU), aber auch dem SPD-Kandidaten Frank-Walter Steinmeier eine Vernachlässigung Ostdeutschlands vor. Merkel sei die erste ostdeutsche Kanzlerin, aber keiner merkt’s, so Enkelmann. Und in Steinmeiers Job-Programm tauchten die neuen Länder nicht auf. Nötig sei ein „Aufbauprogramm für Ostdeutschland“. Dazu gehöre „der Ausstieg aus der Kohle“. Auch eine Kohlendioxidverpressung „in die schöne Brandenburger Erde“ dürfe es nicht geben. Thorsten Metzner
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