Brandenburgs Linke: Linke will Rente mit 67 für Polizisten verhindern
Die Linken-Bundestagsabgeordnete Dagmar Enkelmann will nicht mehr als Spitzenkandidatin ihrer Partei in Brandenburg zur Bundestagswahl 2013 antreten.
Stand:
Potsdam - Die Linksfraktion im Brandenburger Landtag forciert jetzt innerhalb der rot-roten Koalition und im Schatten des Führungswechsels an ihrer Spitze den Widerstand gegen die Pläne von Innenminister Dietmar Woidke (SPD) für eine Rente mit 67 für Polizei- und Justizvollzugsbeamte. „Mit der Polizeireform wurden den Beschäftigten bereits erhebliche Belastungen zugemutet“, heißt es in einem Fraktionspapier. Darin wird auch vor wachsendem Frust bei den Beamten gewarnt. Deshalb will die Linksfraktion eine „politisch elegante“ Kompromisslösung durchsetzen, wonach die Lebensarbeitszeit zwar verlängert wird, allerdings nur auf freiwilliger Basis. Damit will die Linke „den Beweis antreten, dass eine rot-rote Landesregierung dort, wo sie die Entscheidungsgewalt hat, auch nach ihren Beschlüssen entscheidet“.
Tatsächlich hatte die Linke die Rente bis 67 bereits im Wahlkampf 2009 strikt abgelehnt, musste für die Regierungsbeteiligung Zugeständnisse machen. Laut Koalitionsvertrag soll die Altersgrenze bei Polizeibeamten von derzeit 60 Jahren bis 2019 schrittweise angehoben werden, bei den besonders mit Wechselschichtdienst belasteten Beamten auf nur 62 Jahre. Jetzt fordern die Innenpolitiker in der Linksfraktion eine Abkehr davor und begründen dies mit der Polizeireform, bei der der Personalabbau weniger drastisch ausfallen wird als ursprünglich geplant. Von den 9000 Stellen sollten bis 2019 nur 7000 übrig bleiben. Innenminister Dietmar Woidke (SPD) geht inzwischen von einer Zielzahl von bis zu 7400 Stellen aus. Dennoch heißt es aus der Linksfraktion: „Wir haben eine neue Situation.“ Die Personalplanung werde durcheinander geraten, weil durch die Rente mit 67 ältere, höhere besoldete Beamte mit Arbeit versorgt werden müssten. Es gebe zu wenig altersgerechte Jobs für die Beamten etwa im Verwaltunsgbereich, weil dort mit der Reform abgespeckt wurde. Zudem würden die Kosten für Besoldung und Pensionen steigen. Und es sei mit einem wachsenen Krankenstand zu rechnen, der in Brandenburgs Polizei ohnehin schon desolat hoch ist.
Hinter dem Protest gegen die Pläne von Innenminister Woide steht für die Linke zwei Jahre vor der nächsten Landtagswahl aber noch etwas anderes. Rot-Rot müsse aufpassen, dass die Koalition glaubwürdig bleibt, sagen Linke-Abgeordnete. Brandenburg habe erst das Weihnachtsgeld abgeschafft und zudem eine der schlechtesten Besoldungen deutschlandweit. Nur Berlin war bislang schlechter, dort wurde der Sold zum 1. August um zwei Prozent angehoben. Selbst in der SPD wird vor einem Bruch mit den Gewerkschaften gewarnt, sollte der bisherige harte Reformkurs fortgesetzt werden. „Wir müssen aufpassen, die Grenze des Zumutbaren ist erreicht“, sagt ein mit der Materie betrauter Sozialdemokrat. Die Gewerkschaft laufen Sturm gegen Woidkes Pläne. Sogar die SPD auf Bundesebene hat wieder Abstand vom höheren Renteneintrittsalter genommen und wartet ab, bis 50 Prozent der 60- bis 64-Jährigen tatsächlich in Arbeit sind.
Inzwischen ist selbst im Innenministerium davon die Rede, die stufenweise Anhebung der Pensionsgrenze für Polizei- und Justizbeamte nicht nur bis zum Jahr 2019, sondern bis 2029 zu strecken. Grundsätzlich aber will Woidke nicht von seinen Plänen abrücken. Es sei anderen Berufstätigen im Schichtdienst, wie etwa Krankenschwestern oder Rettungskräften, kaum zu vermitteln, dass sie bis 67 Jahre arbeiten müssen, Beamte mit mindestens 20 Jahren Schichtdienst oder besonderen Aufgaben wie in Spezialeinsatzkommandos aber nur 62 Jahre.
Für die Linke in Brandenburg jedenfalls entwickelt sich das Rentenalter bei Beamten zum Konflikthema. Dagmar Enkelmann will deshalb 2013 nicht erneut wie schon 2009 als Spitzenkandidatin die Landesliste der Linke zur Bundestagswahl anführen. Die 56-Jährige will nur noch als Direktkandidatin im Wahlkreis Barnim/Märkisch-Oderland antreten. Einen Platz auf der Landesliste strebe sie aber nicht an, sagte sie der „Märkischen Oderzeitung“. Enkelmann, die parlamentarische Geschäftsführer der Linke im Bundestag ist, begründete dies mit politischen Differenzen zum Landesverband. Sie könne nicht nachvollziehen, dass eine rot-rote Landesregierung die Lebensarbeitszeit von Polizisten verlängere.
Zudem liegt die sie mit der Landespartei in der Energiepolitik über Kreuz, wo Enkelmann auf einen Ausstieg aus der Braunkohle pocht, die Linke in der rot-roten Koalition sich jedoch dem Willen der SPD beugt, an der Kohleverstromung festzuhalten. Landesparteichef Stefan Ludwig sagte, er nehme Enkelmanns Entscheidung zur Kenntnis, die Meinungsverschiedenheiten seien schon länger bekannt. „Ich bin dennoch überzeugt, dass unsere Gemeinsamkeiten größer sind als die Differenzen.“
Am heutigen Montag kommt die Linksfraktion zur ihrer turnusmäßigen Klausur zusammen. Dabei soll eine neue Fraktionsspitze gewählt werden. Kerstin Kaiser tritt nicht mehr an, die Umstände ihrer Verzichtserklärung vor einer Woche sollen nun diskutiert werden. Zur Wahl steht nun Christian Görke, bisher parlamentarischer Geschäftsführer.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: