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Von Alexander Fröhlich: LKA soll größtenteils in Eberswalde bleiben Drei Bundesländer haben ab 2011 gemeinsamen Strafschutzsenat

Innenminister Dietmar Woidke (SPD) diskutierte vor Ort Maßnahmen der geplanten Polizeireform

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Eberswalde – Dietmar Woidke (SPD) schaut den Beamten in dieAugen. Fragt nach. Ab und zu auch ein lockeres Wort, ein Spaß. Er lässt sich Zeit, selbst oder gerade in der Waffenkammer des LKA, wo dem Jagdscheinbesitzer Woidke das Modell seines eigenen Jagdgewehrs vorgeführt wird. Dabei ist der Terminplan für den Besuch des brandenburgischen Innenministers beim Landeskriminalamt (LKA) in Eberswalde (Barnim) an diesem Montag eng gestrickt, doch Woidke überzieht – wie jedes Mal bei seinen Besuchen bei der Polizei.

Er absolviert gerade eine Mammuttour durch die beiden Polizeipräsidien, die 15 Schutzbereiche und nun das LKA. Es sind nicht einfach Antrittsbesuche des Innenministers, der seit vier Wochen im Amt ist. Er kommuniziert die radikale Polizeireform, die sein Vorgänger Rainer Speer (SPD) eingefädelt hat. Der aber konnte, als er im Januar beim LKA war, seine Langeweile zuweilen kaum verbergen, als ihm die Labore der Kriminaltechniker vorgestellt wurden. Wenn ihn etwas partout nicht interessierte oder zu lange dauerte, stand es ihm ins Gesicht geschrieben. Woidke dagegen bringt seine engsten Mitarbeiter in die Bredouille – wegen des Zeitplans.

Bei einem Treffen mit dem Personalrat des LKA dann verkündet Woikde die entscheidende Nachricht für die Beschäftigten. Große Teile der Behörde sollen am bisherigen Standort in Eberswalde bleiben. Damit beendet Woidke Spekulationen, im Zuge der Polizeireform könnten zentrale Abteilungen in die Landeshauptstadt Potsdam versetzt werden. „Ich gehe davon aus, dass der überwiegende Teil der Mitarbeiter hier weiter arbeiten wird“, sagt er.

Unklar ist allerdings weiterhin in welcher Form das LKA im künftigen Landespolizeipräsidium mit Sitz in Potsdam aufgehen und ob etwa die Führungsspitze auch in Eberswalde bleiben wird. Schon jetzt sind von den insgesamt 700 Beschäftigten rund 200 LKA-Ermittler und Spezialeinheiten wie das Sondereinsatzkommando (SEK) in Potsdam angesiedelt. Jeweils rund 30 LKA-Ermittler sitzen in den LKA-Außenstellen Cottbus und Frankfurt (Oder).

Die LKA-Führung und auch Personalräte plädieren für eine herausgehobene Stellung der Behörde als eigenständige Direktion, die wegen ihrer Spezialabteilungen noch über den künftigen vier Regionaldirektionen in Frankfurt (Oder), Cottbus, Neuruppin und Brandenburg/Havel stehen soll. In diesem Fall sei die Standortfrage zweitrangig, heißt es intern.

Die LKA-Bediensteten haben ihren ganz eigenen Stolz. Als unwahrscheinlich gilt inzwischen, dass die Kriminalpolizei in den künftig rund 15 Wachen und Direktionen als Regionalkommissariate dem dann als eigene Abteilung fungierenden LKA unterstellt wird.

Das Bekenntnis zum Standort Eberswalde, wegen seiner Entfernung zur Landeshauptstadt im Vergleich mit anderen Bundesländern eine Ausnahme, ist ganz konkreten Befürchtungen im Innenministerium geschuldet. Demnach wäre zahlreichen Mitarbeitern, die sich seit 2001 rund um Eberswalde niedergelassen haben, ein Umzug nach Potsdam kaum zuzumuten. Ein Standortwechsel hätte gravierende Folgen für die Motivation der Mitarbeiter, der Verlust gut ausgebildeter Beamter droht.

Bereits die Debatte um die Polizeireform habe zahlreiche Beamte verunsichert, einige hätten sich bereits an andere Dienststellen versetzen lassen, hieß es. Hinzu kommt der mehr als 20 Millionen Euro teure Ausbau des kriminaltechnischen Instituts, das deutschlandweit einen guten Ruf genießt.

In der aktuellen Debatte um die Radikalreform mit Personalabbau von 8900 auf 7000 Stellen und nur noch „15 + x“ Ganztages-Wachen statt bisher 50 fährt Woidke zudem eine neue Strategie. Während Landtagsopposition, Vertreter von Kommunen und Gewerkschaften vor einem Kollaps der inneren Sicherheit in Brandenburg warnen, argumentiert der Minister jetzt mit einem Mangel an Nachwuchs. Auch die Polizei stehe mitten „imKonkurrenzkampf um gut ausgebildete junge Leute“. Bis 2020 würden rund 3000 Beamte aus Altersgründen ausscheiden. Um die Zielzahl von 7000 Beamten zu erreichen, müssten 1000 junge Polizisten eingestellt werden, und das bis 2017. „Es ist schon eine Herausforderung diesen Bedarf zu decken“, sagt Woidke. Schon heute sei die Polizei in berlinfernen Regionen wie der Prignitz, der Uckermark oder Elbe-Elster „längst nicht mehr so gut bestückt, wie sie sein sollte“. Auch daher sei die Polizeireform dringend notwendig.

Berlin - Auf der Ebene der Justiz verstärken Berlin und Brandenburg ihre Kooperation – und bekommen sogar Zuwachs. Die für schwere politische Straftaten wie Terrorismus und Spionage zuständigen Staatsschutzsenate der Oberlandesgerichte von Brandenburg und Sachsen-Anhalt werden ihre Zuständigkeit auf das Berliner Kammergericht übertragen. Das vereinbarte am Montag Berlins Justizsenatorin Gisela von der Aue (SPD) mit ihren Amtskollegen aus Brandenburg, Volkmar Schöneburg (Linke) und Sachsen-Anhalt, Angela Kolb (SPD).

Von 2011 an sollen die Prozesse nur noch in Berlin stattfinden. Die Stadt verfüge über „gute räumliche und technische Voraussetzungen für sicherheitsbrisante Verfahren“, sagte von der Aue. Bei höchster Sicherheitsstufe könnten Prozesse an das Kriminalgericht Moabit verlegt werden, in dem es gesicherte Verhandlungssäle gibt und das direkt mit dem Untersuchungsgefängnis Moabit verbunden ist.

Ein weiterer Grund für die Fusion ist allerdings auch, dass es in Brandenburg und Sachsen-Anhalt seit der Wiedervereinigung kaum Verfahren gab, in denen es um Terror, Spionage oder sonstige, außerordentlich schwere politisch motivierte Kriminalität ging.

Einer der wenigen großen Prozesse beim Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts Naumburg war im Jahr 2000 die Hauptverhandlung gegen drei Rechtsextremisten, die in Dessau den Deutschmosambikaner Alberto Adriano zu Tode geprügelt hatten.

In Sachen Justiz arbeiten Berlin und Brandenburg schon länger zusammen. Gemeinsam betrieben werden unter anderem das Oberverwaltungsgericht und das Finanzgericht. Frank Jansen

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