Brandenburg: Ludwigs Niederlage
Justizministerkonferenz in Nauen beschließt viel, Brandenburgs Vorschläge kommen auf die Ablage
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Nauen - Die Justizminister der Länder machen sich für einen besseren rechtlichen Schutz für sogenannte Whistleblower stark. Solche internen Hinweisgeber, die Missstände in Behörden oder Unternehmen aufdecken, kommen oft in juristische Schwierigkeiten. Nach dem Willen der Länderminister soll nun die Bundesregierung prüfen, ob über ein Gesetz eine einheitliche Regelung für diese Fälle gefunden werden kann. „Es ist unbefriedigend, wenn Menschen, die Steuerbetrug in Millionenhöhe aufdecken, sich dann vor Gericht wiederfinden“, pflichtete Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) ihnen bei.
Zudem verlangten die Minister am Donnerstag bei ihrer Frühjahrskonferenz im brandenburgischen Nauen eine schnelle Rehabilitierung der nach dem früheren Paragrafen 175 verurteilten homosexuellen Männer. „Ich habe mit Betroffenen gesprochen, viele ältere Männer mit einem verpfuschten Leben, etwa beruflich“, sagte Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD). „Diese Menschen haben große Hoffnung, noch rehabilitiert zu werden – und dafür bleibt nicht mehr viel Zeit.“ Die Justizminister beschlossen, noch vor der Bundestagswahl 2017 ein entsprechendes Rehabilitierungs-Gesetz in den Bundestag zu bringen.
Die Minister diskutierten auch die Frage, ob für die Arbeit von Gefangenen Rentenleistungen gezahlt werden können. Damit könne Altersarmut verhindert werden, sagte Brandenburgs Justizminister Stefan Ludwig (Linke), der in diesem Jahr den Vorsitz führt. In Brandenburg würde dies rund 2,8 Millionen Euro jährlich kosten, rechnete er vor. Sein Kollege Thomas Kutschaty (SPD) aus Nordrhein-Westfalen zeigte sich skeptisch: Dort würden rund 50 Millionen Euro im Jahr fällig. „Außerdem muss geprüft werden, ob damit wirklich so viel Leistungen erreicht werden, dass die Menschen nicht in die Grundsicherung fallen.“ Die von Brandenburg geforderte Streichung von Ersatzfreiheitsstrafen fand keine Mehrheit. Bislang müssen Verurteilte, die eine Geldstrafe nicht zahlen können, diese im Gefängnis absitzen. Doch dies bringe Brandenburg keine Einnahmen, sondern verursache Kosten in Höhe von sechs Millionen Euro jährlich, argumentierte Ludwig. Die Justizminister beschlossen aber, dass von einer Arbeitsgruppe alternative Strafen wie Führerscheinentzug oder Arbeitsleistungen geprüft werden sollen.
Die Justizministerkonferenz will sich daneben für eine Rehabilitierung von DDR-Heimkindern einsetzen, deren Eltern politische Gefangene waren. Die Minister nahmen am Donnerstag einstimmig einen Antrag zu einer Bundesratsinitiative von Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern an. Damit soll eine Gesetzeslücke geschlossen werden. Derzeit werden Kinder nicht automatisch rehabilitiert, wenn sie nur wegen der Haft ihrer politisch verfolgten Eltern ins Heim kamen. „Sie wurden mitunter willkürlich in Sippenhaft genommen, ohne dass dies in den Akten dokumentiert ist“, erklärte Lauinger, der als Richter auch Fälle von Kindern politisch Verfolgter behandelt hat. Außerdem seien viele Akten vernichtet und Zeugen tot. Die Betroffenen müssten derzeit nachweisen, dass auch ihre Unterbringung im Heim wegen politischer Verfolgung erfolgte. Das sei aber nach Jahrzehnten kaum noch leistbar, erklärten beide Minister. Mit der angestrebten Gesetzesänderung könnten auch diejenigen, deren Anträge bereits rechtskräftig abgelehnt wurde, auf Rehabilitierung hoffen. Ohne diese können Betroffene weder eine Kapitalentschädigung noch eine Opferrente beanspruchen. dpa
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