Neue Minister in Brandenburg: Markov wird Justizminister
UPDATE. Nach dem Rücktritt von Volkmar Schöneburg hat sich die Linke mit Ministerpräsident Dietmar Woidke auf eine Kabinettsumbildung geeinigt. Helmuth Markov wechselt ins Justizressort, das frei werdende Finanzressort übernimmt Fraktionschef Christian Görke.
Stand:
Potsdam - Nach dem Rücktritt von Justizminister Volkmar Schöneburg wegen der Gefängnis-Affäre formieren die Linken ihr Kabinett völlig neu – und zwar mit einer überraschenden Rochade. Das vakante Justizressort übernimmt nun der bisherige Finanzminister Helmuth Markov, der Vize-Regierungschef bleibt. Finanzminister wird Christian Görke, bisheriges Fraktionschef und Finanzexperte im Landtag. Er gilt als starker Mann der Linken, ist designierter Parteichef und soll Spitzenkandidat für die Landtagswahl im Herbst 2014 werden. Die neuen Minister sollen im Januar im Landtag vereidigt werden.
Während Ministerpräsident Dietmar Woidke die Entscheidungen seines Koalitionspartners begrüßte, reagierte die Opposition im Landtag mit scharfer Kritik. „Es ist das letzte Aufgebot der Linken in Brandenburg“, sagte CDU-Oppositionsführer Dieter Dombrowski. Die Berufung eines Nicht-Juristen zum Justizminister sei eine Notlösung, sagte Grünen-Fraktionschef Axel Vogel. Markov wies solche Bedenken zurück. Auch die Justizministerin Schleswig-Holsteins sei keine Juristin. In Brandenburg war die frühere CDU-Justizministerin Beate Blechinger ebenfalls Nicht-Juristin. Es sei ein Verfassungsressort, das er als Vizeministerpräsident übernehme, betonte Markov. Das sei auch ein Signal, wie wichtig die Linken das Ministerium nähmen. Er werde die konsequent auf Resozialisierung ausgerichtete Politik seines Vorgängers fortsetzen. „Und wie man ein Haus führt, glaube ich bewiesen zu haben.“ Offen ist noch, ob Markov im Aufsichtsrat des Flughafens bleibt, wo er – anerkannt – den Finanzausschuss leitet. Er sagte dazu, er wolle „zu gegebener Zeit“ das Mandat niederlegen. Nach unbestätigten Informationen soll Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) darauf drängen, dass Markov im Aufsichtsrat bleibt.
Woidke zeigte sich erleichtert, dass die Linken die Nachfolge so zügig geklärt haben. Er stellte sich klar hinter die Entscheidungen. „Regierung und Koalition haben Handlungsfähigkeit gezeigt“, sagte Woidke. Er sehe „die Kontinuität im Regierungshandeln uneingeschränkt gewährleistet“. Markov habe „unter Beweis gestellt, dass er ein Haus zuverlässig und kraftvoll führen kann“. Und mit Görke werde „ein ausgewiesener Finanzexperte in diesem wichtigen Ressort der Landesregierung den Kurs schuldenfreier Haushaltsführung fortsetzen“. Nach PNN-Informationen war sich Woidke schon Freitagabend mit Schöneburg einig, dass wegen der Häftlingstelefonate an das Ministerhandy und der Ministerentscheidung gegen die Verlegung des Schwerkriminellen und Ex-Mandanten der Eindruck der Befangenheit nicht ausgeräumt werden kann und ein Rücktritt unvermeidlich ist. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Linke-Spitze noch geglaubt, die Affäre durchstehen zu können.
Landesvorstand und Landtagsfraktion der Linken hatten zuvor die Pläne einhellig gebilligt. Zunächst war erwogen worden, das vakante Justizressort mit Parteichef Stefan Ludwig – von Hause aus Jurist – zu besetzen, was aber wegen des Eindrucks einer Notlösung verworfen wurde. Den Ausschlag gaben dem Vernehmen nach strategische Erwägungen mit Blick auf die Landtagswahl 2014. Görke, bislang im Lande kaum bekannt, kann sich als Minister profilieren. Er will als Minister sein Landtagsmandat abgeben, wie es die Linke-Regularien der Trennung von Amt und Mandat vorsehen.
REAKTIONEN
Die Oppositionsfraktion von CDU, FDP und Grünen haben den Verschwörungsverdacht der Linken zum Rücktritt von Volkmar Schöneburg als Justizminister am Montag entschieden zurückgewiesen.
Der Vorwurf der Linken
Führende Vertreter der brandenburgischen Linken gehen – wie PNN berichteten – davon aus, dass Schöneburg Opfer einer Verschwörung gegen seinen politischen Reformkurs beim Strafvollzug wurde. Den Verdacht einer gezielten Kampagne von politischen Gegnern, Medien und Teilen der brandenburgischen Justizverwaltung äußerten in unterschiedlicher Form neben anderen Landeschef Stefan Ludwig, die Rechtsexpertin der Landtagsfraktion Margitta Mächtig, die märkische Bundestagabgeordnete Diana Golze, der Potsdamer Landtagsabgeordnete Norbert Müller und Barnims Kreischef Sebastian Walter. Schöneburg war am Samstag zurückgetreten, weil er die geplante Verlegung des Häftlings und Ex-Mandanten aus dem Gefängnis in Brandenburg/Havel nach Cottbus persönlich gestoppt hatte. „Ich habe mir vorzuwerfen, dass ich die Entscheidung selbst getroffen habe“, sagte Schöneburg.
CDU-Rechtsexperte, Danny Eichelbaum:
„Die Justiz ist unabhängig. Man sollte sich mit solchen Kommentaren zurückhalten. Wenn es eine Kampagne gab, hätte der Minister nicht zurücktreten müssen. Die Diskussion über den richtigen Weg im Strafvollzug ist fachlich und politisch immer ordentlich geführt worden. Ich kann nicht erkennen, dass in irgendeiner Art und Weise Einfluss genommen wurde von der Justiz, um den Rücktritt zu erzwingen.“
FDP-Rechtsexpertin
Linda Teuteberg:
„Die von Vertretern der Linkspartei geäußerten Verschwörungstheorien sind abwegig und stehen im Widerspruch zu den von Volkmar Schöneburg inzwischen selbst eingeräumten Fehlern. Sie offenbaren ein gestörtes Verhältnis zur Unabhängigkeit der Justiz und zur Pressefreiheit. Herr Schöneburg ist an eigenem Fehlverhalten gescheitert. Zum notwendigen Amtsverständnis eines Justizministers gehört eine unparteiliche und auch über jeden Verdacht der Parteinahme erhabene Amtsausübung."
Grünen-Fraktionschef Axel Vogel:
„Der Rechtspolitiker Schöneburg ist Opfer des Rechtsanwalts Schöneburg geworden. Ich kann nicht in Abrede stellen, dass es zu Durchstechereien in der Justizbürokratie gekommen ist. Das allein erklärt nicht, dass Schöneburg zurücktreten musste. Zu meinen, nur weil die Presse und die Justiz die aus unserer Sicht tolle Resozialisierungspolitik nicht haben wollten, sei er durch eine Kampagne gestürzt worden, ist völlig verfehlt. Die Linke fühlt sich offenbar nur noch von Feinden umstellt. Das ist eine schlechte Grundlage, um Politik zu machen. (axf)
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