Debatte um Zukunft des BER-Flughafen: Mehdorn schwänzt Wowereit
Den BER stufenweise eröffnen, einen neuen Kommunikationschef berufen? Klaus Wowereit hat sich Ideen von Hartmut Mehdorn entgegengestellt. Der war sauer und fehlte prompt bei einer Pressekonferenz.
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Schönefeld - Erste Blessuren für Hartmut Mehdorn, der den neuen BER-Flughafen im „Sprint“ an den Start bringen will: Der Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft hält die Überlegungen des Vorstandschefs, den neuen Hauptstadt-Flughafen ab 2014 stufenweise zu eröffnen, für unausgegoren und nicht entscheidungsreif. „Es gibt erste Überlegungen, aber kein geschlossenes Gesamtkonzept“, sagte Aufsichtsratsvize Klaus Wowereit nach der Sitzung des Kontrollgremiums am Mittwoch. Mehdorn war zur Pressekonferenz nicht erschienen – offiziell, weil er andere Termine hatte. Nach PNN-Informationen war er aber einfach sauer über das Agieren Wowereits.
Wie Mehdorn auf seine Abfuhr durch Wowereit reagieren wird, ist nun spannend. Dass er die Brocken hinwirft, halten Insider für unwahrscheinlich. Auch bei der Bahn habe er Nackenschläge weggesteckt. Sein Ziel sei weiter, den BER-Flughafen schnell zu eröffnen.
Der Chef des Aufsichtsrats, Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD), hatte wegen eines eingeklemmten Ischiasnervs passen müssen. So dominierte Wowereit, der bis Januar selbst das Gremium geleitet hatte, nach Angaben von Teilnehmern wieder die Sitzung – wie früher. Eine Diskussion zu Mehdorns Überlegungen habe die Tagesordnung nicht vorgesehen, weil es wenige Tage nach dem Installieren des „Sprint“-Teams, zu dem auch wieder die Architekten gehören, kein fertiges Konzept geben könne, heißt es bei der Flughafengesellschaft. Auch Wowereit gestand zu, dass Mehdorn noch „einige Monate“ für ein Gesamtkonzept inklusive Eröffnungstermin und Kostenentwicklung benötigen werde. Ein Datum will Mehdorn frühestens im Juli/August nennen.
Wowereit hat auch einen fertigen Plan Mehdorns gestoppt. Zwar wurde vom Aufsichtsrat die Hamburger Finanzexpertin Heike Fölster erwartungsgemäß zur neuen Finanzgeschäftsführerin der Flughafengesellschaft berufen. Doch mit seinem Vorschlag, angesichts des ramponierten BER-Images einen neuen Chefposten für Unternehmenskommunikation zu schaffen und diesen mit dem Journalisten Klaus Schrotthofer, dem früheren Sprecher des verstorben Bundespräsidenten Johannes Rau, zu besetzen, ist Mehdorn gescheitert. Gegen die Personalie hatte es Widerstände gegeben, da Schrotthofer ein stattliches Jahres-Brutto-Salär von 200 0000 Euro plus Tantiemen bekommen sollte. Zum Vergleich: Regierungschef Matthias Platzeck verdient rund 120 000 Euro. Auf Nachfrage bestätigte Wowereit, dass es zu dieser Personalie vom Präsidialausschuss des Aufsichtsrates „keine Zustimmung gegeben hat“. Mehdorn hatte auch als Bahnvorstand seine Öffentlichkeitsarbeiter großzügig entlohnt.
Wowereit machte bei seinem Alleinauftritt nach der Sitzung keinen Hehl daraus, dass er die Debatte um eine stufenweise Eröffnung für „unnütz“ hält. Es seien zu viele Fragen ungeklärt. Wowereit lehnte eine schrittweise Eröffnung aber nicht grundsätzlich ab. Es sei sicherlich sinnvoll, nicht mit den beiden Flughäfen Tegel und Schönefeld (alt) an einem Tag zum neuen Flughafen umzuziehen. Doch einem längeren Parallelbetrieb von BER und Tegel, den Mehdorn seit seinem Amtsantritt zum Verdruss Platzecks und Wowereits offenbar anpeilt, erteilte Berlins Regierender eine Absage. Dies sei „weder rechtlich möglich noch aus ökonomischen Gründen wegen doppelter Kosten vernünftig“.
Die Kosten des Projekts BER sind mittlerweile auf 4,5 Milliarden Euro gestiegen, die Finanznöte verschärfen sich. Nach internen Schätzungen der Flughafengesellschaft kostet jeder Monat Stillstand 30 bis 40 Millionen Euro und damit mehr als doppelt so viel wie ursprünglich angenommen. Wowereit wollte diese Summen aber „weder bestätigen noch dementieren“. Mit dem jüngsten Schallschutz-Urteil des Oberverwaltungsgerichtes (OVG) werde es aber Mehrkosten geben, sagte Wowereit. Bislang seien rund 500 Millionen Euro einkalkuliert, das würde nun deutlich mehr.
Hier hatten die Landesregierung, der Aufsichtsrat und die Flughafengesellschaft die Klatsche gemeinsam bekommen, da sie sich einig waren, den Schallschutz zu beschränken.
Seit Anfang März amtiert Mehdorn als Flughafenchef, und in dieser Zeit hat er bereits Dampf gemacht: Nachdem die Arbeiten seit der Terminabsage am 8. Mai 2012 fast vollständig geruht hatten und kein Fortschritt zu erkennen war, versucht Mehdorn nun mit einem Team aus Fachleuten den Bau voranzubringen. Und er hat als Erster öffentlich überlegt, ob es wirklich sinnvoll ist, mit beiden bisherigen Flughäfen in nur einer Nacht umzuziehen. Zudem ist es ihm gelungen, die Stimmung unter den Mitarbeitern zu verbessern, die unter seinen Vorgängern in der Geschäftsführung am Boden lag.
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