Brandenburg: Merkels ungebetene Gäste
Gibt es eine Lücke bei der Bewachung der Kanzlerin in der Uckermark? Die Behörden schweigen
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Frankfurt (Oder) - Die jüngsten Vorkommnisse auf dem Wochenendgrundstück von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in der Uckermark sind kein Einzelfall. Bereits Anfang 2009 fuhr ein Mann mit seinem Auto zu dem einsam gelegenen Rückzugsort der Regierungschefin – mit Böllern im Kofferraum. Das sagte Oberstaatsanwältin Lolita Lodenkämper am Mittwoch in Neuruppin. Dieser Mann habe sehr verwirrt gewirkt und sich „ohne ersichtlichen Grund“ zum Grundstück in Hohenwalde begeben, sagte Lodenkämper.
Am Dienstag war, wie berichtet, bekannt geworden, dass die Kanzlerin in jüngster Zeit von einem anderen Mann verfolgt wird. Bei dem mutmaßlichen Stalker handelt es sich laut Lodenkämper um einen 46-Jährigen aus Mecklenburg-Vorpommern. Trotz Sicherheitsvorkehrungen war er an den beiden vergangenen Wochenenden auf das uckermärkische Grundstück der Regierungschefin gelangt. Zuvor musste er bereits an ihrem Wohnhaus in Berlin-Mitte von der Polizei abgewiesen werden. Jetzt wurde der Mann, der einen geistig verwirrten Eindruck gemacht habe, gestoppt und in eine Klinik eingewiesen, in der er laut einem Zeitungsbericht in einer offenen psychiatrischen Abteilung behandelt wird.
Ob es eine Sicherheitslücke in der Bewachung der Kanzlerin gibt, dazu wollten sich weder die zuständigen Polizeistellen in Brandenburg noch das Innenministerium in Potsdam und das Bundespresseamt in Berlin äußern. „Die Überwachung ist Sache der Landespolizei“, sagte ein Sprecher des Bundespresseamtes lediglich. Nach jedem Vorfall würden Sicherheitsmaßnahmen überprüft.
Schräg gegenüber von Merkels Datsche in dem rund 50 Einwohner zählenden Hohenwalde sitzen mindestens zwei Polizisten. Das Haus wird rund um die Uhr bewacht. Vor dem Haus der Kanzlerin befindet sich ein Gartenzaun, davor verläuft eine öffentlich zugängliche Straße.
Einzelheiten zum Sicherheitskonzept wurden am Mittwoch nicht mitgeteilt. „Zu den Details geben wir grundsätzlich keine Auskunft“, hieß es aus dem Bundespresseamt. Für die Sicherheit der Kanzlerin ist das Bundeskriminalamt zuständig.
Gegen den 46 Jahre alten Mann wird Lodenkämper zufolge derzeit nicht ermittelt. Um Ermittlungen einleiten zu können, müsse erst ein Strafantrag auf Hausfriedensbruch vorliegen. Dies sei nicht der Fall. Aus Ermittlerkreisen hieß es, dass es sich bei dem Mann um einen freien Journalisten handelt. Dies wurde offiziell nicht bestätigt. Bei dem Mann soll es sich laut „Berliner Zeitung“ um Christian J. handeln. Nach Informationen des Blattes arbeitete er schon als Bibliothekar in Stralsund und als freier Journalist. Nach eigenen Angaben konnte er das Grundstück in der Uckermark betreten, ohne dass dies von den wachhabenden Polizisten bemerkt wurde. Der Zeitung sagte er: „Da auf mein Klingeln an der Tür niemand geöffnet hat, bin ich in den Garten gegangen, wo ich die Kanzlerin antraf, die gerade ein Telefonat führte. Ich habe ihr einen Brief übergeben und bin dann wieder gegangen.“ Die Polizei, die ihn beim Verlassen des Grundstücks beobachtete, habe ihn nicht aufgehalten. Grund für den zweiten Besuch war nach Angaben der Zeitung der Ärger des Mannes darüber, dass ihm die Kanzlerin nicht auf seinen Brief geantwortet habe. J. sieht sich nicht als Stalker, sondern als Friedensaktivist. Bei dem Papier, das er der Kanzlerin übergab, handelt es sich um einen Friedensplan für den Nahen Osten. Er sieht die Gründung eines palästinensischen und eines israelischen Staates vor. Von seinem Besuch bei der Kanzlerin und der Übergabe des Briefes hatte J. bereits am Dienstag letzter Woche mehrere Bundestagsabgeordnete unterrichtet, darunter auch Ruprecht Polenz (CDU), Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses.
Das Landgericht Neuruppin beschäftigt sich Lodenkämper zufolge im Dezember aber mit dem Mann, der Anfang 2009 mit den Böllern nach Hohenwalde gefahren war. Es gehe um ein Sicherungsverfahren – allerdings nicht im Zusammenhang mit dem Hohenwalder Vorfall. Denn der Mann sei in der Vergangenheit mehrfach wegen Belästigungen auch anderer Menschen aufgefallen. dpa/dapd/PNN
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