Brandenburg: Ministerin „fährt Uni absichtlich vor die Wand“ Massive Kritik aus SPD an Sabine Kunst.
Großer Schaden für die Lausitzer Hochschule
Stand:
Potsdam/Cottbus - Brandenburgs Wissenschaftsministerin Sabine Kunst (parteilos) schlägt jetzt wegen des Debakels um die gescheiterte Berufung eines Gründungspräsidenten für die neue Lausitz-Uni auch offen Kritik aus der Regierungspartei SPD entgegen. Der Cottbuser Oberbürgermeister Frank Szymanski (SPD) sagte nach dem Zerwürfnis zwischen dem Bremer Ökonomen Jochen Zimmermann und der Ministerin, sie müsse „die notwendigen persönlichen Konsequenzen ziehen“. Mit Zimmermanns Rückzug am Montag habe der umstrittene Prozess der Fusion von BTU Cottbus und FH Senftenberg durch das von Kunst geführte Wissenschaftsministerium einen weiteren Tiefpunkt erreicht. „Für die gesamte Lausitz ist großer Schaden entstanden“, sagte Szymanski. Kunst sei es nicht gelungen, den Prozess der Neugründung der wichtigsten wissenschaftlichen Einrichtung Südbrandenburgs und einzigen technischen Universität Brandenburgs zu stabilisieren. „Die Ministerin trägt damit die volle Verantwortung für den Schaden, der der BTU zweifellos entstanden ist“, sagte der Oberbürgermeister. Er warf Kunst zudem Unprofessionalität bei der Auswahl des Gründungspräsidenten vor. Zudem zeigte Szymanski Verständnis für die Äußerungen des Studierendenrates der BTU, wonach „diese Ministerin unsere Universität absichtlich vor die Wand fährt“.
Die Jusos Brandenburg bezeichneten die Querelen an der BTU als weiteres Beispiel dafür, dass die Chemie zwischen den Hochschulen und dem Wissenschaftsministerium „absolut nicht stimmt und die Zusammenarbeit deutlich gestört ist“. Maja Wallstein, Vize-Landeschefin der Jusos, sagte: „Wie das Wissenschaftsministerium von Ministerin Kunst mit den Hochschulen umgeht, ist untragbar.“ Dazu zähle auch die chronische Unterfinanzierung und im Ländervergleich schlechteste Finanzausstattung der Hochschulen. Die von Kunst durchgesetzte Zwangsfusion zur Lausitz-Uni sei ein Eingriff in die Hochschulautonomie. Im neuen Hochschulgesetz räume sich das Ministerium ein generelles Vetorecht bei der Hochschulpräsidentenwahl ein. „Diese Punkte sind jeweils für sich allein genommen schon unglaublich. In der Summe zeichnen sie ein Bild des Misstrauens der Ministerin gegenüber den brandenburgischen Hochschulen“, sagte Wallstein.
Das Gesetz zur Neuregelung des Hochschulrechts des Landes Brandenburg wurde gestern vom Landtag mehrheitlich beschlossen. Vorab kam es noch einmal zum Schlagabtausch der Opposition mit der Wissenschaftsministerin wegen der Querelen an der Lausitz-Uni. CDU-Fraktionschef Michael Schierack warf der Ministerin vor, die Fusion der BTU Cottbus und der Hochschule Senftenberg im Vorjahr gegen den Rat aller Gutachter und gegen alle Widerstände als Prestigeobjekt erzwungen zu haben. „Und dieses Prestigeobjekt ist nun gescheitert“, so Schierack. Im Zuge des vorzeitigen Rücktritts des Gründungspräsidenten Jochen Zimmermann sei es zu skandalösen Diffamierungen des designierten Präsidenten gekommen. Die Ministerin habe Zimmermann abgelehnt, weil sie keine frei denkenden Professoren und Präsidenten wünsche, sagte Schierack in der Landtagsdebatte. Der Skandal werfe die BTU nun auf Jahre zurück. Das Hochschulgesetz bezeichnete Schierack als Angriff auf die Hochschulautonomie sowie die Freiheit von Forschung und Lehre. Mit den finanziellen Folgen der neuen Regelungen lasse das Gesetz die Hochschulen und Studierenden alleine.
Wissenschaftsministerin Kunst wies den Vorwurf der Diffamierung entschieden zurück. Die Neuausrichtung der Lausitzhochschule nannte sie hingenen eine Stärkung der dortigen Wissenschaft, das Fusionsgesetz sei nicht mit heißer Nadel gestrickt. Kunst bedauerte den vorzeitigen Rücktritt des Gründungspräsidenten Zimmerman ausdrücklich. Noch vor einer Woche habe in nahezu allen Fragen mit ihm Einigkeit bestanden. Doch dann habe Zimmermann unerwartet inhaltlich neue Aspekte aufgeworfen. Kunst teile die geäußerten Sorgen um die aktuelle Lage an der BTU keineswegs. Die Hochschule sei mit dem Gründungsbeauftragten und Gründungssenat voll arbeitsfähig. „Es gibt keinen Stillstand“, sagte die Ministerin im Landtag.Alexander Fröhlich, Jan Kixmüller
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: