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In Trümmern: Brandermittler des Landeskriminalamtes (LKA) untersuchten die Ruine des niedergebrannten Demokratie-Hauses in Zossen und fanden zahlreiche Spuren. Diese werden nun ausgewertet, erste Ergebnisse noch für diese Woche erwartet. Es besteht Verdacht auf Brandstiftung.

© Patrick Pleul/lbn

Von Alexander Fröhlich: Nach dem Brand: Kein Konsens der Demokraten

Farbattacken, Drohungen - das alles kennt die Initiative „Zossen zeigt Gesicht“ – im Kampf gegen Rechts ist die Stadt tief gespalten

Stand:

Zossen – Die Ursache für den Brand in Zossen (Teltow-Fläming), der das „Haus der Demokratie“ am Wochenende komplett zerstört hat, ist noch unklar. Allerdings zeigt nicht erst dieser Vorfall eine tief gespaltene Stadt im Kampf gegen Rechtsextremismus.

Schnell kam der Verdacht auf, dass Neonazis der „Freien Kräfte Teltow-Fläming" für das am Freitagabend in einem Abstellraum ausgebrochene Feuer verantwortlich sein könnten, mit 50 Mitgliedern eine der aktivsten Gruppen in Brandenburg, die die NPD im Wahlkampf unterstützt hat. Zumindest von den Umständen her ist der Fall anrüchig: Das Feuer war in einem Abstellraum ausgebrochen, darin befanden sich keinerlei Elektro-Geräte, sondern lediglich Stapelstühle aus Kunststoff. Zudem fotografierten sich mehrere stadtbekannte Neonazis johlend vor dem brennenden Haus. „Wir wären froh, wenn sich herausstellen würde, dass es ein technischer Defekt war“, sagte Jörg Wanke, Sprecher der Bürgerinitiative „Zossen zeigt Gesicht“, am Montag den PNN. Doch an diese Version glaubt er nicht recht, einen Kabelbrand schließt er aus, dieser wäre bereits am Abend bemerkt worden. „Ein Brandanschlag wäre eine neue Dimension“, sagt er. Alles andere gab es in Zossen schon: Farbanschläge, Todesdrohungen, zerstörte Fensterscheiben. „Nichts ist bisher aufgeklärt worden“, sagte Wanke.

Und nun steht das von der Initiative gegründete „Haus der Demokratie“ in Trümmern. Brandermittler werten die Spuren aus, frühestens Mitte der Woche gebe es Ergebnisse, sagte ein Sprecher. „Wir haben jede Menge Material.“ Völlig offen sei aber weiterhin, ob es sich um Brandstiftung mit rechtsextremistischem Hintergrund oder um einen technischen Defekt handele. „Wir ermitteln in alle Richtungen.“ Die Neonazis seien bislang nur als Zeugen befragt worden.

Eröffnet hat die Bürgerinitiative das Haus im September vergangenen Jahres, auch dabei marschierten Rechtsextremisten auf, mehrfach verwüsteten Unbekannte seither das Gebäude. Noch am Montagabend wollten die Mitglieder von „Zossen zeigt Gesicht“ das weitere Vorgehen beraten, ein neues Gebäude wird gesucht.

Auch sonst hatte es die Initiative bislang reichlich schwer. Ihr Sprecher Jörg Wanke war schon mehrfach Ziel von Angriffen: Im Juli beschmierten Unbekannte mit brauner Farbe das Haus, in dem er sein Versicherungsbüro hat: „Volksverräter“ und „linke Sau“. Auch ein Aufkleber der „Freien Kräfte“ wurden gefunden. Ende August stand an einem Haus „Zossen bleibt braun“ und „Jörg Wanke wird bald sterben“, vor kurzem erst wurden mit aufgeklebten Böllern Fensterscheiben am Büro des Initiativen-Sprechers zerstört.

Von Konsens der Demokraten ist dennoch keine Spur in Zossen: Zur Eröffnung des Demokratie-Hauses schickte die Koordinierungsstelle „Tolerantes Brandenburg“ ein Transparent mit selbigem Schriftzug. Bürgermeisterin Michaela Schreiber (parteilos) lehnte es jedoch ab, dies ans Rathaus zu hängen. Dann beschuldigte Schreiber Mitglieder der Initiative, selbst Neonazis-Aufkleber in der Stadt verteilt zu haben, „damit wir das medienwirksam abkratzen können“, wie der SPD-Landtagsabgeordnete Christoph Schulze sagte. Er hat die Bürgermeisterin wegen Verleumdung angezeigt. Schreiber selbst äußerte sich bislang trotz mehrerer Nachfragen der PNN nicht zu den Vorwürfen. Neuester Affront: Am Mittwoch gedenkt die Initiative auf dem Marktplatz der Opfer der Nationalsozialisten. „Das Rathaus hat es abgelehnt, uns Strom zur Verfügung zu stellen.“ Neue Wut kam bei Wanke auf, als er am Wochenende die Bürgermeisterin im Radio hörte: Sie habe der Initiative eine Mitschuld an dem Brand gegeben, „weil wir angeblich zu linkslastig sind“.

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