
© dpa/Frank Hammerschmidt
Nach rassistischem Angriff in Cottbus: Solidarität mit CDU-Politikerin Awemo
Die CDU-Landtagskandidatin Adeline Abimnwi Awemo wird in Cottbus rassistisch beleidigt und angegriffen. Sie will sich davon nicht unterkriegen lassen und weiter Wahlkampf machen.
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Nach einem rassistischen Angriff will sich die CDU-Politikerin Adeline Abimnwi Awemo weiter im Landtagswahlkampf in Brandenburg engagieren. „Ich bleibe dran“, sagte sie in einem Interview des Deutschlandfunks. Sie habe noch nie aufgegeben und werde das jetzt erst recht nicht tun. Sie habe viel Unterstützung nach dem Angriff erfahren. So habe etwa CDU-Chef Friedrich Merz sie angerufen und sich nach ihrem Wohlbefinden erkundigt. CDU-Landeschef und Spitzenkandidat Jan Redmann habe sie in Cottbus besucht.
Katholischer Bischof schreibt an Awemo
Auch der katholische Bischof von Görlitz Wolfgang Ipolt hat sich bestürzt über den Angriff auf die aus Kamerun stammende Katholikin gezeigt. „In den letzten Wochen häufen sich die Angriffe gegen Personen, die sich in der Öffentlichkeit für unsere Demokratie einsetzen“, schreibt Ipolt in einem Brief an die Kandidatin. „Diese Verrohung des Umgangs und des Fehlens jeglichen Respekts gegenüber Mitmenschen und ihrer körperlichen Unversehrtheit erschüttern mich zutiefst.“
Als Kandidatin für den Brandenburger Landtag wolle Awemo in besonderer Weise Verantwortung für unsere Gesellschaft und unser Zusammenleben übernehmen. „Dass gerade Sie und andere Personen, die sich für ihre Mitmenschen einsetzen, zur Zielscheibe von Gewalt werden, ist beschämend“, so Ipolt. „Ich danke Ihnen als Ihr Bischof für Ihr Engagement, das Sie aus der Kraft Ihres Glaubens und dem Geist des Evangeliums für die Menschen Brandenburgs aufbringen.“ Er hoffe persönlich, schreibt der Bischof an die CDU-Politikerin, „dass Sie sich durch diesen Angriff auf Ihre Person nicht abbringen lassen vom Weg des Austausches, des Zuhörens und des Dialogs in der Gesellschaft und auch weiterhin zu Ihrer Kandidatur stehen.“
Forderungen nach Strafrechtsverschärfung
Berlins Justizsenatorin Felor Badenberg (CDU) will sich nach dem rassistischen Angriff auf die Cottbuser CDU-Politikerin für eine Erweiterung des Strafgesetzbuchs einsetzen. Der Angriff auf Adeline Abimnwi Awemo zeige: „Menschen, die sich politisch engagieren, sind besonders bedroht. Bisher sind nur bestimmte Amts- und Mandatsträger strafrechtlich besonders geschützt. Deshalb muss das Strafgesetzbuch erweitert werden“, sagte Badenberg der Deutschen Presse-Agentur. „Ich plane daher eine Bundesratsinitiative, die unter anderem auch kommunale Politiker und Wahlkämpfer schützt.“
Zuvor hatte bereits Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU) eine Strafrechtsverschärfung gefordert. In Brandenburg haben Angriffe auf Politiker im Superwahljahr mit Kommunal,- Europa- und Landtagswahl zugenommen. Die Polizei registrierte von Januar bis März 75 politisch motivierte Straftaten gegen Mandatsträger, Amtsträger und Parteivertreter. Das ist eine Zunahme von über einem Drittel im Vergleich zu den ersten drei Monaten des vergangenen Jahres. Beim neuen Online-Meldeportal gegen Hasskriminalität sind seit dem Start im Mai zudem bislang elf Fälle von Politikern eingegangen, wie die Generalstaatsanwaltschaft mitteilte. Meist handele es sich um Beleidigungen.
Awemo war am Donnerstag beim Aufhängen ihrer Wahlplakate in Cottbus rassistisch beleidigt und angegriffen worden. Die Polizei ermittelt gegen eine 29-Jährige wegen Volksverhetzung und Körperverletzung. Awemo, die für die Landtagswahl im September kandidiert, sei von der Frau beleidigt worden mit den Worten „Ihr seid keine Menschen“.
„Es ist nach dem jetzigen Ermittlungsstand davon auszugehen, dass der Angriff aus rassistischen Motiven erfolgte“, sagte die Polizeidirektion in Südbrandenburg. Die Politikerin wurde bei dem Vorfall auch leicht verletzt. Ihr sei auf den Hals geschlagen worden, sagte Awemo.
Trotz des Vorfalls fühle sie sich in Cottbus grundsätzlich sicher, führte sie aus. Sie wohne seit über 20 Jahren dort. „Das erste Mal, dass ich so einen Angriff erlebt habe.“ Es gebe in der Stadt viele Menschen, die sich gegen solche rassistischen Angriffe stellen würden, betonte sie. Die CDU-Politikerin mit deutscher Staatsangehörigkeit hat in Cottbus studiert und promoviert, mehrere Jahre beim Energiekonzern Leag gearbeitet und ist dann zum Landesbergamt gewechselt. Bei der Landtagswahl am 22. September tritt sie im Wahlkreis Cottbus-Süd als Direktkandidatin der CDU gegen den AfD-Landtagsabgeordneten Lars Schieske an.
Politiker aus der Region fürchten Auswirkungen auf den Strukturwandel
Die Stadt, die im Zentrum des Strukturwandels in der Lausitz steht, ist auch eine der Hochburgen des Rechtsextremismus in Brandenburg. „Das ist Gift für den Strukturwandel in der Lausitz“, sagt Wolfgang Roick (SPD). Der Landtagsabgeordnete aus Großräschen war in der zu Ende gehenden Legislaturperiode des Landtags Vorsitzender des Sonderausschusses Lausitz, der sich speziell mit dem Umbau der Region von einer Braunkohlen- zu einer Zukunftsregion beschäftigte: Eines der großen Projekte des Landes, in das bereits Milliarden vom Bund und aus Brüssel flossen. Doch der Strukturwandel ist für ein Funktionieren auf ausländische Fachkräfte angewiesen. „Wir brauchen Menschen, die mit ihren Ideen hier herkommen, und mit uns gemeinsam den Strukturwandel gestalten“, sagt auch Roick. „Wir bilden zum Beispiel an der BTU viele Menschen im Bereich der Künstlichen Intelligenz aus und können uns nicht erlauben, diese gehen zu lassen – genau das wird aber passieren, wenn sie sich nicht willkommen fühlen.“
Solche Vorfälle strahlen bundesweit aus.
Ricarda Budke, Grünen-Landtagsabgeordnete aus Cottbus
Ähnlich sieht das die örtliche Grünen-Landtagsabgeordnete Ricarda Budke. „Das ist ein fatales Zeichen“, sagt die Cottbuser Politikerin. „Denn solche Vorfälle strahlen bundesweit aus.“ Wer als nicht-weiße Person Angst haben müsse, dass ihm oder ihr auf der Straße etwas passiere, ziehe dort nicht hin. „Aber wir brauchen diese Experten zum Beispiel für die Firmen im Lausitz-Science-Park“, sagt Budke. Ein anderes Beispiel ist die neu gegründete „Medizinische Hochschule Lausitz – Carl Thiem“: Hier sollen in den nächsten Jahren rund 80 Lehrstühle neu besetzt werden und mehr als 1.300 Stellen neu geschaffen werden. Ausländische Experten werden dafür zwingend nötig sein. Doch werden solche Fachleute tatsächlich noch nach Cottbus ziehen? Das in den letzten Jahren von der Landesregierung gezeichnete Bild der „weltoffenen, krassen Lausitz“ jedenfalls hat am Donnerstagabend in Cottbus schweren Schaden genommen.
(mit dpa/ KNA)
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