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„Ihr seid keine Menschen“: Schwarze CDU-Kandidatin aus Brandenburg attackiert und rassistisch beleidigt
Die Cottbuser Landtagswahlkandidatin Adeline Abimnwi Awemo ist am Donnerstag beim Plakatieren von Wahlplakaten angegriffen worden. CDU-Landeschef Jan Redmann zeigte sich erschüttert.
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Die schwarze CDU-Landtagswahlkandidatin Adeline Abimnwi Awemo aus Cottbus ist am Donnerstagabend von einer Frau attackiert und leicht verletzt worden. Wie die CDU am Freitag mitteilte, habe die Frau die gebürtige Kamerunerin zudem rassistisch beleidigt. Demnach rief die Täterin: „Ihr seid keine Menschen.“ Der Vorfall ereignete sich, als Awemo in Cottbus mit Familienangehörigen Wahlplakate aufhing. Wie die Polizei mitteilte, wurde Awemo bei dem tätlichen Angriff am Hals getroffen.
„Ich habe Respekt vor Menschen, keine Angst. In die Politik bin ich gegangen, um mit den Menschen zu arbeiten und miteinander etwas zu verändern. Ich bin Cottbuserin und werde auch die Cottbuserin bleiben, die sich für die Menschen hier engagiert“, sagte die promovierte Umweltwissenschaftlerin. Awemo tritt bei der Landtagswahl am 22. September im Wahlkreis 44 in Cottbus-Süd als Direktkandidatin an. Die CDU-Politikerin mit deutscher Staatsangehörigkeit bedankte sich bei den Ersthelfern und Polizisten, „die gestern einen tollen Job gemacht haben.“ Awemo wurde nach dem Angriff ambulant im Carl-Thiem-Klinikum behandelt.
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Der Kriminalpolizeiliche Staatsschutz hat die Ermittlungen gegen die 29-jährige Beschuldigte wegen Volksverhetzung in Verbindung mit Körperverletzung übernommen. „Es ist nach dem jetzigen Ermittlungsstand davon auszugehen, dass der Angriff aus rassistischen Motiven erfolgte“, teilte die Polizei mit. Mit der Beschuldigten führten die Einsatzkräfte eine Gefährderansprache durch. Awemo zeigte die ihr unbekannte Frau wegen Körperverletzung an.
Awemo ist seit 2021 Mitglied der CDU. Sie gehört dem Landesausschuss Soziales, Gesundheit und Integration sowie dem Kreisvorstand der CDU Cottbus an. Awemo, die auf Platz 20 der Landesliste steht, könnte als erste gebürtige Afrikanerin in den Brandenburger Landtag einziehen. Bei der Landtagswahl 2019 wurde ihr Stimmbezirk, zu dem unter anderem die Plattenbaustadtteile Sachsendorf und Madlow gehören, von dem AfD-Abgeordneten Lars Schieske gewonnen. Er erhielt damals 27,3 Prozent der Stimmen.
Woidke, Redmann und Stübgen verurteilen den Angriff
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke verurteilte diesen Angriff gegenüber dieser Zeitung „aufs Schärfste“. „Wenn Menschen bedroht werden und zu Schaden kommen, weil sie sich in unserem Land politisch engagieren, dürfen wir das als Gesellschaft nicht ignorieren“, sagte der derzeit im Urlaub befindliche SPD-Politiker. „Solche Vorfälle gefährden unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung.“
Brandenburgs CDU-Landeschef Jan Redmann zeigte sich erschüttert über den Angriff. „Das zunehmende Risiko für Menschen, die sich für unser Land politisch engagieren, ist unerträglich. Ich werde heute nach Cottbus fahren, um sie im Wahlkampf zu unterstützen. Wir lassen uns nicht unterkriegen“, sagte der CDU-Spitzenkandidat.
Alle, die die Polarisierung in unserer Gesellschaft vorantreiben und so für eine wachsende Verrohung sorgen, seien für diese Tat mitverantwortlich, sagte Redmann. „Gerade im Wahlkreis von Frau Dr. Awemo im Cottbuser Süden zündelt die AfD permanent. Jetzt braucht es genau hier ein Zeichen der Solidarität und für unsere Demokratie“, sagte er.
Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen verurteilte den Angriff aufs Allerschärfste. „Diese Tat ist ein weiterer nicht akzeptabler Versuch, mit körperlicher Gewalt Wahlen zu beeinflussen“, sagte der CDU-Politiker dem Tagesspiegel. „In unserer Demokratie wird der Wahlkampf mit Argumenten ausgetragen und nicht mit den Fäusten. Es sind alle politischen Strömungen aufgefordert, ihren Beitrag dazu zu leisten, dass dieser Grundsatz eingehalten wird. Die Polizei steht in engem Kontakt mit der Frau Dr. Awemo und die Ermittlungen zur gestrigen Tat laufen.“
Stübgen erinnerte an einen Beschluss der Innenministerkonferenz im Juni in Potsdam. „Wir Innenminister aller Bundesländer haben uns dafür ausgesprochen, dass es einen deutlicheren strafrechtlichen Schutz für Wahlkämpfer geben muss. Ich erwarte vom Bundesjustizminister Buschmann (Marco Buschmann (FDP), Anm. d. Red.), dass er diesen Beschluss ernst nimmt und handelt.“
Der Generalsekretär der Bundes-CDU, Carsten Linnemann, verurteilte den Angriff scharf. Dieser zeige „exemplarisch auf, was in unserem Land aus dem Ruder läuft“, sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Hass und Gewalt nehmen zu, die Polarisierungsspirale dreht sich immer weiter“, warnte er.
Linken-Chef Sebastian Walter erklärte, wer Kandidaten angreife, greife unabhängig von der Partei die Demokratie als Ganzes an. Dafür dürfe es keine Rechtfertigung geben. Doch Walter nutzte den Vorgang auch für eine Spitze gegen die CDU: „Ich hoffe, dass jetzt auch dem Spitzenkandidaten Redmann klar wird, dass alle demokratischen Parteien zusammenhalten müssen, um die Demokratie zu verteidigen“, so Walter. „Wir müssen klarmachen, dass wir als demokratische Parteien einen Wahlkampf machen, der ohne persönliche Angriffe unter der Gürtellinie auskommt und am Ende zusammensteht, wenn es Angriffe von rechts außen gibt.“
Grünen-Spitzenkandidatin Antje Töpfer sprach von einem niederträchtigen Angriff auf eine engagierte Politikerin. „Wir stehen solidarisch an der Seite der betroffenen Kandidatin. Jeder Mensch, unabhängig von Herkunft und Hautfarbe, hat das Recht, sich politisch zu engagieren, ohne Angst vor Diskriminierung und Gewalt haben zu müssen“, sagte sie. „Rassistische Übergriffe dürfen nicht ungestraft bleiben“, so Töpfer. „Wir erwarten die volle Härte des Rechtsstaates.“
Die rechtsextremistische AfD bereite den Nährboden für solche Taten und trage mit ihrer Hetze und ihren menschenverachtenden Parolen erheblich dazu bei, dass ein Klima der Angst und Intoleranz entstehe, sagte die Grünen-Politikerin. „Wir dürfen es nicht zulassen, dass eine laute Minderheit Angst und Gewalt auf unseren Straßen verbreitet.“ Der AfD-Landesverband wird vom Verfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingeordnet. (mit AFP)
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