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Startsignal. Frank-Walter Steinmeier (M.), Rüdiger Grube (r.), und Wolfgang Tiefensee (l.) bei der Vorstellung des Projekts zur Errichtung eines Kompetenzzentrums für umweltfreundliche Bahntechnologien im Industriegebiet Kirchmöser in Brandenburg/Havel.

© ddp

Von Thorsten Metzner: Neue Denkfabrik rund um die Schiene

Kanzlerkandidat als Strippenzieher: Startschuss für Bahnforschungszentrum in Brandenburg-Kirchmöser

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Kirchmöser - Großer Bahnhof in Kirchmöser: Auf der idyllischen Halbinsel westlich der Havelstadt Brandenburg soll eines der „modernsten Kompetenzzentren der Welt für Bahntechnologien“ entstehen. So haben es am Montag Deutsche-Bahn-Vorstand Rüdiger Grube und der als „Mentor“ vorgestellte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) beim Startschuss für das ambitionierte „DB Eco Rail Center“ angekündigt. Es ist laut Grube eine „kühne Vision“: Die Deutsche Bahn AG selbst, neun Industriekonzerne wie Siemens, Bombardier oder die Linde AG sowie die Fachhochschule Brandenburg und das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt wollen kooperieren, um in Kirchmöser ökologische Schienentechnologien wie energiesparende Bahnhöfe, Hybridantriebe für Loks und am Ende den „Null-Emissions-Zug“ zu entwickeln. Ein erster Prototyp, so der informelle Zeitplan, soll bereits Ende 2010 im Regelbetrieb erprobt werden. Man wolle, so Grube, aus Kirchmöser „eine Art Brandenburg-Valley innovativer Bahntechnologien zu machen.“

Der Termin kurz vor der Bundestagswahl hatte das Zeug zum Politikum: Kirchmöser gehört zum Wahlkreis des SPD-Kanzlerkandidaten, der hier das Direktmandat holen will. Und so viel Prominenz hat der kleine Ort wohl noch nie erlebt. Demonstrativ reisten neben Steinmeier und Grube auch noch die Verkehrsminister von Bund und Land, Wolfgang Tiefensee und Reinold Dellmann (beide SPD) an, aber eben auch Brandenburgs CDU-Wissenschaftsministerin Johanna Wanka. Zum Ärger der SPD hatte im Vorfeld der brandenburgische Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns (CDU) Steinmeier vorschnelle Verlautbarungen bei sensiblen Investitionen vorgeworfen. Auch Wanka kritisierte am Rande, dass die Finanzstruktur noch nicht geklärt sei. Bei der Präsentation selbst aber war von diesen Irritationen nichts zu spüren, jedenfalls fast nichts. Steinmeier selbst warnte vor Unterstellungen „unlauterer Motive“: Ansiedlungen folgten schließlich „nicht dem Rhythmus von Wahlperioden“, sondern seien „Ergebnis beharrlicher, zäher Bemühungen“. Das kann bei Staatsunternehmen wie der Bahn anders sein. Trotzdem lobt etwa Brandenburgs CDU-Oberbürgermeisterin Dietlind Tiemann ausdrücklich das persönliche Engagement Steinmeiers für das Projekt: Zwar plane die Deutsche Bahn, die in Kirchmöser bereits mit einem Forschungszentrum ansässig ist, schon länger einen Ausbau ihrer Aktivitäten; dass jetzt aber Industriekonzerne mit im Boot seien, sagte Tiemann den PNN, „wäre ohne Steinmeier nicht gelaufen. So ehrlich muss man sein.“ Das sei ein weiterer Durchbruch für die Revitalisierung des Industriestandortes, in dem seit 2004 22 neue Firmen angesiedelt wurden – mit rund 1300 Jobs, denen nun weitere folgen sollen. Für Steinmeier ist das kein Wildern in fremden Gefilden: Ein Außenminister habe Türöffner der deutschen Wirtschaft im Ausland zu sein. Da ordne sich auch das Vorhaben ein: „Ich will, dass Deutschland Ausrüster der Welt für umweltschonende Produkte wird.“

Noch ist man aber in der Startphase, gibt es Unwägbarkeiten. Es werde „noch ein schwieriger Weg“, sagte Tiemann. Nach der unterzeichneten internen Absichtserklärung wollen Bahn, Industrie, Land und Stadt ein Bahn-Technologiezentrum aus dem Boden stampfen, plant die Fachhochschule ein neues Institut. Was aber Bahn und Industrie zahlen, wie hoch die Infrastrukturförderung durch das Land wird, man rechnet mit rund 25 Millionen Euro, all das ist noch offen. „DB und Industrie beabsichtigen, das Projekt mit dem notwendigen Eigenkapital auszustatten.“ Die Feinplanung soll jetzt folgen, damit „Anfang 2010“ das DB Eco Rail Center handlungsfähig wird. Und vielleicht schafft es die Deutsche Bahn auch, das marode, leerstehende Bahnhofsgebäude von Kirchmöser, einem der Traditionsstandorte des Schienenverkehrs in Deutschland, endlich zu sanieren.

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