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Brandenburg: Neue Frauen für Berlin
SPD und CDU stellen die künftige Regierung vor und sorgen für Überraschungen: Senatorinnen übernehmen Arbeit, Bildung und Wirtschaft
- Sabine Beikler
- Gerd Nowakowski
Stand:
Berlin - Der neue rot-schwarze Senat steht. SPD und CDU haben am Montagabend ihr Personaltableau vorgestellt – und vor allem zwei Frauen waren dabei die größte Überraschung. Neue Senatorin für Bildung und Wissenschaft wird Sandra Scheeres. Sie ist direkt gewählte Abgeordnete aus dem Wahlkreis Pankow-Süd und Heinersdorf. Zurzeit ist die 41-Jährige jugend- und familienpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus.
Die CDU präsentierte die Bildungsexpertin Sybille von Obernitz als Senatorin für Wirtschaft und Forschung. Die 49-jährige Volkswirtin ist bisher Bereichsleiterin für Bildungspolitik und berufliche Bildung des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK). Sie ist parteilos und berät Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU).
Klar sind auch die anderen Senatsposten. Für die SPD sind Dilek Kolat als Senatorin für Arbeit, Integration und Frauen sowie Michael Müller als Senator für Stadtentwicklung, Verkehr und Bau dabei. Müller war bisher Fraktionsvorsitzender der Berliner SPD-Fraktion und Kolat Vize-Chefin der Fraktion. Der parteilose Ulrich Nußbaum bleibt Finanzsenator. Klaus Wowereit ist weiterhin in Personalunion Regierender Bürgermeister und Kultursenator. Ihm steht wie in der vergangenen Legislaturperiode André Schmitz als Kulturstaatssekretär zur Seite.
Neuer Chef der Senatskanzlei wird Björn Böhning (SPD), der bisher die Planungsabteilung in der Senatskanzlei leitete. Die CDU wiederum schickt neben Sybille von Obernitz Frank Henkel als Innensenator, Michael Braun als Justizsenator und Mario Czaja als Senator für Gesundheit und Soziales in die neue Landesregierung. Henkel ist gleichzeitig Landesvorsitzender der CDU. Klaus Wowereit sagte vor der Berliner SPD-Fraktion, dass er sich freue, nun so viel Fachkompetenz in den Ressorts zu finden. Bis zuletzt war vor allem spekuliert worden, wer das Bildungsressort übernehmen werde.
SPD-Landeschef Michael Müller hatte stets betont, dass eine SPD-Frau im neuen Senat nicht ausreiche. „Es wird Überraschungen geben“, hatte Müller vor einigen Tagen über den neuen Senat gesagt. Niemand wäre darauf gekommen, dass Sandra Scheeres Senatorin für Bildung, Jugend und Wissenschaft wird. Ausgerechnet die unerfahrenste unter den Neulingen soll das schwierigste Ressort führen und das Schwergewicht Jürgen Zöllner beerben.
Die 41-jährige gebürtige Düsseldorferin, die 1993 in die SPD eintrat, ist weder eine ausgewiesene Schulexpertin noch eine Fachfrau für die Wissenschaft. Dafür kennt sie sich gut mit Kitas aus und war zuletzt jugendpolitische Sprecherin ihrer Fraktion im Abgeordnetenhaus.
Die ersten Reaktionen aus dem Berliner Schulwesen und aus Wissenschaftkreisen sind kritisch. „Erstaunlich“ sei die Auswahl, sagte Anja Schillhaneck, Wissenschaftsexpertin der Grünen. Wolfgang Albers (Linke) schätzt Scheeres zwar als „verlässlich, angenehm und stark“. Doch für die Wissenschaft sei sie nur eine Notlösung. Wegen des bundesweit einzigartigen Ressortzuschnitts – die außeruniversitären Institute muss Scheeres der Senatorin für Wirtschaft und Forschung, von Obernitz, überlassen – habe sich „jeder, der Rang und Namen hat“, abgesagt.
Dass sich der Regierende Bürgermeister für die gelernte Erzieherin und Diplompädagogin entschieden hat, verwunderte selbst Mitglieder der SPD-Fraktion. „Wir hatten ihr diese Größenordnung nicht zugetraut“, hieß es am Montag. Sie sei zwar eine „engagierte jugendpolitische Sprecherin“, ansonsten sei aber nicht erkennbar, was sie dazu prädestiniere, dieses schwierige Amt auszufüllen, zumal sie „gar keine Ahnung vom Wissenschaftsbereich“ habe. Allerdings spreche für die Mutter zweier Söhne, dass sie „hartnäckig sein kann“. Scheeres wird der SPD-Linken zugerechnet.
Klaus Wowereit (SPD) stellte Scheeres am Montag denn auch als „erfahrene Jugendpolitikerin“ vor. Sie werde sich von der Krippe über die Kita bis zur beruflichen Bildung kümmern: „Sie hat in der Vergangenheit Kompetenz gezeigt“, sagte Wowereit. Und als Mutter, die im Berufsleben stehe, wisse Scheeres um die Alltagsprobleme. Welche Akzente er sich von seiner Parteifreundin im Bereich Wissenschaft erwarte, ließ Wowereit offen.
Scheeres sagte auf Nachfrage, sie habe sich über ihre Berufung gefreut. Sie werde nach der von Rot-Schwarz erklärten Trennung von Wissenschaft und Forschung „schauen, welche Schnittstellen da sind“.
In der Wissenschaft stehen der neuen Senatorin große Bewährungsproben bevor. Sie muss die Fusion der Charité mit dem Max-Delbrück-Centrum (MDC) bewerkstelligen, für die der Bund viele Millionen ausgeben will. Das wird nicht leichter, da beide Einrichtungen in zwei verschiedenen Senatsverwaltungen untergebracht sind. Im Sommer fällt die Entscheidung im Exzellenzwettbewerb der Hochschulen. Hier muss sie so durchsetzungsstark sein wie Jürgen Zöllner. Außerdem tut sich eine gefährliche Finanzierungslücke auf. Noch bekommen die Unis 100 Millionen Euro aus dem Hochschulpakt von Bund und Ländern. Doch der läuft ab 2015 aus. Soll Berlin selbst in die Bresche des Bundes springen?
Am Donnerstag sollen alle Senatoren vereidigt werden. Klaus Wowereit war bereits in der vergangenen Woche als Regierender Bürgermeister im Amt bestätigt worden.
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