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Zufrieden. Regierungschef Woidke (r.) und Ex- Ministerpräsident Stolpe.

© dpa

Arbeitslosigkeit in Brandenburg: „Nicht gleich von Vollbeschäftigung träumen“

Brandenburgs Arbeitslosigkeit wird immer geringer, ist auf Rekordtief seit 1990. Trotzdem bleibt der Ministerpräsident vorsichtig

Stand:

Potsdam - Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hält es für möglich, die Arbeitslosigkeit im Land „in absehbarer Zeit“ auf weniger als 100 000 Job-Suchende zu verringern. „Das ist ein Ziel, das wir erreichen können“, sagte Woidke am Montag auf einer Regierungspressekonferenz in Potsdam zur Bilanz der Arbeitsmarktpolitik im Land seit der Neugründung des Landes vor 25 Jahren. Zwar ist die Arbeitslosigkeit Brandenburgs jüngst auf einen Tiefstwert seit 1990 gesunken, mit 115 422 Arbeitslosen, und damit einer Arbeitslosenquote von damit 8,3 Prozent im August. Im ostdeutschen Vergleich liegt Brandenburg damit hinter Thüringen (7,2) und Sachsen (8,0) auf Platz 3. Trotzdem warnte Woidke davor, angesichts der Risiken in der Weltwirtschaft und der Probleme im Land selbst nun „gleich von Vollbeschäftigung zu träumen.“

Und auch zu einem konkreten Regierungsziel wollte sich Woidke nicht hinreißen lassen. Sein Vorvorgänger, Brandenburgs erster Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) hatte dies einmal getan, als er in einer Regierungserklärung in den 90er-Jahren die Halbierung der Arbeitslosigkeit auf unter zehn Prozent ankündigte. Doch er hatte dieses Versprechen nicht einlösen können. Von der damaligen PDS-Opposition war ihm das immer vorgehalten worden. Stolpe, auf der Pressekonferenz am Montag dabei, sagte dazu: „Wir haben es mit 15 Jahren Verspätung geschafft.“ Er sei froh, dass im Unterschied zu den Aufbaujahren in Brandenburg „das heutige Hauptthema sei: Wo kommen die Fachkräfte her.“ In diesem Zusammenhang appellierte er, den Zuzug von Flüchtlingen als Chance zu begreifen. Brandenburg-Preußen habe immer davon profitiert, wenn Menschen ins Land gekommen seien“, sagte Stolpe, und fügte hinzu: „Da musste der Große Kurfürst anfangs manchmal mit dem Knüppel nachhelfen, damit die Ankömmlinge gut behandelt wurden.“

Sozialministerin Diana Golze (Linke) untermalte dies mit einem konkreten Beispiel: In der Prignitz habe sie eine aus dem Libanon geflüchtete Familie kennengelernt, beide Zahnärzte. Sie wollten nun eine leerstehende Praxis in der Prignitz übernehmen. Bislang aber scheitere die Übernahme noch an bürokratischen Verfahren bei der Anerkennung der Qualifikationen. „Das dauert viel zu lange. Wir müssen da flexibler werden“

Und obwohl die Zeiten vorbei sind, in denen die Arbeitslosigkeit bei 18 Prozent im Land lag (Brandenburgs Höchstwert aus dem Jahr 2003), bleiben fehlende Jobs ein Problem. Denn in den berlinfernen Regionen wie der Uckermark sind immer noch 15 Prozent der Erwerbsfähigen ohne Job, im Gegensatz zum Berliner Umland. Zum anderen sind von 115 000 Arbeitslosen rund 41 000 Langzeitarbeitslose. Die Bilanz von Arbeitsmarktprogrammen, also geförderter Beschäftigung, ist freilich umstritten. Nach einer Antwort des Sozialministeriums auf eine parlamentarische Anfrage haben drei Programme, teils von Land, Bund und EU , zwischen 13 und 17 Prozent der Teilnehmer in reguläre Jobs bringen können.

Die Freien Wähler im Landtag wollen deshalb eine Überprüfung, was auch die CDU-Opposition seit Jahren fordert. Golze hält die Programme hingegen für erfolgreich und unverzichtbar. Und Golze war es auch, die gestern nicht auf das allgemeine Loblied der gesunkenen Arbeitslosigkeit – als Erfolg der SPD-Regierungen seit 1990 – einstimmte. „Das ist auch erreicht worden durch die Ausweitung von Teilzeitjobs, besonders von Frauen“. Der Ausblick? Es sei ein Irrtum zu glauben, dass sich die Arbeitslosigkeit automatisch mit sinkenden Bevölkerungszahlen und dem Fachkräftemangel erledige, warnte Friedrich Buttler, ehemaliger Direktor des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung und Ex-Wissenschaftsstaatssekretär. Realistisch sei, sagte Buttler, dass in den nächsten fünf Jahren eine Arbeitslosenquote von sieben Prozent geschafft werden könnte, „und eine Fünf vor dem Komma in den nächsten 25 Jahren.“

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