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Brandenburg: „Nicht in Beliebigkeit der Geschäftsführung“

Offener Streit im Ausschuss zur Nordbahn-Pleite: Ministerpräsident Woidke weist Mehdorns Darstellung zurück

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Potsdam - Die Krise um den unvollendeten Hauptstadt-Airport in Schönefeld eskaliert nach den jüngsten Pleiten weiter. Auf einer Sondersitzung des BER-Ausschusses im Landtag lieferten sich Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) und Flughafenchef Hartmut Mehdorn am Donnerstag einen Schlagabtausch auf offener Bühne. Woidke widersprach Mehdorn, der neue Schallschutz-Auflagen von Brandenburgs Behörden dafür verantwortlich machte, dass er am Montag die ab 1.Juli 2014 geplante Sanierung der Nordbahn des Flughafens ins Jahr 2015 verschieben musste. „Wir befürchten, dass die Inbetriebnahme nun nicht 2015 stattfinden kann“, warnte Mehdorn. Er äußerte sich erstmals öffentlich nach seinen Absagen des Nordbahnprojekts und des Testbetriebes am Nordpier.

Laut Mehdorn muss wegen der neuen Auflagen, nach denen für jede Wohnung ein Lüftungskonzept erstellt werden muss, das Schallschutzprogramm für die Anrainer des BER noch einmal von vorn beginnen. Er wies darauf hin, dass dies zu einer weiteren Verschiebung der Gesamteröffnung des Airports führen könne. Um wie viele Monate, könne derzeit noch nicht beziffert werden, so Mehdorn. „Wir sind Flughafenbetreiber, keine Schallschutz- und Lüftungsexperten.“ Es sei völlig offen, „wohin wir rutschen, der Flughafen sei voller Überraschungen. Jeden Tag passiert etwas anderes.“

Woidke ließ das nicht stehen. „Die rechtlichen Rahmenbedingungen für den Flughafen sind nicht gestern der Brandenburger Erde entsprungen. Sie sind seit Monaten und Jahren bekannt“, erklärte Woidke. „Der Planfeststellungsbeschluss ist lange bekannt. Das OVG-Urteil ist ebenfalls nicht neu.“ Woidke bezeichnete die von Mehdorn aufgemachte Schallschutzdebatte als Nebenkriegsschauplatz. Das Hauptthema, weshalb der neue Flughafen nicht eröffnen können, sei nach wie vor der Brandschutz im Terminal, betonte er. „Daran hat sich auch nichts geändert.“ Die Gesellschafter des Flughafens, das sind Brandenburg, Berlin und der Bund, seien sich einig, dass „die rechtlichen Rahmenbedingungen 1:1 umgesetzt werden müssen“. Und das, so Woidke an die Adresse Mehdorns, steht „nicht unserer Beliebigkeit und auch nicht in der der Geschäftsführung“. Wenn man das ignoriert, „dann wird das Projekt durch einstweilige Verfügungen weiter verzögert werden“. Mehdorn sagte: „Wir gingen davon aus, dass dies nur für den Vollbetrieb des Flughafens gilt. Und nicht, wenn die Südbahn mal fünf Monate so tut, als wäre sie die Nordbahn.“

Zuvor hatte Mehdorn beklagt, dass der Flughafen auch von der Auflage überrascht wurde, den Anwohnern nach Bewilligung sechs Monate zum Einbau des Lärmschutzes gewähren zu müssen. Dadurch müssten fertige Bescheide für rund 3000 Anwohner an der Südbahn, auf der in der Zeit der Sanierung der Nordbahn geflogen werden soll, noch einmal erstellt werden. Verkehrsminister Jörg Vogelsänger (SPD) verwies darauf, dass die sechs Monate die übliche Frist seien. Mehdorn musste auch eingestehen, dass die Finanzierung der Sanierung nicht gesichert war, weil keine Bank den nötigen 44-Millionen-Euro-Kredit geben wollte.

Die Opposition im Landtag zeigte sich fassungslos über Mehdorn, die Rolle der Aufsichtsräte und von Brandenburgs Landesregierung unter Woidke, und den Gesamtzustand des Projektes. Es sei aberwitzig, wenn Medhorn die Gesamteröffnung mit der Nordbahn verknüpfe, sagte Grünen-Fraktionschef Axel Vogel. „Beides hat nichts miteinander zu tun.“

Zuvor hatte sich der Landtag, genau ein Jahr nach der Annahme des Volksbegehrens, erneut mit einem strengeren Nachtflugverbot am BER befasst. In namentlicher Abstimmung lehnte Rot-Rot auch mit Stimmen der meisten Liberalen und Christdemokraten einen Grünen-Antrag ab, das Nachtflugverbot notfalls im Alleingang durchzusetzen.

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