zum Hauptinhalt

Von Alexander Fröhlich: Noch hakt es mit der direkten Demokratie

Ab 2010 sollen die Brandenburger ihre Landräte wählen können. Zuvor wollen SPD und CDU noch mal ihre Kreisfürsten einsetzen

Stand:

Potsdam - Mehr Demokratie sollte in den Landkreisen Brandenburgs einziehen, die Bürger ihre Landräte direkt wählen können. Doch in den wenigsten Fällen kommt es auch schnell dazu, vor allem SPD und CDU wollen letztmalig ihre „Kreisfürsten“ durchsetzen, bevor es ab 2010 nur noch Direktwahlen geben wird.

Im Havelland etwa kann Burkhard Schröder (SPD) seine vierte Amtszeit antreten. Eine Zählgemeinschaft aus SPD, CDU, FDP und Bauern hatte sogar auf die öffentliche Ausschreibung des Postens verzichtet. Ähnlich lief es in Oberhavel, dort leitet Karl-Heinz Schröter (SPD) seit 1990 das Landratsamt. In der Prignitz wurde der von der Linken gestützte Hans Lange im Amt bestätigt – mit den Stimmen der CDU. Erst Ende vergangener Woche verkündete das Potsdamer Innenministerium, am 10. Januar werde in fünf Landkreisen erstmals der Landrat direkt bestimmt – im Barnim, Elbe-Elster, Ostprignitz-Ruppin, Spree-Neiße und Uckermark. Doch inzwischen sind es nur noch vier. Am Mittwoch entschied der Kreistag Uckermark mit den Stimmen von CDU, SPD und FDP, nun doch lieber selbst den neuen Chef der Kreisverwaltung zu wählen. Dabei hatte das Parlament noch im April auf Antrag der Linken selbst beschlossen, das den Bürgern zu überlassen. Nun der Rückzug, die Stelle wird ausgeschrieben. Begründet wird dies nach Angaben der Kreissprecherin mit der schwierigen finanziellen Lage des Landkreises, daher benötige der neue Landrat eine stabile Mehrheit. Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Kreisverwaltung und dem Kreistag sei erforderlich. Außerdem wurde befürchtet, dass zu wenige Bürger ihre Stimme abgeben könnten, immerhin muss ein Kandidat mindestens 15 Prozent für den Wahlsieg bekommen.

Das aber war schon im April bekannt, ebenso die Geldnot der Uckermark. Hinter der Kehrtwende steckt offenbar etwas anderes: Wie diese Zeitung aus dem Kreistag erfuhr, soll eine zweite Amtszeit des Landrats Klemens Schmitz (parteilos) verhindert werden. Schmitz war vor drei Jahren aus der SPD ausgetreten. Nun bringt sich Frank Bretsch ins Spiel, der Chef der Uckermark-SPD und des Kreistagsfraktion soll neuer Landrat werden. Bretsch selbst war am Donnerstag nicht zu erreichen. Nach einem RBB-Bericht wies er aber Vorwürfe zurück, in Absprachen sei der Posten bereits verteilt worden.

In Oberspreewald-Lausitz hat jetzt ein Bürgerbegehren dafür gesorgt, dass die Einwohner nun doch selbst ihren Landrat bestimmen können. Der Kreistag folgte am Donnerstagabend dem Ansinnen mehrheitlich und entschied sich für eine Direktwahl. CDU und SPD wollten in großen Teilen nur einen Bürgerentscheid darüber zulassen und waren für eine Wahl durch den Kreistag. Denn im Juli hatten sie den früheren Landrat Georg Dürrschmidt (CDU) abgewählt. Dieser war im Mai wegen Besitzes von Kinderpornografie zu einer Geldstrafe verurteilt worden, seit Dezember 2008 bereits beurlaubt. Daher sollte so schnell wie möglich ein neuer Mann an der Spitze des Kreises her, die SPD hatte als stärkste Fraktion den Posten für sich beansprucht. Nun schickt sie Dürrschmidts früheren Vize und amtierenden Landrat Titus Faustmann (SPD) wohl in die Direktwahl. Die CDU führt Gespräche mit möglichen Kandidaten, auch die Linke wird wohl jemanden nominieren. Die Partei stand hinter dem Bürgerbegehren für eine Direktwahl. In Ostprignitz-Ruppin stand wegen der starken Bürgerbewegung „Freie Heide“ gegen das Bombodrom eine Direktwahl außer Frage. Dort aber droht der SPD der Verlust des Postens, seit 1990 war Christian Gilde für die Sozialdemokraten im Amt. Noch am Donnerstagabend wollte der bisherige SPD-Kandidat für die Direktwahl, der Kreistagsvorsitzende Sven Alisch aus Rheinsberg, seinen Verzicht erklären. Gegen ihn ermittelt die Staatsanwaltschaft, weil er Fördermittel für ein Urlauber-Appartementhaus in sein Eigenheim gesteckt haben soll.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })