Brandenburg: Noch Luft nach oben
Eine BER-Eröffnung ab 2014? Platzeck nennt Mehdorns Plan eine „interessante Anregung“
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Schönefeld - Ein klares Veto war das nicht. Was er von Mehdorns Idee halte, den neuen Flughafen ab 2014 in Etappen zu eröffnen, wurde BER-Aufsichtsratschef Matthias Platzeck am Montag gefragt. „Es sind interessante Anregungen und Denkmodelle, die unterwegs sind“, sagte der brandenburgische Ministerpräsident am Rande eines Termins in Cottbus. „Wir haben Herrn Mehdorn gebeten, zu prüfen, in welcher Form eine Eröffnung des Flughafens möglich ist.“ Ziel sei eine verbindliche, sichere und schnellstmögliche Inbetriebnahme des BER. Weitere Details nannte Platzeck aber nicht.
Auch bei der Flughafengesellschaft gab es am Montag keine Klarheit. Vieles spricht dafür, dass BER-Vorstand Hartmut Mehdorn die neue Anlage zwar in Betrieb nehmen will, aber nur behutsam als sogenanntes Soft-Opening. Demnach würde zunächst nur der Verkehr vom bisherigen Flughafen Schönefeld-Alt zum neuen Terminal verlagert; der Umzug von Tegel würde erst später erfolgen. Bisher war geplant, mit beiden Flughäfen in nur einer Nacht zum BER zu wechseln.
Nach den Pannen beim BER-Probebetrieb wäre eine Inbetriebnahme des neuen Flughafens „unter Volllast“ äußerst riskant. Ein Ausfall im technischen System würde den gesamten Verkehr behindern oder gar lahmlegen. Würde der Betrieb dagegen nur in reduzierter Form aufgenommen, gäbe es bei einer Panne – zum Beispiel an einer Check-In-Insel oder bei einem Gepäckband – Reserven.
Wie lange BER und TXL parallel betrieben würden, ist offen. Mehdorn will den Innenstadt-Flughafen Tegel länger am Netz lassen als die im Planfeststellungsbeschluss für den BER-Ausbau vorgesehenen sechs Monate, was bei entsprechender Auslegung der Bestimmungen möglich sein könnte. Tegel muss aufgegeben werden, nachdem die Verlängerung der künftigen Nordbahn am BER auf 3600 Meter sowie der Neubau der Südbahn mit 4000 Meter Länge „funktionsfähig in Betrieb genommen worden ist“. Derzeit ist die Nordbahn aber nur für die ursprüngliche Länge von drei Kilometern zugelassen, weil an der Verlängerung die Anlagen für den Instrumentenlandeanflug fehlen. Bliebe es dabei, könnte die Südbahn in Betrieb gehen, ohne dass Tegel ein halbes Jahr später geschlossen werden müsste, weil die Bedingung für die Nordbahn noch nicht erfüllt sei, meinen Juristen.
Der Umzug von TXL müsste voraussichtlich komplett in einer Nacht erfolgen. Dass Fluggesellschaften nach und nach zum BER wechseln, gilt zumindest bei Air Berlin und Lufthansa als ausgeschlossen. Beide Gesellschaften wollten sich am Montag nicht äußern, doch in der Branche gilt als sicher, dass keiner von ihnen freiwillig Tegel früher verlassen würde als nötig. Den Vorteil des innerstädtischen Flughafens würde keiner aufgeben. „Wer als erster zuckt, verliert“, sagte ein Insider. Zudem sind die für den BER vorgesehenen Gebühren wesentlich höher als in Tegel. Christian Wiesenhütter von der Industrie- und Handelskammer bezeichnete die Pläne deshalb als „Gleichung mit vielen Unbekannten“. Die Fraktionschefin der Grünen, Ramona Pop, warnte vor „Symboleröffnungen“.
Dass der Terminal-Bau selbst in Etappen eröffnet werden kann, wie spekuliert wird, ist unwahrscheinlich. Bei einer Inbetriebnahme nur des Nordpiers, der für Billigfluglinien vorgesehen ist, müssten nämlich zusätzliche Check-In-Schalter und Sicherheitsschleusen installiert werden. Denn nach dem BER-Konzept sind diese Anlagen in der Haupthalle konzentriert, unter der sich die Ausgabebänder fürs Gepäck befinden. In den Nord- und Südpiers dagegen befinden sich nur Wartebereiche. Weitere Provisorien in Zelten oder Containern solle es aber nicht geben, heißt es bei der Flughafengesellschaft. Zudem führt der Zugang vom Flughafenbahnhof direkt in die Haupthalle, die deshalb bei einer Eröffnung funktionieren muss. Ob es möglich ist, nur Teile des Hauptterminals in Betrieb zu nehmen, ist nicht geklärt. Betriebsbereit wären die Außengebäude – die Parkhäuser, Mietwagenstationen und das Steigenberger-Hotel.
Ähnlich sieht es beim Bahn-Anschluss aus. Das bisherige Fahrplankonzept ist auf einen Vollbetrieb des BER ausgelegt – mit bis zu 70 000 Passagieren am Tag. Kämen bei einer schrittweisen BER-Inbetriebnahme weit weniger Nutzer, wäre das Angebot überdimensioniert. Trotzdem würde Bahnchef Rüdiger Grube eine Teileröffnung begrüßen. Er verwies darauf, dass für die Bahn jetzt monatlich Kosten von zwei Millionen Euro entstünden.
Mehdorn beziffert die Mehrkosten für die Flughafengesellschaft inzwischen auf 35 bis 40 Millionen Euro pro Monat. Wie sie sich zusammensetzen, hat er aber nach PNN-Informationen auch der Soko BER im Bundesverkehrsministerium nicht näher erläutert. Bisher waren rund 15 Millionen Euro als Mehrkosten genannt worden. Die Nachrichtenagentur AFP meldete allerdings am Abend, dass Platzecks Staatskanzlei Berichte über die Monatskosten zurückwies. Die Kosten pro Monate, die sich aus der Verschiebung ergäben, könnten „zur Zeit nicht seriös geschätzt werden“, hieß es. Der Flughafenaufsichtsrat erwarte derzeit Szenarien von der Geschäftsführung, wie eine Inbetriebnahme zu erreichen sei. Entschieden werde erst Ende des Sommers.
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