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Brandenburg: Nur nicht abheben

Im Dezember will Mehdorn einen Termin für BER-Start nennen. Ein Brandbrief des Technikchefs

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Schönefeld - Eigentlich will Hartmut Mehdorn noch vor Jahresende verbindlich verkünden, wann der neue Hauptstadtflughafen in Schönefeld eröffnen soll. Erwartet wird, dass der Flughafenchef dies auf der Aufsichtsratssitzung am 12. Dezember tut, einen Tag nach dem Rücktritt von Klaus Wowereit als Regierender Bürgermeister. Als internes Ziel hat Mehdorn den Start im Herbst 2016 ausgegeben. Aber nun häufen sich Indizien, dass es erneut knapp werden und der Verkündigungstermin wieder verschoben werden könnte. Es ist wieder ein Wettlauf gegen die Uhr.

So hat der neue BER-Technikchef Jörg Marks jetzt einen Brandbrief an alle Projektbeteiligten verschickt. Und danach sind nicht allein die technischen und baulichen, sondern auch die organisatorischen Probleme auf der Baustelle nach wie vor immens. Es gehe zwar voran, schreibt Marks, der vor eineinhalb Monaten vom Siemens-Konzern in die Flughafengesellschaft gewechselt war: „Allerdings ist der richtige Weg zum Ziel der Inbetriebnahme noch nicht hundertprozentig erkennbar.“ In den Aufsichtsratssitzungen Ende Juni und im September hatte Mehdorn keine deutlichen Fortschritte verkünden können.

Marks spricht schonungslos aus, dass die Fertigstellung des neuen Terminals so kompliziert ist, weil es kein Neubau mehr ist. „Wir haben es bei der Fertigstellung des BER in erster Linie mit einer ,Sanierung im Bestand‘ zu tun“, schreibt Marks. „Dies bedeutet: Wir brauchen ein hohes fachliches  Know-how auf dem Gebiet der Technischen Gebäudeausrüstung, in der gesamten Elektrotechnik und im Hochbau.“ Wie berichtet müssen etwa die Deckenhohlräume und Kabeltrassen Meter für Meter saniert werden, weil in den letzten Wochen vor der dann geplatzten Eröffnung im Frühjahr 2012 gepfuscht und geschlampt wurde und sich hinter Wänden und Klappen oft Kabelsalat verbirgt. Manches kommt erst jetzt heraus, wenn Mauern geöffnet werden.

Marks ist Nachfolger des wegen Korruptionsverdachts gefeuerten Technikchefs Jochen Grossmann. Er hat sich in den letzten Wochen ein Bild gemacht, welche Abläufe noch problematisch sind. „Es gibt immer wieder neue Umplanungen. Das Bausoll ist noch nicht eindeutig definiert“, schreibt er etwa. „Anordnungen werden spontan getroffen und sind nicht abgestimmt, woraus sich in Teilbereichen eine mehrfache Überplanung gibt.“ Das Endkonzept der mechanischen Entrauchungsanlage sei „noch nicht endgültig verabschiedet“. Die Anzahl der Ansteuerungen für die im Brandfall zu öffnenden Fenster und Türen sei nicht abschließend geklärt. „Daraus ergibt sich, dass die Steuerungslogik ebenfalls noch offen ist.“ Als Hemmnis hat Marks, zweieinhalb Jahre nach der geplatzten Eröffnung 2012, auch Folgendes identifiziert: „Es gibt keine gemeinsamen Begehungen. Und nur unzureichende Baubesprechungen. Die Zuständigkeiten der Ansprechpartner wechseln häufig.“ Und: „Wir sind zu langsam (lange Antwortzeiten), zu kompliziert (Planungen selbst für Kleinigkeiten) und zu unverbindlich (wer entscheidet und bis wann).“

Er will alles ändern, wie aus dem mit Mehdorn abgestimmten Schreiben hervorgeht, das an die einhundert mit dem BER befassten Mitarbeiter der Flughafengesellschaft und an 450 Partner, wie Planer, Ingenieure, Projektsteuerer, ging. Mit getrennten Zuständigkeiten soll Schluss sein: „Alle Anweisungen, Informationen und Ausführungen gelten ab sofort für alle FBB-Kollegen(innen) als auch für alle direkten Partner der FBB.“ Marks appelliert auch an die Ehre der Beteiligten. Die schnellstmögliche Eröffnung sei eine „nationale Aufgabe“. Es gehe um die „Rettung deutscher Ingenieurkunst“.

Die Skepsis in der Politik ist groß. So erinnern die Grünen an frühere Brandbriefe. „Die ausgefallene Eröffnung vor zwei Jahren hätte ein Krisenmanagement verlangt, das konzentrierte Bestandsaufnahme, Techniklösungen und ein kluges Management verbindet.“ All das sei nicht geleistet worden. Die Grünen wollen Marks im Abgeordnetenhaus befragen. Thorsten Metzner

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