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Nur tagsüber in die Klinik: Projekt „Seele“ für sterbenskranke Brandenburger
In Potsdam, Rüdersdorf, Eberswalde und Neuruppin werden Schwerkranke künftig in palliativ medizinischen Tageskliniken versorgt. Sie sollen den Patienten Selbständigkeit und Lebensqualität bieten.
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Die Zimmer sind fertig, die Betten bezogen, das Material ist bestellt. Todkranke Brandenburger können in Potsdam, Rüdersdorf, Eberswalde und Neuruppin künftig in palliativmedizinischen Tageskliniken versorgt werden. Sie gehören zum Innovationsfondsprojekt „Seele“, das am Freitag in der Potsdamer Staatskanzlei vorgestellt wurde. Die Abkürzung steht für „Selbständigkeit und Lebensqualität“, denn genau das möchte man den Menschen, die etwa wegen einer Tumorerkrankung am Ende ihres Lebens stehen, so lange wie möglich bieten.
„Selbständigkeit und Lebensqualität sind zwei Werte, die eigentlich völlig selbstverständlich sind, aber ein unschätzbares Gut für Patienten am Lebensende“, sagt die Chefärztin für innere Medizin am Potsdamer St. Josefs-Krankenhaus, Gesine Dörr. Zusammen mit ihrer Kollegin, der leitenden Oberärztin Katrin Ziemann, ist sie eine der Architektinnen hinter dem Projekt. „Wir schließen die Lücke zwischen ambulant und stationär.“
Denn bisher wurden Palliativpatienten entweder zu Hause oder stationär in Krankenhäusern oder den wenigen Brandenburger Hospizen betreut. „Schwerstkranke Menschen bedürfen einer besonders spezialisierten palliativmedizinischen Behandlung, die von niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten kaum zu leisten ist“, sagte Brandenburgs Gesundheitsministerin Britta Müller (parteilos, für BSW). Als Folge müssten vor allem im ländlichen Brandenburg Patientinnen und Patienten häufig stationär aufgenommen werden, um alle nötigen Therapien zu erhalten.

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„Das, was eine Tagesklinik leisten kann, kann auch die spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV) nicht leisten“, sagt die Vorsitzende des Landesverbands SAPV, die Ärztin Tatjana Karl. Als Beispiel nennt sie Patienten, die regelmäßig Transfusionen bräuchten oder bei denen sich Flüssigkeit im Bauch sammelt. In einer Tagesklinik könnten die entsprechenden Punktionen stattfinden, die Flüssigkeit könnte abgelassen werden und der Patient könnte trotzdem abends wieder zu Hause übernachten. „Gerade Palliativpatienten möchten oft nicht mehr stationär ins Krankenhaus“, sagt die Vorsitzende des Brandenburger Hausärzteverbands, Karin Harre. „Da ist es ein Riesenvorteil, wenn die Menschen morgens abgeholt und abends wieder nach Hause gefahren werden.“
Vorerst freilich ist auch das Projekt „Seele“ nur ein Erprobungsprojekt. Nur eine Handvoll Betten steht in den vier Erprobungskliniken in den nächsten zwei Jahren dafür zur Verfügung. Die wirkliche Aufgabe der Gesundheitspolitiker wird darin bestehen, es nach Abschluss der Erprobungsphase in die Regelversorgung zu überführen: Die ambulant-stationäre Versorgung, wie sie etwa in Templin erprobt worden war, ist dort bis heute nicht angekommen.
Doch die Verantwortlichen sind hoffnungsvoll. Tageskliniken stellten eine wichtige Schnittstelle zwischen der stationären und der ambulanten Versorgung dar, sagte etwa der Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin, Heiner Melching. Und einer der Vorteile des Projekts „Seele“ sei es, dass man sich stärker als bisher am konkreten Bedarf der Betroffenen orientieren könne. Das sieht auch Gesundheitsministerin Müller so: „Insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Bevölkerung immer älter wird und damit auch der Bedarf an Palliativversorgung steigen wird, ist dieses Konzept innovativ und zukunftsweisend.“
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