Brandenburg: Nussig, würzig, leicht erdig
Ein Verein in der Uckermark kultiviert alte, längst vergessene Kartoffelsorten. Immer mehr Hobbygärtner kommen auf den Geschmack
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Greiffenberg - Für immer mehr Hobbygärtner ist es eine wahre Entdeckung: Längst vergessene Gemüsesorten erleben derzeit eine, wenn auch kleine, Renaissance. Ein Verein in der Uckermark widmet sich längst vergessenen Kartoffelsorten. In Greiffenberg, das eine Autostunde über die A11 gen Nordosten von Berlin entfernt ist, gibt es am heutigen Sonnabend in der Pfarrscheune seltene Pflanzkartoffeln für den eigenen Garten kaufen. Dort unterhält der Verein zur Erhaltung und Rekultivierung von Nutzpflanzen (Vern) eine Schaugärtnerei. Auf 4000 Quadratmetern und zusätzlich bei Partnern an mehreren Orten in der Uckermark werden seltene Tomatensorten, Kräuter, Salat, Kürbisse, Getreide und vor allem Kartoffeln angebaut. Zunächst aber nicht, um verspeist zu werden. In Greiffenberg wird das Gemüse gewissermaßen vermehrt, damit sich Gärnter oder Bauern mit Saatgut eindecken können. „Nur so könnten die vom Aussterben bedrohten Arten erhalten werden“, sagt Christoph Blank vom Vereinsvorstand.
Die Kartoffel ist immerhin der Deutschen liebstes Gemüse. Friedrich der Große, der Kartoffelkönig, dem Brandenburg in diesem Jahr zu seinem 300. Geburtstag huldigt, hat die Erdfrucht zwar nicht in die Mark gebracht, aber im 18. Jahrhundert dafür gesorgt, dass „ Solanum tuberosum“ flächendeckend kultiviert wurde. In der Mythologie der Indios ist sie Symbol der Fruchtbarkeit.
Aber was ist dran an den Kartoffelsorten, die Namen tragen wie Bamberger Hörnchen, Blaue Schweden, Heideniere, Shetland Black oder die französische La Ratte. Sie sind gelb, rot, schwarz oder blau, manche sind dick wie Nudeln, lang wie Schlangen oder fingerförmig. „Viele Gästen wollen einfach leckere Kartoffeln“, sagt Blank. „Zu uns kommen Balkonbesitzer, Hobbygärtner und verstärkt auch Betreiber von Gemeinschaftsgärten in Berlin. Es werden immer mehr.“ Viele beschwerten sich über das einseitige Angebot im Handel und suchten nach einer Alternative zu den üblichen Kartoffelsorten. Und es sei das Interesse am Erhalt der Artenvielfalt, „das geschieht nicht durch die Großkonzerne, da hat jeder in seinem Garten einen Anteil daran“.
Das Wichtigste aber ist der Geschmack. „Wenn man kann jede Sorte extra kocht und kostet, merkt man, dass jede anders schmeckt“, sagt Blank. „Alle schmecken irgendwie nach Kartoffel, aber jede hat ihre Besonderheit.“ Die alten Sorten seien intensiver, teils würzig, teils nussig, manche auch leicht erdig. „Es sind nur Nuancen. Aber auch Restaurantköche in Berlin legen darauf Wert.“
In Greiffenberg werden am heutigen Samstag einige Tausend Knollen verkauft, mindestens zehn Knollen gibt es für drei Euro. Das Motto des Pflanzkartoffeltages lautet „Bewahren durch Aufessen“. Bevor die Knollen aber auf dem Teller landen, müssen sie gepflanzt werden. „Bei guten Böden bekommt man pro Pflanze dann zehn Knollen heraus“, sagt Blank. Wer im nächsten Jahr dann erneut ernten will, lagert einige nicht verspeiste Kartoffeln kühl und schattig im Keller und pflanzt dann im Frühjahr neu. „Die meisten, die sich dazu entschließen, die schießen sich auf eine Sorte ein, andere bleiben bei zwei, drei Sorten, die ihnen besonders gut schmecken“, sagt der Vereinsvorstand.
Blank hat auch noch einen Tipp für den Kartoffelkauf: Es sind nicht die dicken Dinger, sondern die kleinen mit dem besten Geschmack. „Durch viel Gießen verändert sich der Geschmack, dann werden die Knollen größer, die Inhaltstoffe aber bleiben gleich.“
Von 10 bis 16 Uhr findet in der Pfarrscheune gleich neben der Kirche von Greiffenberg der Pflanzkartoffeltag statt. Von Berlin aus braucht man über die A 11 in Richtung Prenzlau etwa eine Stunde. Von der Ausfahrt Pfingstberg geht es über sieben Kilometer in Richtung Greiffenberg. Wer mit Bahn und Fahrrad unterwegs ist, fährt bis Angermünde. Von dort sind es dann noch einmal zehn Kilometer. Weiter Informationen unter www.vern.de
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