zum Hauptinhalt

Von Thorsten Metzner: Opposition entrüstet über NS-Vergleich Debatte um Platzecks Versöhnungs-Vorstoß

Potsdam - Unmittelbar vor der förmlichen Bildung der rot-roten Koalition in Brandenburg löst der Vorstoß von SPD-Regierungschef Matthias Platzeck für eine Versöhnung mit den SED-Nachfolgern Streit im Land aus. Während CDU, FDP und Grüne am Montag scharfe Kritik an Platzeck übten, bekam er Rückendeckung von der Spitze der Linken – obwohl seine Parallele zur Integration von früheren Nationalsozialisten und Mitgliedern der Waffen-SS an der Basis vielen schwer im Magen liegt.

Stand:

Potsdam - Unmittelbar vor der förmlichen Bildung der rot-roten Koalition in Brandenburg löst der Vorstoß von SPD-Regierungschef Matthias Platzeck für eine Versöhnung mit den SED-Nachfolgern Streit im Land aus. Während CDU, FDP und Grüne am Montag scharfe Kritik an Platzeck übten, bekam er Rückendeckung von der Spitze der Linken – obwohl seine Parallele zur Integration von früheren Nationalsozialisten und Mitgliedern der Waffen-SS an der Basis vielen schwer im Magen liegt. „Er hat die Linke nicht mit Nazis verglichen oder gleichgesetzt: Sonst wäre ich auf den Barrikaden“, sagte Helmuth Markov, der designierte neue Linke-Finanzminister und künftige Vize–Regierungschef. Platzeck versuche, 20 Jahre nach dem Fall der Mauer einen „Klärungsprozess in der Gesellschaft, in der eigenen Partei zu befördern.“ Es sei nachvollziehbar, dass Menschen, die in der DDR Angst hatten, Leid erfahren haben, eingesperrt und diskriminiert wurden, Rot-Rot ablehnten, sagte Markov.

„Deshalb ist es wichtig, wenn mit Matthias Platzeck ein ehemaliger Bürgerrechtler sagt: Er kommt nach gründlicher Abwägung zu einem anderen Ergebnis.“ Es sei „ein Werben für Toleranz, für Verständnis, für Versöhnung“, das zu einer vernünftigen Kultur der Debatte beitrage, so Markov. Linksfraktionschefin Kerstin Kaiser sprach von einem Versuch, „Gräben einzureißen, zwischen Ost und West“, aber auch im Osten selbst. Sie widersprach der Ex–Sozialministerin und Vizechefin der SPD-Bundestagsfraktion, Dagmar Ziegler, die „einen Riss in der ostdeutschen Gesellschaft“ – Platzecks Ausgangsthese – bestreitet.

Ziegler, die ihren Weggang aus der Regierung mit der Angst vor Rot-Rot begründet hatte, sei „selbst Beleg für diesen Riss“, so Kaiser. Es gehe um ein Aufeinanderzugehen von Menschen, die 1989 auf verschiedenen Seiten standen, sagt Parteichef Thomas Nord. Allerdings sei Platzecks NS-Vergleich „nicht glücklich“, der komme an der Linke-Basis „nicht gut an.“ Einhellig fiel die Kritik der Opposition aus: CDU-Vizechef Sven Petke sprach von einem „törichten Versuch“ Platzecks, seine „angestrebte Koalition mit der Linkspartei durch Nazi-Vergleiche zu rechtfertigen.“ Platzecks „abwegiges“ Geschichtsbild „taugt nicht für das Amt eines Ministerpräsidenten.“ „Schwamm drüber“ sei „keine Lösung“, sagte FDP-Fraktionschef Hans–Peter Goetz. Es gehe darum, ob jemand, der regieren wolle, „überzeugend auf dem Boden des Grundgesetzes stehe“, sagte Goetz mit Blick auf die Linke. Grünen-Fraktionschef Axel Vogel sagte: „Im Bestreben, Rot-Rot gegen Kritiker zu verteidigen, hat Platzeck den Maßstab verloren.“

Unmittelbar vor den Parteitagen von SPD und Linken, die am Mittwoch den Koalitionsvertrag verabschieden sollen, gibt es zumindest innerhalb der Linken einen offenen Gegenvorstoß. Der Jugendverband „solid“ will – unterstützt vom Lausitzer Bundestagsabgeordneten Wolfgang Nescovic – einen Antrag an den Parteitag einbringen, den Koalitionsvertrag nicht zu billigen, sondern auf Nachverhandlungen zu drängen. „Vorerst wird vor allem eine Fortschreibung der Politik der Großen Koalition festgeschrieben“, heißt es in dem Antrag.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })