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Von Johann Legner, Tel Aviv: Platzeck übt sich in Entwicklungshilfe

Brandenburg engagiert sich im Westjordanland / Zwischenfall am Grenzposten

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Aus dem Dienstwagen gezwungenermaßen auszusteigen und dann zu Fuß den Weg fortzusetzen, war für Matthias Platzeck keine alltägliche Erfahrung. Aber als er am Mittwoch auf dem Rückweg aus den Palästinensergebieten in einem gepanzerten Jeep der deutschen Vertretung einen israelischen Kontrollpunkt erreichte, ging nichts mehr. Die palästinensischen Fahrer sollten sich kontrollieren lassen, die begleitenden deutschen Diplomaten protestierten und der Regierungschef Brandenburgs war im Nahost-Konflikt festgefahren. Weiter ging es zunächst nur zu Fuß und dann im Reisebus.

Der Vorfall passte zu einem Tag von Bemühungen, in den von den Palästinensern selbst verwalteten Gebieten des Westjordanlandes Brandenburgs Flagge zu zeigen. Einer Universität in Ramallah wurden, wie berichtet, Telekommunikationsgeräte übergeben, die es Studenten erleichtern sollen, auch von zu Hause Vorlesungen zu verfolgen. Das in Potsdam ansässige Hasso-Plattner-Institut kündigte an, einen weiteren Doktoranden aus Palästina zu fördern. Brandenburgs Polizei fährt fort mit dem Hilfseinsatz eines seiner höheren Polizeioffiziere. Und in der Stadt Jenin konzentrieren sich die Anstrengungen der Medienwirtschaft von Berlin-Brandenburg auf die Wiedereröffnung des lokalen Kinos. Insbesondere dies verspricht nachhaltige Folgen. Unter begeisterter Anteilnahme der lokalen Würdenträger wurde erstmals seit Jahrzehnten in der Stadt wieder ein Film auf Großleinwand gezeigt. Ein Solarunternehmer aus Wustermark, der eine Anlage für das Kino gespendet hatte, ließ sich gar zu dem Ausruf „Palästinenser zur Sonne zur Freiheit!“ hinreißen – unter Beifall. Platzeck hielt sich zur Freude der deutschen Diplomaten zurück und streng an die Vorgabe, als Ministerpräsident jede Einmischung in die Außenpolitik zu vermeiden. „Wir haben Wort gehalten“, sagte er nur immer wieder und wertete dann die bescheidenen Geschenke zu herausragenden Spitzenleistungen auf. Die mitgereisten deutschen Unternehmer waren von den Aussichten auf erfolgreiche Geschäfte in palästinensischen Territorien eher enttäuscht. Nur selten trafen sie auf Gesprächspartner, die konkrete Vorstellungen hatten.

Vielversprechender waren zuvor die Kontakte mit israelischen Betrieben gelaufen. In einigen Fällen trafen da junge, vielversprechende Gründerfirmen auf mögliche Partner, die im Gleichklang tickten. Jörg Hartwig, der für die in Babelsberg angesiedelte Firma D-Labs, einem Dienstleister für Software-Unternehmen, mitgereist war, sagte hochzufrieden, „dass sich die Reise hundert Prozent gelohnt hat“. Hartwig steht beispielhaft für die neue Unternehmenskultur des Landes, die sich darauf konzentriert, mit kreativen Konzepten und hoher Risikobereitschaft Märkte zu gewinnen. Solche jungen Brandenburger treffen besonders in Israel auf Gleichgesinnte, die ihrerseits aus der Not des rohstoffarmen Staates eine Tugend machten und seit einigen Jahren mit Hochtechnologie weltweit auch gute Geschäfte. Die Zusammenarbeit auf diesem Gebiet, erleichtert durch die in Brandenburg vom SAP-Mitbegründer und Milliardär Hasso Plattner begründeten Einrichtungen trägt schon Früchte.

Die naheliegende Frage, ob er sich denn dauerhaft mit seiner heutigen Funktion in Potsdam begnügen wird, beantwortet Platzeck allerdings auch in Israel vorsichtig abwehrend. Er interessiert sich schon, „aber ich habe hier eine Aufgabe“, sagt er und meint in Tel Aviv natürlich Potsdam. Die Lösung des Problems an dem Kontrollpunkt überließ er deswegen auch ganz dem Auswärtigen Amt, dessen Beamte aus Grundsatzerwägungen noch stundenlang ausharrten, bevor sie endlich mitsamt unkontrollierter Fahrer passieren konnten.

Am Donnerstag dann schaffte es Platzeck nach Potsdam zurück. Der größte Teil seiner Delegation, die über München zurück fliegen sollte, nicht: Das Flugzeug drehte wegen der isländischen Vulkanasche-Wolken über Nürnberg wieder ab. Die Delegation hing am Abend in München fest.

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