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Von Alexander Fröhlich: Platzecks hohe Hürden für Kohlendioxid-Endlager

Rot-Rot in Brandenburg zwingt sich selbst zum Äußersten gegen die Gesetzespläne des Bundes

Stand:

Potsdam - Es sind Worte, mit denen Brandenburgs rot-rote Landesregierung klar Position bezieht. Für die unterirdische Speicherung von Kohlendioxid (CO2) brauche es „eindeutige und belastbare rechtliche Grundlagen“. Das hatten Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) und Wirtschaftsminister Ralf Christoffers am Donnerstag gesagt. Gemeint ist der Kabinettsentwurf der Bundesregierung für ein Gesetz zur Abscheidung und interidischen Speicherung des klimaschädlichen CO2, mit dem eigentlich nur in Brandenburg Endlager möglich sind. Das sieht nicht nur Brandenburgs Landesregierung so und lehnt eine Lex Brandenburg ab; das sehen auch die Gegner und Umweltverbände. Sie fürchten, Brandenburg könnte zum „Experimentierfeld“ für CCS werden, wo der Energiekonzern Vattenfall das bei der Braunkohle-Verstromung anfallende CO2 verklappen will.

Ob das Gesetz in dieser Form aber „eindeutige und belastbare rechtliche Grundlagen“ bietet, wie es Platzeck und Christoffers als Messlatte für das eigene Handeln formulieren, ist fraglich. Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) hatte erklärt, die Bundesländer dürften selbst entscheiden, ob sie die CCS-Technik auf ihrem Gebiet zulassen. Verfassungsrechtler dürften hier hell aufhören. Es geht um Paragraph 2: „Die Länder können durch Landesgesetz die Gebiete bestimmen, in denen die Erprobung und Demonstration der dauerhaften Speicherung zulässig ist.“ Dieser Passus ist Röttgens Zugeständnis an die CDU-geführte Landesregierung von Niedersachsen. Ein Blick in das Grundgesetz zeigt, dieser Kompromiss ist rechtlich wacklig. Bei der CCS-Erprobung Bergbau, Industrie und Energiewirtschaft betroffen, für die der Bund ausdrücklich das Gesetzgebungsrecht hat – wenn zur Herrstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse und zur Wahrung der Rechts- und Wirtschaftseinheit bundesinheitliche Regelungen nötig sind. Fraglich aber ist, ob durch die Länderklausel bundeseinheitliches Recht geschaffen wird. Nein, meint der Lausitzer Linke-Bundestagsabgeordnete Wolfgang Neskovic, einst Richter am Bundesgerichtshof: „Das Vetorecht der Länder hat eine Rechtszersplitterung zur Folge.“

Platzeck und Christoffers haben also eine rechtliche Hürde formuliert, die überaus folgenreich sein könnte. Selbst wenn Bundestag und Bundesrat – trotz Brandenburgs Ablehnung – das CCS-Gesetz beschließen, muss das Platzeck-Kabinett vor das Bundesverfassungsgericht ziehen. Platzeck hat sich auf das Grundgesetz berufen, als er sagte, die Versorgung mit Energie und der Klimaschutz seien eine nationale Aufgabe. Die Verantwortung dafür dürfe nicht geteilt werden. Ein Alleingang kann sich Rot-Rot ohnehin nicht leisten, mit dieser Lex Brandenburg wäre gegen den breiten Widerstand, gerade in der Linken, kein Landesgesetz für CCS zu rechtfertigen.

Die Hürde, die der Ministerpräsident und sein Wirtschaftsminister aufgestellt haben, ist auch eine politische. Denn ihr versteckten Hinweis auf das Grundgesetz verpflichtet sie, alle Schritte zu gehen, um das Länder-Veto zu verhindern. Zudem bleibt der Entwurf des Bundes weit hinter dem zurück, was Christoffers in Detailfragen etwa bei der Haftung für CO2-Endlager als Mindeststandard formuliert hat. Auch liegt nach dem vorliegenden Papier jegliche Genehmigung für ein CCS-Projekt auf Eis, bis ein Landesgesetz vorliegt. Da ist die um ein Jahr auf Ende 2016 verlängerten Antragsfrist für CCS-Vorhaben nur Beiwerk. Nach allem, was der Gesetzesentwurf hergibt und was Platzeck nun zur Bedingung – kein Länder-Veto – macht, ist CCS in Brandenburg vorerst nicht machbar.

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