Brandenburg: Politiker fordert zivilen Ungehorsam Linke-Chef: Widerstand gegen Räumungen
Berlin - Die Zwangsräumung der Familie Gülböl in Berlin-Kreuzberg beschäftigt am Montag den Innenausschuss des Abgeordnetenhauses. Die Oppositionsparteien Grüne, Linke und Piraten zweifeln die Verhältnismäßigkeit des Einsatzes mit starkem Polizeiaufgebot am Donnerstag an.
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Berlin - Die Zwangsräumung der Familie Gülböl in Berlin-Kreuzberg beschäftigt am Montag den Innenausschuss des Abgeordnetenhauses. Die Oppositionsparteien Grüne, Linke und Piraten zweifeln die Verhältnismäßigkeit des Einsatzes mit starkem Polizeiaufgebot am Donnerstag an. Außerdem fordern sie eine Debatte über die Verdrängung einkommensschwacher Mieter aus den Innenstadtbezirken. Über den Kurznachrichtendienst Twitter fordert der Landeschef der Linken, Klaus Lederer, zum Protest auf: „Es ist so krass geworden, dass wir – mit allen verfügbaren Kräften – jede Zwangsräumung mit zivilem Ungehorsam zum Symbol machen sollten.“ Zudem regt Lederer ein „Räumungsmoratorium“ an.
Am vergangenen Donnerstag hatten 400 Beamte die Wohnung der Familie Gülböl in der Lausitzer Straße geräumt; Hunderte Demonstranten hatten die Straße blockiert. Die Familie hatte vor Gericht im Streit um eine Mieterhöhung gegen den privaten Vermieter verloren und daraufhin nicht fristgerecht bezahlt. Immer wieder wurden in den vergangenen Jahren Zwangsräumungen von massiven Polizeieinsätzen begleitet. In der Regel waren es bekannte Objekte der linken Szene, wie die Yorckstraße 59, die Brunnenstraße 183, die Liebigstraße 14 oder das Tacheles. Erstmals engagierte sich jetzt die linke und linksextremistische Szene für eine Familie. Künftig müsse jede Räumung von solchen Protesten begleitet werden, ist auf vielen linken Seiten zu lesen. Die Polizei glaubt aber nicht, dass sich die Zahl der Einsätze deutlich erhöhen wird. „Das war eine Ausnahme“, heißt es im Präsidium.
Klaus Lederer sagte, es gehe inzwischen darum, dass Menschen sich massenhaft ihre Wohnungen nicht mehr leisten könnten und aus der Innenstadt verdrängt würden. Wenn dies zu Zwangsräumungen führe, dürfe man es nicht hinnehmen. Dies sei nicht mehr ein „individuelles Phänomen, sondern ein gesellschaftliches Problem“. Der Meinung ist auch Oliver Höfinghoff von den Piraten. Blockaden gegen Räumungen seien „das einzig verfügbare demokratische Mittel“. Er plädiert außerdem für eine Enquetekommission „Soziales Wohnen in Berlin“.
Bei der SPD-CDU-Koalition gibt es kein Verständnis für Lederer. Die SPD-Fraktion ist gegen ein Moratorium. Wenn Mieter nicht bezahlen, müsse eine Räumung möglich sein. Die CDU-Fraktion warf Lederer „Anbiederung an die autonome linke Szene“ vor, um neue Wählerschichten für die Linkspartei zu rekrutieren. Lederer zeige mit seinen Äußerungen, welches Rechtsstaatsverständnis er habe. Die Aufforderung zu zivilem Ungehorsam bedeute Militanz und nehme Ausschreitungen bei Räumungen in Kauf.
Der grüne Abgeordnete Dirk Behrendt stellte am Sonntag bei der Staatsanwaltschaft Strafanzeige gegen die Gerichtsvollzieherin, die am Donnerstag die Räumung vollzogen hat, wegen Missbrauchs einer Polizeiuniform. Die Polizei hatte sie mit Uniformteilen ausstaffiert, um sie unauffällig ins Haus zu bekommen. Jörn Hasselmann/Sigrid Kneist
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