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Heilige Kuh. In Brandenburg wagte es kein Innenminister, das Polizeiorchester anzutasten. Der Rechnungshof sieht in aktueller Größe kein Existenzrecht.

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Prüfbericht des Landesrechnungshofs Brandenburg: Polizeiorchester bläst Trübsal

Brandenburgs Rechnungshof möchte das 54-köpfige Ensemble der Landespolizei halbieren. Die Prüfer rügen auch, dass in vielen Fällen keine Gebühren kassiert werden

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Potsdam - Alle Jahre wieder. Brandenburgs Rechnungshof rügt Verschwendung, Schlendrian und Versäumnisse im Umgang mit Steuergeld. So war es auch, als Präsident Christoph Weiser am Freitag in Potsdam den „Jahresbericht 2015“ der obersten Finanzkontrollbehörde vorstellte, ein 256-Seiten-Werk auf Hochglanzpapier. Weiser mahnte einen sparsamen Umgang mit Landesmitteln an. Die aktuellen Herausforderungen um die Aufnahme und Integration von Flüchtlingen kommentierte Weiser so: „Es ist nicht die Stunde der Rechnungshöfe, es ist die Stunde der Exekutive. Wir sollten uns da mit wohlfeilen Ratschlägen zurückhalten.“ Gleichwohl mahnt der Rechnungshof erneut, eine Schuldenbremse in Brandenburgs Landesverfassung aufzunehmen. Dies wäre die einzige Möglichkeit, um künftige Haushalte beim Landesverfassungsgericht anfechten zu können. Eine Auswahl aus den Rügen und den Empfehlungen.

Teures Polizeiorchester

Berlin hat seins schon 2004 aufgelöst. In Brandenburg wagte es es kein Innenminister, das Polizeiorchester anzutasten. „So wie es jetzt aufgestellt ist, hat es keine Existenzberechtigung“, rügt nun der Hof. „Es trägt auch kaum Kultur ins Flächenland.“ Gefordert wird eine Halbierung des 54-köpfigen Berufsblasorchesters. Es ist eines der größten Deutschlands. Dabei sei eine kriminalpräventive Wirkung sei nicht belegt, trete das Orchester zwar oft in Potsdam, aber kaum im Lande und nur selten an Schulen auf. „Jede Schule Brandenburgs kann alle 33 Jahre mit einem Besuch rechnen.“ Man gab Gastspiele in Nordrhein-Westfalen, selbst in der Schweiz, wo jedes Mal die Reisekosten einige Tausend Euro höher als die Einnahmen waren. Sogar bei einem Bikerfestival sei die Polizeicombo aufgetreten, Zitat: „Die Darbietung korrespondierte mit der Erwartungshaltung nur in geringem Maße. Dies brachten mehrere Biker auch dadurch zum Ausdruck, dass sie den Musikern ihre entblößten Gesäße zuwandten.“ Zudem seien auf der Bühne „Damen in verführerischen Positionen“ aufgetreten, mit „geschlechterstereotypischen Zurschaustellungen“, was den Regierungszielen zur Geschlechtergerechtigkeit widerspreche. Der Hof bezweifelt, dass das ein „geeigneter Rahmen“ für eine Polizeiband war. Und dann die Kosten: Ein Auftritt in Brandenburg kostet den Steuerzahler etwa 17 000 Euro. Von 2010 bis 2013 gab das Land fast 10,3 Millionen Euro für das Orchester aus. Einnahmen erzielte es in diesem Zeitraum lediglich in Höhe von insgesamt 128 400 Euro. Denn es verzichtete sogar auf Einnahmen. Und dann gibt es da noch einen Förderverein. Der Rechnungshof hatte aber eher den Eindruck, als würde das Polizeiorchester den Verein fördern, etwa durch kostenfreie Auftritte.

Was Innenministerium und Polizei zu dem Prüfbericht sagen, lesen Sie hier.

Zu niedrige Polizeigebühren

Brandenburg gilt als „Blitzerland“, doch bei den sonstigen Gebühren ist die Polizei großzügig. Alle anderen Bundesländer außer Sachsen-Anhalt nähmen mehr, etwa für die Begleitung von Schwertransporten, Einsätze nach Falschalarmen, für Akteneinsicht. In Mecklenburg-Vorpommern etwa seien die Gebühren doppelt so hoch. So nehme Brandenburgs Polizei für die Bergung von Wasserfahrzeugen nichts, Sachsen aber schon. Im Lausitzer Seenland fahren beide Polizeien Streife. „Da kann ein Bootsfahrer nur hoffen, dass ihn die Brandenburger Polizei aus dem Wasser fischt“, sagte Weiser. Man kassiere auch nicht oder zu wenig für Notrufmissbrauch oder „die Bergung von Hunden, Pferden, Kühen oder eines Lamas“. 2013 hätte die Polizei allein dafür 50 000 Euro mehr einnehmen können. Zudem gibt es bei den Gebühren auch noch extreme regionale Unterschiede. Für die Suche nach hilflosen Personen nahm die Polizei je Einsatz in der Prignitz 6,14 Euro, in der Lausitz 22,88 Euro.

Landesinstitut für Schule und Medien

Es ist eine gemeinsame Einrichtung mit Berlin: Das Landesinstitut für Schule und Medien (Lisum), das etwa die Rahmenpläne für die Schulen erstellt. Gerügt wird, dass das Land Brandenburg nach dem Staatsvertrag die Hälfte der Kosten zahlt, 7,8 Millionen Euro – obwohl es deutlicher weniger Einwohner und Schüler als Berlin hat. Würde stattdessen der übliche „Königssteiner Schlüssel“ angesetzt, wären es 900 000 Euro weniger. Der Rechnungshof fordert deshalb Nachverhandlungen mit dem Land Berlin, dessen Zahlungsmoral kritisiert wird. Es überweise seine Anteile „in der Regel bis zu zwei Monate verspätet“ – ohne gemahnt zu werden.

Netzwerke gesunde Kinder

Sie sollen ein Aushängeschild sozialdemokratischer Sozialpolitik sein, die 2006 eingeführten „Netzwerke gesunde Kinder“, von denen es inzwischen – entsprechend den Kreisen – landesweit 18 gibt. Dabei kümmern sich ehrenamtliche geschulte Paten um Schwangere, junge Mütter und Familien. „Es ist eine gute Sache“, sagte Weiser. Doch die Überprüfung des Rechnungshofes ergab, dass „Qualitätsstandards ungenügend überwacht werden“. Obwohl die für das Netzwerk vorgesehenen Mittel von 1,2 Millionen Euro in den letzten Jahren nie ausgeschöpft worden seien, kritisiert der Hof, sei der Titel für die Folgejahre auf 2,6 Millionen Euro aufgestockt worden. „Die ministerielle Steuerung war nicht ausreichend“, so der Bericht. „Das Anliegen verdient eine effektive Arbeit.“

Studentenwerke Potsdam und Frankfurt

Die beiden Studentenwerke in Potsdam und Frankfurt (Oder), die Mensen und Wohnheime betreiben, sind ins Visier der Prüfer geraten. Die Feststellung: „Die beiden Studentenwerke des Landes sind finanziell exzellent aufgestellt, obwohl sie ihre Einnahmemöglichkeiten keineswegs ausschöpfen.“ Der Rechnungshof fordert, dass die jährlich 4,5 Millionen Euro staatlichen Zuschüsse jährlich auf den Prüfstand gestellt werden. „Der Rechnungshof sieht es kritisch, dass der Gesetzgeber den staatlichen Zuschuss 2015 und 2016 um jeweils 200 000 Euro aufgestockt hat“ – denn die Semesterbeiträge der Studenten von 2003 bis 2013 seien unverändert geblieben. „Ebenso wurden die Essenspreise für Gäste und Mitarbeiter zehn Jahre nicht erhöht“, so der Bericht.

Preußische Schlösserstiftung

Manchmal ist es teurer, wenn kein Geld ausgegeben wird. So wie bei der Preußischen Schlösserstiftung Berlin-Brandenburg, die seit Jahren über zu wenig Geld für die Unterhaltung, Instandsetzung und Restaurierung der Baudenkmäler mit Weltkulturerbe-Status klagt. „Der Rechnungshof hält es für erforderlich, das Budget für den Bauunterhalt mittelfristig zu erhöhen.“

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