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Brandenburg: Polizist zeigt Polizisten an

Grundloser Pfefferspray-Einsatz am 1. Mai. Auf eine Neuköllner Wache flogen Brandsätze

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Berlin - Es war der friedlichste 1. Mai, und es war die friedlichste Debatte im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses über den 1. Mai. Die Parteien lobten einmütig den Einsatz der Polizei. Getrübt wurde die Bilanz nur durch ein Youtube-Video, das einen Polizisten zeigt, der Reizgas auf Demonstranten sprüht. Polizeipräsident Klaus Kandt sprach am Montag auf der Sitzung des Ausschusses von einem „offenbar grundlosen“ Einsatz des Reizgases.

Das Präsidium kennt das am 2. Mai bei Youtube hochgeladene Video erst seit Sonntag; es zeigt eine zehnsekündige Szene am Kottbusser Tor, in der der Beamte das Reizstoffsprühgerät – ohne bedroht zu sein – aus der Tasche zieht und einem Mann direkt ins Gesicht sprüht. Anschließend wendet sich der Beamte ab – hin zu der Person, die filmt. Die Szene bricht dann sofort ab. Sollte sich der Vorwurf bestätigen, „kann ich mich nur in aller Form entschuldigen“, sagte Kandt. Ermittelt wird gegen einen stellvertretenden Gruppenführer, der am Wochenende von seinem Vorgesetzten, dem Chef der Einsatzhundertschaft der Direktion 5 wegen Körperverletzung im Amt angezeigt worden war.

Befragt wurde der beschuldigte Beamte noch nicht, er bleibt bis zur Klärung im Dienst, sagte Polizeisprecher Stefan Redlich. Die Polizei will jetzt Kollegen befragen und weitere Videoaufnahmen suchen. Insgesamt gibt es bislang drei Ermittlungsverfahren gegen Beamte an diesem 1. Mai. Wie üblich sei eine Ermittlungsgruppe eingesetzt worden, die diese Anzeigen bearbeite, sagte Kandt.

Auf der anderen Seite wurden insgesamt 65 Personen festgenommen. Von diesen wurden acht dem Haftrichter vorgeführt, lediglich ein Mann kam in Untersuchungshaft. Die anderen sieben erhielten gegen Auflagen Haftverschonung.

Einer von ihnen, ein 23-jähriger Student, meldete sich inzwischen bei dieser Zeitung und bestritt, ein Gewalttäter zu sein: Ein Polizist habe ihn beschuldigt, eine Flasche geworfen zu haben, doch „das habe ich nicht“, sagte der junge Mann. Videoaufnahmen, die den Landfriedensbruch bewiesen, habe die Polizei nicht. Erst nach mehr als 20 Stunden sei er wieder auf freien Fuß gekommen, Kleidung und Mobiltelefon seien beschlagnahmt worden, kritisierte der Student.

Bislang keine Festnahme gab es hingegen wegen eines Brandanschlags auf den Polizeiabschnitt 54 in der Neuköllner Sonnenallee. Unbekannte hatten am Montag gegen 6.20 Uhr dort mehrere Brandsätze auf den Hof des Gebäudes geworfen. Auf dem Parkplatz wurden zudem Überreste von zwei weiteren Brandsätzen gefunden. Der für politische Delikte zuständige Staatsschutz ermittelt. Jörn Hasselmann

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