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„Radikale Kurskorrektur in Integrationspolitik“: Brandenburgs frühere Integrationsbeauftragte verlässt die SPD
Doris Lemmermeier, von 2013 bis 2024 Integrationsbeauftragte Brandenburgs, tritt aus der SPD aus. Anlass ist die neue Verortung des Themas Integration im Potsdamer Innenministerium.
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Brandenburgs frühere Integrationsbeauftragte Doris Lemmermeier ist aus der SPD ausgetreten. Damit zieht sie eine Konsequenz aus der neuen Verortung des Themas Integration im Potsdamer Innenministerium.
Wie Lemmermeier, die von 2013 bis 2024 Integrationsbeauftragte des Landes war, in einer Erklärung, die dem Tagesspiegel vorliegt, schreibt, sei die Umgliederung in der Landesregierung eine „radikale und gefährliche Kurskorrektur in der Integrationspolitik“.
„Integration ist maximal noch mit Arbeit verbunden, jeder soziale Aspekt fehlt und die Abwehr der sogenannten ‚irregulären Migration’ sowie Abschiebung stehen im Zentrum“, erklärte Lemmermeier. Das Innenministerium sei für Sicherheit und Ordnung im Land verantwortlich. Dort seien Polizei und Verfassungsschutz tragende Säulen. „Das Innenministerium ist für die Ausländerbehörden im Land zuständig und vollzieht die Abschiebungen“, so Lemmermeier.

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„Dieser Behörde die Zuständigkeit für die lebendige Integrationslandschaft zu übertragen, macht den Bock zum Gärtner.“ Es könne nicht sein, dass Träger von Integrationsmaßnahmen von der Behörde abhängig seien, die sie zu Recht kritisch begleiteten.
Zuvor im Sozialministerium angesiedelt
„Die unabhängige Tätigkeit der Integrationsbeauftragten, die qua Amt in ihrer Ombudsfunktion für die Menschen mit Migrationsgeschichte in Brandenburg an vielen Stellen mit dem Innenministerium in einen kritischen Dialog treten muss, kann nicht dieser Behörde zugeordnet sein“, so Lemmermeier.
Seit über 30 Jahren seien die Integrationsbeauftragten im Sozialministerium tätig. Integration werde von Ehrenamtlichen, migrantischen Organisationen, Migrationsberatungsstellen, Integrationsträgern und engagierten Einzelpersonen gemacht. „Dort geht es um Willkommenskultur, Teilhabe, Diskriminierung, interkulturelle Kompetenz, Toleranz und Rassismus“, erklärte Lemmermeier. „Themen, die dem Innenministerium fremd sind und fremd bleiben werden.“
Dass diese von der SPD verursacht werden, überrascht, entsetzt und besorgt mich zutiefst.
Doris Lemmermeier, von 2013 bis 2024 Integrationsbeauftragte Brandenburgs
Persönlich sei sie auf Herausforderungen für den Bereich der Integration durch das BSW vorbereitet gewesen. „Dass diese von der SPD verursacht werden, überrascht, entsetzt und besorgt mich zutiefst“, so Lemmermeier. „Gesteigert werden meine Befürchtungen dadurch, dass die bisherige Finanz- und neue Innenministerin in den letzten Jahren demonstriert hat, dass sie von Integration wenig hält und Migrationsberatung sowie Integrationsprojekte für sie unnötig sind.“
Wohlfahrtsverbände kritisieren ebenso
Anfang der Woche hatten bereits die Wohlfahrtsverbände die Ansiedlung der Integrationspolitik beim Innenministerium kritisiert. Innenministerin Katrin Lange (SPD) hatte diese Kritik jedoch als unsachlich zurückgewiesen. Es werde allerdings kein „Weiter so!“ in der Integrationspolitik geben, hatte Lange erklärt. Denn dies stünde „im Widerspruch zu den Erwartungen der weitaus meisten Brandenburger.“
Wörtlich sagte Lange: „Die Erwartung, dass nach den Wahlen und der Regierungsneubildung irgendwie doch alles beim Alten bleiben würde, geht an den veränderten politischen Realitäten in Brandenburg vorbei.“
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