
© Michael Klug/ddp
Von Thorsten Metzner und Alexander Fröhlich: Rätselhafte Depesche aus Hannover
Ingolf Böx, der Käufer der Krampnitz-Kaserne, meldet sich in der Affäre um die Immobilie zu Wort
Stand:
Potsdam – Er hat seit Wochen hartnäckig geschwiegen. Er ist für kritische Medien auch weiter nicht zu sprechen. Gestern etwa, als ihn die PNN auf seinem Handy irgendwann erreichte, legte er sofort wieder auf. Trotzdem hat sich nun ein gewisser Ingolf Böx, 66 Jahre, der schillernde Anwalt aus Hannover, jene Schlüsselfigur der aktuellen Finanz-Affäre in Brandenburg, die im Sommer 2007 über ein raffiniertes Firmengeflecht die 112 Hektar große Kaserne in Krampnitz vom Land Brandenburg kaufte, erstmals überhaupt öffentlich zu Wort gemeldet. Er tut dies aus der Ferne, auf vertrauten Terrain – via „Hannoversche Allgemeine Zeitung“. Das Blatt, für das Böx als „gut vernetzter Mann mit vielen Verbindungen“ gilt, zitiert ihn so: „70 Jahre ist auf dem Gelände nichts passiert. Jetzt kommen wir Hannoveraner und werden mit Dreck beworfen.“
Zwar geschah, ehe die ganze Affäre aufflog, ehe der Mann aus Hannover als Eigentümer überhaupt bekannt wurde, seit dem Verkauf des ruinösen Areals dort nichts Sichtbares. Aber nicht deshalb bringen seine Aussagen das vom Linken Helmuth Markov geführte Finanzministerium, das mit Böx vor einigen Wochen selbst ein Krisengespräch führte, erneut in die Bredouille. Was der „feine Herr Böx“, wie er in Potsdamer Amtsstuben inzwischen mittlerweile sarkastisch genannt wird, via „Hannoversche Allgemeine“ jetzt kundtut, widerspricht vielmehr eklatant dem, was das Finanzministerium dem Haushaltskontrollausschuss des Landtages vor einigen Wochen mitteilte. Und zwar unter Berufung auf Böx - dem das Ministerium da zumindest noch Glauben schenkte.
Böx bestätigt nämlich nun auch selbst, was die renommierte dänische Thylander-Gruppe bereits in den PNN erklärt hatte, nämlich, dass sie zwar einmal Interesse für die Immobilie im Norden Potsdams hatte, diese aber nie gekauft hat. Richtig sei, wird Böx nun zitiert, dass die Thylander-Gruppe das Areal ursprünglich habe kaufen wollen – in der Immobilienkrise aber abgesprungen sei. Wann Thylander ausstieg, sagt er freilich nicht. Für den Untersuchungsausschuss des Landtages aber wird dies eine zentrale Frage sein.
Im Gegensatz dazu hatte im Landtagsausschuss die zuständige Liegenschafts-Referatsleiterin Iris-Andrea Stelzig - die im Namen von Markov, auf seine Aufforderung dort Stellung nahm – erklärt, dass auch aktuell für das Finanzministerium die Thylander-Gruppe hinter der Böx gehörenden TG Potsdam steht, die das Areal im Juli 2007 vom Land für 4,1 Millionen Euro gekauft hatte. Stelzig berief sich dabei auf Böx, der ihr einen „Geschäftsbesorgungsvertrag“ mit Thylander „gezeigt“ hatte. Wörtlich sagte sie: „Er hat mir gezeigt, dass er nach wie vor als Projektentwicklungsgesellschafter für die Thylander-Gruppe in Krampnitz tätig ist.“ Freilich, wie PNN berichteten, stand hinter der TG firmenrechtlich nie die Thylander-Gruppe, sondern immer ein Firmengeflecht von Böx, teilweise über seine Sekretärin und Lebensgefährtin Petra Lill. „Als Notar durfte ich selbst keine Geschäftsführung übernehmen, wollte das Management aber gerne in meinem Büro haben“, begründet Böx nun diese seltsame Konstruktion.
Das Finanzministerium unter dem früheren Finanzminister Rainer Speer (SPD) hatte beim Verkauf der Immobilie im Jahr 2007 gegenüber dem Parlament die TG Potsdam als „Unternehmen der Thylander-Gruppe“ vorgestellt, die auch für die Verträge hafte. Warum das Finanzministerium sich dann nicht direkt an den solventen Großinvestor im Hintergrund wandte, als die TG Potsdam in finanzielle Schwierigkeiten geriet, bleibt weiter rätselhaft. Stattdessen kam man Böx mehrfach entgegen, ließ zu, dass das Land im März 2010 zwei Teilflächen zurückkaufte – und dass von der 1,3 Millionen Anzahlung über 700 000 Euro wieder an Böx-Firmen zurücküberwiesen wurden. Und folgt man seinen Aussagen, hätte das Land ihm 2007 die Immobilie, die er für 4,1 Millionen Euro kaufte, eigentlich schenken müssen. Er will Unterlagen vorlegen, wonach das Areal einen „Negativwert von 749 000 Euro“ hatte, wenn man Bodensanierung und Abrisskosten abziehe.
Inzwischen hat Böx, auch das bestätigt er jetzt, die anderen Flächen weiterverkauft – an die auch aus Hannover stammende Immobilien- und Projektierungsgesellschaft „Projekt Rentenvorsorge GbR“ aus Langenhagen, die zwei Teilflächen im Sommer für 7,1 Millionen Euro erwarb. Das Land hat dem aber noch nicht zugestimmt und alles bis zur Klärung der Umstände gestoppt. Die Firma hat sich in Berlin und Magdeburg einen Namen mit der hochwertigen Sanierung von Kasernen zu Wohnungen gemacht.
Die Landtagsopposition drängt weiter auf Aufklärung. Der CDU-Abgeordnete Dierk Homeyer sprach von von einem „Schmierentheater“. Das Finanzministerium hielt sich mit einer Bewertung der Böx-Aussagen zurück. „Wir schauen uns das genau an“, so eine Sprecherin. Grüne-Fraktionschef Axel Vogel sieht sich durch die Depesche aus Hannover darin bestätigt, wie sinnvoll ein Untersuchungsausschuss sei. Und Böx lässt sich so zitieren: „Ich freue mich auf den Untersuchungsausschuss, in dem alles offengelegt wird.“ So offen ist er nämlich, der Krampnitz-Retter aus Hannover.
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