Brandenburg: Rautenberg bringt der SPD innere Sicherheit
Brandenburgs Generalstaatsanwalt will sich zwei Monate vor der Bundestagswahl vom Dienst befreien lassen
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Brandenburg/Havel - Brandenburgs Generalstaatsanwalt Erardo C. Rautenberg tritt bei der Bundestagswahl für die SPD als Direktkandidat der SPD im Wahlkreis 60 an, der die Stadt Brandenburg/Havel, große Teile Potsdam-Mittelmarks und kleinere Gebiete von Teltow-Fläming und des Havellands umfasst. Mit dem 64-Jährigen will die SPD nun offiziell das Bundestagsmandat erringen, das bislang Frank-Walter Steinmeier innehatte, der zum Bundespräsidenten gewählt wurde und deshalb nicht mehr für die Bundestagswahl im September kandidiert. Die Sozialdemokraten erhoffen sich mit Rautenberg gute Chancen gegen die Oberbürgermeisterin von Brandenburg/Havel, Dietlind Tiemann, die auf ihre Bekanntheit und die Protestwelle gegen die von der rot-roten Landesregierung geplante Kreisgebietsreform setzt. Die CDU hat sie deshalb auch mit Platz drei auf der Landesliste abgesichert.
Mit Rautenberg versuchen die Sozialdemokraten nun, eine wichtige Flanke zu schließen – bei der inneren Sicherheit, einem Kernthema der Konservativen. Denn der 64-Jährige hat in Brandenburg nicht nur die harte Linie der Justiz gegen den Rechtsextremismus in den 1990er-Jahren maßgeblich vorangetrieben, sondern auch bei der Gefahr durch Islamisten unter Flüchtlingen.
Einen Zusammenhang zwischen seiner Kandidatur und dem bundesweit einmaligen, bereits Anfang 2016 gestarteten Vorgehen der Brandenburger Justiz, die mit Tausenden Ermittlungsverfahren wegen illegaler Einreise Identität und Herkunft der Flüchtlinge feststellen will, wies Rautenberg zurück. Anlass für seine Kandidatur-Entscheidung vom Januar, als bereits feststand, dass Steinmeier ins Schloss Bellevue wechseln würde, sei die Sorge vor dem Aufstieg der AfD. Die habe zu dieser Zeit in Umfragen vor der SPD gelegen. „Ich sehe die AfD als große Gefahr für die Demokratie“, sagte Rautenberg den PNN. „Daher möchte ich meine Erfahrungen im Kampf gegen Rechtsextremismus einbringen.“ Auch in Teilen der AfD mache er rechtsextremes Gedankengut aus. „Dort schwimmen Leute im Strom, die unsere Grundwerte angreifen“, sagte Rautenberg. Durch das Erstarken der Nationalisten in ganz Europa seien die EU und die mit der Wiedervereinigung Deutschlands gewonnene Friedensordnung bedroht. Den einfachen Antworten der Rechtspopulisten bei der inneren Sicherheit wolle er seine Sachkompetenz als dienstältester Generalstaatsanwalt mit mehr als 20 Jahren Diensterfahrung entgegensetzen. Zudem würde die AfD von der sozialen Verunsicherung und von Ungerechtigkeiten profitieren, die Teile der von der SPD verantworteten Agenda 2010 mit den Hartz-IV-Gesetzen verursacht hätten. „Diese Fehler müssen behoben werden“, sagte Rautenberg.
Rautenberg hätte sich das alles aber gar nicht mehr antun müssen, den Wahlkampf, die Termine. Spätestens 2018 hätte er in Pension gehen können. „Ich habe mich in die Pflicht genommen gefühlt“, sagte er. Angesichts der Lage „kann ich mich nicht in den Strandkorb setzen und ein Weinchen schlürfen“.
Welche Rolle Rautenberg auf der Landesliste der SPD für die Bundeswahl spielen wird, ist noch unklar. Nach den neuesten Prognosen gilt ein Wahlsieg in seinem Wahlkreis als wahrscheinlich, auch landesweit liegt die SPD wieder leicht vorn. Er selbst werde jedenfalls keinerlei Ansprüche bei der Platzierung auf der Landesliste stellen, sagte Rautenberg. „Das muss die Partei entscheiden, ich will als Seiteneinsteiger keine Unruhe hineinbringen“, sagte der 64-Jährige.
Der SPD-Landesvorstand wird im April einen Vorschlag für die Landesliste vorlegen. Am 20. Mai entscheidet dann eine Delegiertenversammlung in Potsdam, zu Gast wird dann auch SPD-Bundesvize und Familienministerin Manuela Schwesig sein. Bei den Ortsverbänden hat Rautenberg schon mal überzeugt. Bei der Wahlkreiskonferenz am Freitagabend in Borkheide erhielt er 49 Stimmen, die einzige Gegenkandidatin Lisa Price bekam eine Stimme, bei drei Enthaltungen. Zuvor hatte der 33-jährige Landtagsabgeordnete Erik Stohn aus Jüterbog seine Kandidatur zurückgezogen.
Um jeglichen bösen Anschein zu entkräften, will Rautenberg seinen Posten als Chefermittler zeitweise ruhen lassen. Er will dabei eine Regelung im Beamtengesetz nutzen und sich zwei Monate vor der Wahl vom Dienst befreien lassen – und wird dann auch keinen Beamtensold vom Land beziehen. „Damit sind wir in der heißen Wahlkampfphase aus der Problematik raus“, sagte er. Nach Angaben des Justizministeriums wäre aber selbst das nicht nötig. Demnach müsste Rautenberg den Posten als Generalstaatsanwalt erst räumen, wenn er ein Bundestagsmandat annimmt. Alexander Fröhlich
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