Brandenburg: Rechte Hetze erinnert an 90er-Jahre Verein: Für Flüchtlinge
ist Ausnahmezustand
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Potsdam - Der Dauerstreit um die Flüchtlingspolitik hat nach Ansicht des Vereins Opferperspektive die rechtsextreme Szene in Berlin und Brandenburg angetrieben. „Die rassistische Mobilisierung erinnert stark an die 1990er-Jahre, also ein permanenter Ausnahmezustand für Migranten und andere Zielgruppen rechter Gewalt“, sagte der Geschäftsführer des Vereins Opferperspektive, Marcus Reinert, der Nachrichtenagentur dpa in Potsdam. Seit der Bundestagswahl versuchten Neonazis verstärkt lokale Bürgerproteste gegen neue Flüchtlingsunterkünfte zu starten, sagte Reinert. Meist stünden NPD-Funktionäre und einschlägig bekannte Neonazis der Region dahinter. Sobald bekannt werde, dass eine Flüchtlingsunterkunft geplant sei, erscheine bei Facebook die Seite einer vermeintlichen Bürgerinitiative, die rassistisch Stimmung mache. Die Facebook-Seite „Nein zum Heim in Gransee“ habe beispielsweise innerhalb einer Woche 900 Likes sammeln können.
Auch nach Ansicht der Sicherheitsbehörden gelingt der intern zerstrittenen rechtsextremistischen Szene derzeit in Teilen wieder der Schulterschluss zwischen NPD, Freien Kräften und Kameradschaften. Nach Einschätzung des Innenministeriums und anderer Experten ist die Gefahr im Vergleich zu den 1990er-Jahren aber heute deutlich geringer. Denn bislang hatten Neonazis in Brandenburg mit ihren Aufmärschen aber deutlich weniger Erfolg als etwa in Sachsen. In Brandenburg gebe es inzwischen und auch im Gegensatz zu den 1990er-Jahren, als schwere ausländerfeindliche Ausschreitungen das Land erschüttert hatten, eine Zivilgesellschaft, die sich gegen braune Umtriebe wehrt.
Brandenburg muss nach Angaben des Innenministeriums entsprechend seiner Einwohnerzahl knapp 3,2 Prozent aller Flüchtlinge aufnehmen, die nach Deutschland kommen. 2012 mussten knapp 1400 Menschen untergebracht werden. 2013 kommen voraussichtlich 3400 neue Asylbewerber – darauf war das Land nicht vorbereitet. Im Nachtragshaushalt 2013/2014 wurden nun zusätzlich fünf Millionen Euro zur Verbesserung der Infrastruktur und für Betreuungsangebote eingestellt.
Der mit der Carl-von-Ossietzky-Medaille der Internationalen Liga für Menschenrechte geehrte Verein Opferperspektive wurde 1998 gegründet. Er tritt gegen die Verharmlosung und das Verschweigen von Rechtsextremismus und Solidarität mit den Opfern ein. axf/dpa
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