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Auf dem absteigenden Ast: der ehemalige NPD-Vorsitzende Udo Voigt.

© Foto: dpa

Rechtsextreme in Spremberg: Die Brandenburger NPD versinkt in der Bedeutungslosigkeit

Nicht mehr als 35 Teilnehmer mobilisiert die NPD am Volkstrauertag in den Süden Brandenburgs. Symbolhaft für den Niedergang der Nationaldemokraten.

Mehr als zehn Minuten soll es gedauert haben, bis einem Teilnehmer auffiel, dass die NPD-Fahne Kopf steht. Bei der Abschlusskundgebung der Rechtsextremen in Spremberg am vergangenen Sonnabend hatte man die Flagge zwischen den Fahnen des Deutschen Reiches und des Landes Brandenburg drapiert. Nur achtete offenbar niemand auf die Lesbarkeit des Parteilogos. So berichtete es die „Lausitzer Rundschau“ später. Die Anekdote ist fast exemplarisch für den deutschlandweiten Niedergang der Nationaldemokraten, der auch vor dem Brandenburger Landesverband und seinen Parteifahnen keinen Halt macht.

Lediglich 35 Teilnehmer zählte der NPD-Aufmarsch in Spremberg. Im Vergleich zur letzten größeren Demonstration der Rechtsextremen im Süden Brandenburgs im Mai dieses Jahres in Lauchhammer büßten die Neonazis acht Aktivisten ein. Spremberg wurde sich offenbar vor allem deswegen ausgesucht, weil sich hier einst der Mittelpunkt des Deutschen Reiches befand. 

Udo Voigt erkennt deutsche Grenzen nicht an

Das nahm der ehemalige Bundesvorsitzende der NPD, Udo Voigt, in einer Ansprache zum Anlass, von „deutschen Gebieten unter polnischer Verwaltung” zu sprechen, die seit angeblich „75 Jahren in fremden Händen” sind. Schließlich seien „Danzig, Königsberg, Breslau und Stettin deutsche Städte wie Berlin“, ließ Voigt seine 34 Zuhörer wissen. Dokumentiert wurde die Rede von einem freien Journalisten, der unter dem Alias „pressefuchs“ regelmäßig von Veranstaltungen der extremen Rechten berichtet.

Nun ermittelt die Brandenburger Polizei gegen das prominente NPD-Gesicht. Das erfuhr der Tagesspiegel von einer Sprecherin der Polizeidirektion Süd. Der Verdacht der Volksverhetzung steht im Raum. Auch ein Kamerad von Voigt sieht sich wegen seines samstäglichen Auftretens in Spremberg mit einer Anzeige wegen Volksverhetzung konfrontiert. Der Mann hatte sich mit dem Ausruf „Man sollte euch vergasen” an Gegendemonstranten gewandt. 

Diese waren deutlich in der Mehrheit gegenüber den Rechtsextremen. Parteiübergreifende Bündnisse wie der Brandenburger Ableger der Initiative „#unteilbar” mobilisierten etwa 200 Menschen auf die Spremberger Straßen.

Einstige NPD-Aktivisten nun beim „Dritten Weg“

Wie schlecht es um die Brandenburger NPD tatsächlich steht, macht einen Blick in den Verfassungsschutzbericht des Landes Brandenburg vom vergangenen Jahr deutlich. Hier findet sich ein Auszug der Staatsschützer, in dem der einstige starke Landesverband der Nationaldemokraten in der Mark als „kaum noch handlungsfähig” bezeichnet wird. Lediglich einzelne Regionalverbände seien noch mit „sporadischen Veröffentlichungen auf Facebook in Erscheinung getreten”, heißt es weiter. Diese Internetbeiträge weisen in der Regel jedoch nicht mal einen regionalen Bezug auf, analysieren die Verfassungsschützer. 

Doch wohin treibt es die Rechtsextremen, die vor einigen Jahren noch dutzende Mandate in brandenburgischen Kreistagen und Gemeindevertretungen innehatten? Zum einen hat die AfD, deren Brandenburger Ableger vom Verfassungsschutz als rechtsextremer Verdachtsfall beobachtet wird, mit Landtagswahlergebnissen von über 20 Prozent längst die Oberhand im rechten Spektrum gewonnen.

Zum anderen macht sich die Neonazi-Partei „Der Dritte Weg” seit Beginn der Corona-Pandemie auch in der Mark breit. Nicht wenige einstige Aktive der NPD sind auf Demonstrationen nun plötzlich in Kleidung der traditionell grün-beigen Rechtsextremisten des „Dritten Weges” zu sehen. 

Die Entwicklung weg von der NPD ist mittlerweile soweit vorangeschritten, dass selbst Social-Media-Profile der „Jungen Nationalisten”, der Jugendorganisation der selbsternannten Nationaldemokraten, plötzlich Werbung für Aktionen des „Dritten Wegs” verbreiten. Im Brandenburger Verfassungsschutzbericht 2021 heißt es in einem Abschnitt zu der Jugendorganisation: „Einzig die (...) Jungen Nationalisten streben in Brandenburg zumindest danach, ein gewisses Aktivitätsniveau aufrechterhalten zu wollen. Es bleibt abzuwarten, ob die Mutterpartei noch Restpotenziale hat, die davon inspiriert werden können.” Aktuell sieht es nicht danach aus.

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