Von Thorsten Metzner: Rot-Rot besiegelt radikale Polizeireform
CDU-Politiker Petke warnt vor „Schönwetterpolizei!“. SPD-Innenminister Woidke kontert: „Gute Polizeiarbeit in jedem Winkel“
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Potsdam - Die rot-roten Reihen standen, es gab keinen Abweichler – um die Polizei im Land drastisch zu verkleinern: Trotz erheblicher Widerstände und kontroverser Debatten bis zum Schluss hat der Landtag grünes Licht für die „Polizeistrukturreform 2020“ gegeben, mit der die Führungsstrukturen radikal verschlankt und 1900 von 8900 Stellen bei der Polizei gestrichen werden. Den Auftakt dafür bildet das am Donnerstag mit rot-roter Mehrheit (51 Ja, 24 Nein, 1 Enthaltung) verabschiedete Gesetz, mit dem ab 2011 ein zentrales Landespolizeipräsidium in Potsdam gebildet wird. Es geht aus den bisherigen Präsidien Potsdam und Frankfurt (Oder), Teilen des Innenministeriums, dem Landeskriminalamt und der Landeseinsatzeinheit LESE hervor. Statt 15 Schutzbereiche soll es künftig vier Direktionen geben. An die Stelle von 50 Vollzeit-Wachen sollen 15 Polizeiinspektionen im 24-Stunden–Betrieb treten. Hinzu kommen weitere 35 Reviere, die teilweise aber nur tagsüber besetzt sein werden. Gegen die Pläne hatte eine Volksinitiative 97 000 Unterschriften gesammelt. Die Opposition aus CDU, Grünen und FDP votierte gegen das Gesetz, das noch der frühere Innenminister Rainer Speer (SPD) vorgelegt hatte. Und das im Landtag noch einmal für einen heftigen Schlagabtausch sorgte.
Jede fünfte Stelle bei der Polizei zu streichen, sagte der CDU-Innenexperte Sven Petke, sei ein „Anschlag auf die Sicherheit im Land“. Brandenburg bekomme eine „Schönwetter-Polizei“. Die werde präsent sein, wenn nichts passiert, „aber sofort an Grenzen stoßen, wenn etwas passiert“. Woidke habe nicht den Mut gehabt, „den politischen Egotrip Speers“ zu korrigieren.
Mit 7000 Polizisten könne man qualitativ gute Polizeiarbeit „in jedem Winkel des Landes“ gewährleisten, widersprach Innenminister Dietmar Woidke (SPD). Brandenburg werde 2020 immer noch eine höhere Polizeidichte als Sachsen haben, wo gerade die CDU/FDP-Regierung eine ähnliche Reform „Polizei Sachsen 2020“ starte. In Brandenburg würden dann auf einen Polizisten 360 Einwohner kommen, in Sachsen aber 404 Einwohner. Während in Brandenburg dann ein Revierpolizist für 4500 Einwohner zuständig sein werden, seien es dann in Sachsen 7500 Einwohner.
Nach seinem Amtsantritt hatte Woidke die Pläne seines Vorgängers Speer zumindest teilweise korrigiert. Dieser hatte von den 50 Rund-Um-die-Uhr-Wachen nur „15 plus X“ Wachen übrig lassen wollen, was einen Sturm der Entrüstung hervorrief. Für die Grünen bescheinigte die Abgeordnete Ursula Nonnenmacher Woidke, der ein „umsichtig, behutsam agierender Minister“ sei, Fortschritte. Dennoch lehnte auch die Grünen das Gesetz ab, da die 97 000 Unterschriften der Volksinitiative – die damit Stimmen eines in Brandenburg so noch nie erfolgreichen Volksbegehrens erreichte – ignoriert worden seien. Für die FDP warnte der Innenexperte Hans-Peter Goetz vor einer wachsenden Belastung der Polizei, die im Wach- und Wechseldienst schon heute überlastet sei. Dass Rot-Rot regelmäßig argumentierte, dass Brandenburg nach der Reform eine Ausstattung der Polizei wie in Schleswig-Holstein haben werde, könne er nicht nachvollziehen. Goetz: „Dort gibt es zwei Meere als Grenze und die Aufklärungsquote ist die schlechteste bundesweit.“
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