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Von Thorsten Metzner: Rot-Rot gegen die Birthler-Behörde
Opposition empört über Attacken aus der Koalition auf Bundesbehörde und Medien
Stand:
Potsdam - Nach der Regierungserklärung von Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) zum Fehlstart von Rot-Rot sorgen Angriffe aus der Koalition gegen die Berliner Stasi-Unterlagenbehörde und gegen Medien weiter für Wirbel. Am Samstag sprach die Opposition aus CDU, FDP und Grünen im Landtag von „Ablenkungsmanövern“, wie es etwa CDU-Fraktionschefin Johanna Wanka nannte. „Man kann nicht die Stasi-Unterlagenbehörde dafür verantwortlich machen, dass Brandenburg noch kein gesetzliches Überprüfungsverfahren zustande gebracht hat“, erklärte Grünen-Fraktionschef Axel Vogel. Auch der Vorwurf von SPD-Fraktionschef Dietmar Woidke, der Medien eine „Treibjagd“ vorgeworfen hatte, sei absurd. SPD-Generalsekretär Klaus Ness hatte von einer „Hexenjagd“ gesprochen. Andere SPD- und Linke-Politiker hatten sich ähnlich geäußert.
In der Debatte um die Regierungserklärung hatte Woidke beklagt, dass die Stasi-Unterlagenbehörde BStU für Medien Unterlagen über Linken-Landtagsabgeordneten freigegeben hatte, aber nicht gleichzeitig den Landtagspräsidenten informiert. Eine Kritik, die Landtagspräsident Gunter Fritsch (SPD) am Samstag noch einmal bekräftigte. Nach Rechtsauffassung der Landtagsverwaltung sei die Birthler-Behörde dazu verpflichtet, was diese allerdings nun schon seit Tagen entschieden dementiert.
Brandenburg, so die BStU, habe gar kein geltendes Gesetz zur Stasi-Überprüfung der Abgeordneten – erst auf einer solchen Grundlage könne die Behörde aber handeln. Aus der Behördenleitung hieß es dazu am Sonntag, Fritsch habe genauso ein Recht darauf, informiert zu werden, „wie sein Hausmeister oder der Frisör eines Abgeordneten: nämlich keines.“ Bisher lägen nur Einzelanträge von Abgeordneten vor. Nur denen stehe dann auf ihre eigenen Anträge hin eine Benachrichtigung zu. Fritsch sei von nicht einem Abgeordneten als Vertreter eingesetzt worden. Brandenburg könne sich aber jederzeit in „Ländern, die fast 20 Jahre Erfahrung in der Vergangenheitsaufarbeitung haben, erkundigen, wie das geht“, hieß es. Bei Bedarf berate auch die BStU gern. Wenn Brandenburg davon ausgehe, dass Fritsch über Aktenherausgaben informiert werden müsse, dann solle es mitteilen, wie ein solches Verfahren funktionieren soll: Es könne nicht bei jeder Anfrage über einen Ex-Stasi-Täter aus jedem Winkel der Ex-DDR „geguckt werden, ob der heute in Brandenburg Politik macht“.
Laut Fritsch wird soll ein Gesetzentwurf zur Regelung der Stasi-Überprüfung im Dezember im Landtag beschlossen werden. Nach einem am Sonntagabend aus Koalitionskreisen bestätigten Vorabbericht der Morgenpost, liliegt der Gesetzentwurf intern nun vor. Demnach soll be der Birthler-Behörde sollen laut Entwurf auch Informationen über Personen angefragt werden, die gegenüber Mitarbeitern der Stasi weisungsbefugt waren und solche, die als IM für die Kriminalpolizei arbeiteten. Parlamentarier, die nach dem 12. 1.1990 das 18. Lebensjahrvollendet haben, sollen nicht überprüft werden.
Die Linke setzte am Wochenende den nach der Stasi-Enttarnung aus der Fraktion ausgetretenen Abgeordneten Gerd-Rüdiger Hoffmann weiter unter Druck, auch sein Mandat niederzulegen. Hoffmann lehnt dies, anders als die Abgeordnete Renate Adolph, bisher ab. Regierungschef Platzeck hatte das „dramatische Versagen“ der beiden Politiker als Ursache der rot-roten Krise genannt.
Hoffmanns Rechtsanwalt, Peter-Michael Diestel, sagte am Sonntag: „Mein Mandant wird auf keinen Fall sein Mandat niederlegen“. Allerdings bleibe Hoffmann bei seiner Äußerung, sollte es einen flächendeckenden Rücktritt von Menschen mit ähnlicher Vergangenheit geben, dann würde er selbst auch über diesen Schritt nachdenken.
Seit langem ist bekannt, dass Kaiser und der Landesvorsitzende der Linken, Thomas Nord, sowie der innenpolitische Sprecher der Landtagsfraktion Hans-Jürgen Scharfenberg einst als Stasi-IM und der Abgeordnete Axel Henschke als hauptamtlicher Mitarbeiter dienten. Die erst auf Druck ihrer Partei vom Posten als Landtagsvizepräsidentin zurückgetretene Linke-Abgeordnete Gerlinde Stobrawa wurde zudem vom MfS als IM „MArisa“ geführt. Stobrawa, einst ranghohe SED-Funktionärin im DDR-Bezirk Frankfurt (Oder), bestreitet dies auch nach Auftauchen von belastenden Unterlagen aus Opferakten weiter und lehnt einen Mandatsverzicht ab.(mit pet, dpa)
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