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Gesundheitsbericht: Rund 800 dauerkranke Polizisten im Land

In Brandenburgs Polizei fällt jeder Beamte im Jahr wegen Krankheit im Durchschnitt 32 Tage aus, ein Rekordwert in Deutschland.

Stand:

Potsdam - 791 Polizisten – also knapp jeder zehnte – sind infolge von Langzeiterkrankungen ständig außer Gefecht, weitere 473 Polizisten nur „eingeschränkt verwendungsfähig“. Diese alarmierenden Zahlen finden sich im „Gesundheitsbericht“ für das Jahr 2011, den das neue, für ganz Brandenburg zuständige Landespolizeipräsidium jetzt vorlegte. „Wir nehmen das ernst. Wir haben das Thema Gesundheitsmanagement in der Polizei permanent im Fokus“, sagte dazu Innenminister Dietmar Woidke (SPD) den PNN. Trotzdem hält er es generell für richtig, dass die Landesregierung jetzt die Erhöhung des Renteneintrittsalter für Beamte von 65 auf 67 Jahren – die Gewerkschaften laufen dagegen Sturm – beschloss und dass dies auch für Polizisten gilt. Schließlich gelte die Rente mit 67 auch für Berufe außerhalb des öffentlichen Dienstes, deren Tätigkeit ebenfalls körperlich und psychisch belastend sei. Woidke sprach sich aber dafür aus, für spezielle, extrem belastete Jobs innerhalb der Polizei Ausnahmen zu machen. „Das sollte möglich sein.“

Nach dem 18-Seiten-Bericht hat die Polizei ein Alters- und Gesundheitsproblem, was miteinander zusammenhängt. Der Altersdurchschnitt beträgt 45,23 Jahre, wobei 69 Prozent der Vollzugsbediensteten älter als 40 Jahre sind, vor allem: Mit 37,5 Prozent ist bei den Polizisten – die Verwaltung also ausgenommen – die Altersgruppe der 50- bis 60-jährigen am größten. Dabei seien die Anforderungen „altersunabhängig gleich“, warnt der Bericht. Im Vergleich zum Vorjahr gebe es „weniger Personal“, dessen „Einsatzfähigkeit ... ständig weiter reduziert wird“. Als Stichworte werden „Dauerkranke“, „Verwendungseinschränkungen“ und „Stellenabbau“ genannt“. Der hohe Krankenstand – 32 Fehltage im Durchschnitt – ist noch brisanter, da auf der anderen Seite immerhin 1319 Bedienste 2011 nie krankheitsbedingt fehlten, die Statistik also noch nach unten drücken. Der Bericht regt eine „Anerkennung“ der Bediensteten ohne Fehlzeiten an, die „motivierend“ wirken könnte. Von den 254 396 krankheitsbedingten Fehltagen in der brandenburgischen Polizei entfielen immerhin 99 434 Fehltage auf Dauerkranke, die länger als 42 Tage ausfallen. Insgesamt, also Polizisten und Verwaltungsangestellte, gibt es 1819 Dauer-Kranke, 12 weniger als 2010. Im Durchschnitt fallen die Langzeit-Kranken in der Polizei pro Jahr 92 Tage aus, 2010 waren es noch 99,5 Tage. Auffällig sind dabei die Polzeidirektion Nord, dort insbesondere „Oberhavel und die Verkehrspolizei.“ Aber nicht nur die Belastung führt zu Ausfällen, auch Dienst-Unfälle – 2011 immerhin 556, mit der Folge von 9000 Krankentagen – bleiben trotz sinkenden Trends ein Problem. Besonders gefährlich ist dabei offenbar der Dienstsport, der einen Anteil von 22,84 Prozent an den Dienstunfällen ausmacht, gegenüber Wegeunfällen mit 15,65 Prozent und Verletzungen durch Attacken mit 18,71 Prozent.

Der Gesundheitsbericht weist „kritisch und realistisch“ darauf hin, dass sich das Gesundheitsproblem verschärfen wird, wenn es im Zuge der Polizeireform beim vorgesehenen Stellenabbau von derzeit knapp 8000 Stellen bis 2020 auf mindestens 7000 Stellen bleiben sollte. Innenminister Dietmar Woidke (SPD) ist seit geraumer Zeit dabei, die Zielzahl seines Vorgängers Rainer Speer (SPD) an die Realitäten einer hohen Kriminalitätsbelastung – etwa in den Grenzregionen und rings um Berlin – aber auch die hohen Unfallzahlen anzupassen, doch noch nach oben zu korrigieren. Dies fordern auch die Gewerkschaften, die CDU- und FDP-Opposition im Landtag, aber auch der Linke-Abgeordnete und frühere Bundespolizist Jürgen Maresch aus den Reihen der rot-roten Koalition. CDU-Innensprecher Björn Lakenmacher forderte am Donnerstag, den Stellenbedarf an Polizisten „endlich ehrlich zu ermitteln“, und „zwar auf Grundlage einer schonungslosen und fachbasierten Aufgaben- und Sicherheitsanalyse für Brandenburg“. Entgegen allen Beteuerungen habe sich „die Polizei aus der Fläche des Landes zurückgezogen“, sei „ vor allem die Eigentumskriminalität dramatisch angestiegen“, sagte Lakenmacher. Brandenburgs Polizei sei an der Grenze der Belastung. „Dabei ist es gleichgültig, ob der unverantwortliche Aderlass bei der Polizei nach den Plänen der Landesregierung nun bei 7000 oder 7400 Stellen stoppen soll.“

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