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Brandenburg: Schwedts Blick in die Zukunft

Nach Schließung der Kinderklinik schaltet sich Platzeck ein

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Potsdam/Schwedt - Für Experten ist es zwar nur ein Vorgeschmack auf das, worauf sich Brandenburgs Randregionen in Zukunft einstellen müssen. Für Eltern in Schwedt und der Uckermark aber ist es ein tiefer Einschnitt in die Lebensqualität. Vor knapp zwei Wochen hatte die Leitung des Schwedter Krankenhauses die Kinderabteilung mit 20 Betten wegen Ärztemangels geschlossen – vorübergehend, hieß es. Besserung ist allerdings nicht in Sicht. Klinik-Geschäftsführer Michael Jürgensen warnt vor einer Kettenreaktion und dem Weggang weiterer Mediziner. In Notfällen müssen Eltern mit ihren kranken Kindern nach Eberswalde (Barnim) oder Pasewalk in Vorpommern fahren, die etwa 45 Minuten Fahrzeit entfernt liegen.

Die Lage ist inzwischen so dramatisch, dass sich jetzt Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD), der seinen Wahlkreis in der Uckermark hat, und Gesundheitsministerin Anita Tack (Linke) einschalten. Am Mittwoch wollen sich beide mit Politikern aus der Uckermark und der Geschäftsführung des Asklepios-Klinikums zu einem Krisengespräch treffen. Uckermärkische Politiker und Unternehmen kritisierten in einem offenen Brief die Vorgänge in Schwedt als nicht akzeptabel. „Die medizinische Infrastruktur wird immer mehr zum harten Standortfaktor“, heißt es in dem Papier. Der „medizinische Versorgungsauftrag“ müsse erfüllt werden. Auch der Kreistag verabschiedete eine Resolution zum Klinik-Erhalt.

Für die Uckermark ist die Schließung dramatisch, wobei schon seit Jahren in den Randregionen Mediziner, besonders auch Kinderärzte, fehlen und der Nachwuchs für die freien Stellen nur schwer zu begeistern ist. Überdies gehen zahlreiche Ärzte in den nächsten Jahren in Rente, was die Lage noch verschärfen dürfte. Die 35 000-Einwohner-Stadt Schwedt aber ist mit der PCK Raffinerie und mehreren Papierherstellern ein wichtiger Industriestandort und Fixpunkt in der sonst dünn besiedelten und wirtschaftlich schwachen Region – und ist damit auch ein Anker gegen den weiteren Fortzug junger Menschen. Vor einigen Jahren hatte in der Uckermark bereits das kommunale Krankenhaus in Prenzlau seine Geburts- und Kinderstation dichtmachen müssen, weil das Land diese aus dem Landeskrankenhausplan gestrichen hatte.

Auch in Schwedt ist die Personaldecke dünn. Die Klinik-Leitung wirbt seit mehr als zwei Jahren bei Kinderärzten für einen Job dort. Wegen der Randlage Schwedts sei das besonders schwierig, sagte Klinik-Geschäftsführer Michael Jürgensen. Vor zwei Wochen dann musste die Kinderabteilung dicht machen. „Mir bleibt keine andere Wahl“, sagte Jürgensen. Nur ein Chefarzt und zwei Assistenzärzte waren noch an der Kinderstation beschäftigt. Da sich der Chefarzt längerfristig krankgemeldet hatte, war die Versorgung nicht mehr zu sichern, hieß es. Jürgensen zufolge benötigt er für den Betrieb der Kinderstation drei weitere Fachärzte.

Gesundheitsministerin Tack hat schon vergangene Woche eine Notlösung vereinbart. Die medizinische Betreuung kranker Kinder in Schwedt wird vorerst mit Ärzten des Werner Forßmann Krankenhauses Eberswalde (Barnim) abgesichert – nach 20 Uhr aber nur per Ferndiagnose via Telemedizin. Die Sprechzeiten der Kinderärztinnen im Medizinischen Versorgungszentrum in Schwedt sollen dafür bis 20 Uhr verlängert werden. Müsse ein Kind sofort ins Krankenhaus, stehe demnächst ein Spezialfahrzeug für Kinder und deren Begleitperson für eine sofortige Verlegung nach Eberswalde bereit, sagte Tack. Sie versprach: „Am Klinikum Uckermark in Schwedt wird es auch künftig rund um die Uhr möglich sein, Kinder einem Kinderarzt vorzustellen.“

Aber ob die Schwedter Kinderabteilung jemals wieder in Betrieb geht, wird inzwischen bezweifelt. Vielmehr zeigen sich im Krankenhaus Auflösungserscheinungen. In der Geburtenstation kündigte ein Oberarzt, in der Geriatrie wollen mehrere Mediziner gehen. Für die AOK-Nordost zeigt Schwedt, welche Problemen Krankenhäuser in den Randregionen künftig ausgesetzt sind. Alexander Fröhlich

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