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Brandenburg: Schwerkranke mit Klinik-Keim infiziert

Charité kämpft erneut mit resistenten Erregern. Zwei Patienten sind bereits gestorben

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Berlin - Erneut versetzt der Ausbruch von antibiotikaresistenten Krankheitserregern in der Berliner Charité die Ärzte in Unruhe. Auf einer Intensivstation des Virchow-Klinikums in Wedding haben sich in den vergangenen Monaten insgesamt elf Patienten mit einem Keim namens Klebsiella Pneumoniae (Klebsiellen) infiziert oder waren mit dem Bakterium symptomfrei besiedelt. Zwei Patienten sind inzwischen gestorben, einer bereits im vergangenen September, eine Frau vor gut zwei Wochen. Beide seien aber ihren schweren Grunderkrankungen erlegen, nicht der Klebsiellen-Infektion, sagte Ulrich Frei, der Ärztliche Direktor der Charité, am gestrigen Dienstag. Aber eine solche Infektion verschlechtere die Chancen der um ihr Leben kämpfenden Menschen.

Die Intensivstation im Virchow-Klinikum ist auf die Betreuung von Schwerstkranken spezialisiert, etwa auf Patienten nach Lungenversagen oder mit schweren Krebsleiden. Derzeit liegen auf der Station, die inzwischen streng isoliert ist, noch sieben Patienten. Drei sind mit Klebsiellen infiziert. Zwei sind mit dem Erreger besiedelt, ohne dass dieser Symptome wie Blutvergiftung, hohes Fieber oder einen Kreislaufzusammenbruch verursacht habe. Zudem werden zwei Kranke betreut, die zwar Kontakt mit den anderen Patienten hatten, bei denen der Keim aber nicht nachweisbar ist. Eine Genesungsprognose für die Betroffenen zu stellen sei schwierig, da alle an sehr schweren Krankheiten litten, sagt der Intensivmediziner Steffen Weber-Carstensen. „Aber die meisten Patienten werden überleben.“

Genau genommen zählen die insgesamt elf Fälle, in denen Patienten mit den Klebsiellen infiziert oder besiedelt wurden, als zwei Ausbrüche. Die ersten fünf Fälle traten auf der Station bereits zwischen August und November 2012 auf. Im Februar diesen Jahres brach der gleiche Keim erneut aus und befiel sechs Patienten. Nun müsse man klären, ob sich Klebsiellen nach dem ersten Ausbruch trotz intensiver Desinfektion irgendwo auf der Station für einen erneuten Ausbruch verstecken konnten oder der Keim ein weiteres Mal auf die Station gelangte, sagte die Charité-Chefhygienikerin Petra Gastmeier. Da der Erreger genetisch identisch sei, sei die erste Variante die wahrscheinlichere.

Im vergangenen Jahr hatte der Ausbruch eines anderen Darmkeimes namens Serratien auf der Frühgeborenenstation Schlagzeilen gemacht. Damals war der Charité mangelndes Krisenmanagement vorgeworfen worden. Daraus habe man gelernt und wolle nun selbst die Öffentlichkeit ausführlich über den erneuten Fall informieren, sagte der Charité-Chef Karl-Max Einhäupl gestern. Beide Ausbrüche seien auch ordnungsgemäß an das Gesundheitsamt und die Senatsgesundheitsverwaltung gemeldet worden.

Klebsiellen sind natürlich im Darm vorkommende Bakterien, die zu einem erheblichen Krankheitsrisiko werden können, wenn sie in die Lunge oder in den Blutkreislauf gelangen, besonders wenn es Patienten trifft, die ein geschwächtes Immunsystem haben. Besonders problematisch werden diese Keime, weil sie gegen fast alle Antibiotika unempfindlich sind. „Bei deren Behandlung müssen wir auf Antibiotika zurückgreifen, die wegen ihrer Nebenwirkungen schon seit Jahrzehnten nicht mehr eingesetzt wurden“, sagt der ärztliche Direktor Frei. Ingo Bach

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