Brandenburg: Stimmungstest
Statistisch lässt sich bei Kommunalwahlen wie am Sonntag kein Trend für Landtagswahlen ablesen. Diesmal könnte es anders sein: Denn die Parteien machten selbst Stimmung mit Landespolitik
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Potsdam - Den größten Brocken haben die Sozialdemokraten rechtzeitig vor den Wahlen weggeräumt – die Polizeireform, der Daueraufreger im ganzen Land. Vom ursprünglichen Reformziel ist nur noch ein Rumpf übrig, nämlich neue Strukturen mit Präsidium, Direktionen, Inspektionen. Für den Alltag der Menschen spielt das keine Rolle. Bleibt noch der Personalabbau, den haben SPD und Linke in der Landesregierung abgefedert, statt der Zielzahl 7000 werden es nun 7800 Stellen im Jahr 2020 sein. Aktuell sind es 8300. Dann die Reviere: Erst hatte SPD-Landeschef Dietmar Woidke noch als Innenminister ihren Erhalt durchgesetzt, kürzlich erst kam dann die Ansage: Die Reviere bleiben entgegen der ursprünglichen Pläne rund um die Uhr mit Beamten besetzt und werden nachts nicht geschlossen,
Die Brandenburg-SPD hat als klares Ziel ausgeben, bei der Kommunalwahl am Sonntag wieder stärkste Kraft zu werden, wie schon 2008 mit knapp 26 Prozent. Um die weiteren Plätze dürften sich CDU und Linke ein Rennen liefern. 2008 landete die Linke mit 25 Prozent knapp hinter der SPD, die CDU folgte mit 20 Prozent auf dem dritten Platz. Die FDP, der angesichts mieser Umfragewerte ein Scheitern an der Fünf-Prozent-Hürde bei der Landtagswahl droht, ist zumindest kommunal fest verankert und stellte zahlreiche Kommunalparlamentarier und auch Bürgermeister. Die Grünen können vor allem im Berliner Speckgürtel mit guten Ergebnissen und Mandaten rechnen. Überdies spielen in Brandenburg Wählergruppen, Vereinigungen – Bauern, Angler, Freiwillige Feuerwehren – und Einzelbewerber eine große Rolle, die etablierten Parteien dagegen verlieren auf kommunaler Ebene besonders in ländlichen Regionen an Bedeutung. Je kleiner der Ort, desto größer ist häufig der Anteil der Wählergruppen. Andererseits ist dort auch die Wahlbeteiligung höher.
Immerhin 740 Sitze sind in den 14 Kreistagen und 200 Plätze in den Stadtverordnetenversammlungen der vier kreisfreien Städte zu vergeben. Mehr als 5600 Kandidaten gibt es dafür. Insgesamt rund 14 500 Bewerber gibt es für die Vertretungen der kleineren Gemeinden, rund 1000 Kandidaten weniger als bei der Kommunalwahl 2008. Neben 270 ehrenamtlichen Bürgermeistern werden 373 Ortsvorsteher und 1245 Ortsbeiräte bestimmt.
Zwar lässt sich von der Kommunalwahl nur schwer ein Trend für die Landtagswahl im September ableiten. Auch Wahlforscher halten es für problematisch aufgrund von Kommunalwahlergebnissen klare Aussagen für die Landesebene abzuleiten. Es gibt keinen statistischen Zusammenhang. Und zu unterschiedlich sind die Themen vor Ort: In den Gemeinden und Kreisen rund um den neuen Hauptstadtflughafen BER in Schönefeld ist der Fluglärm das Topthema. Woanders sind es Schulen, Busverbindungen, die ärztliche Versorgung, Beiträge für den Straßenbau, Abwasserkosten, aber im Berliner Umland auch das Thema Wohnkosten.
Doch trotz der großen Unterschiede zwischen den Regionen, trotz aller Vorsicht beim Bewerten der Ergebnisse für die Landespolitik: Ein Stimmungsbild wird sich doch ableiten lassen. Etwa für SPD-Landeschef Woidke. Denn der griff persönlich in den Kommunalwahlkampf ein, um am Ende nach der Landtagswahl im September Ministerpräsident zu bleiben. Die Strategie dahinter: Um nach dem Rückzug von Matthias Platzeck die Vormachtstellung der SPD im Land zu verteidigen, muss Woidke als neuer Landesvater und das neue Gesicht der Landes-SPD etabliert sein. Er reiste mit der Veranstaltungsreihe „Küchenkabinett“ durch das Land, er plauderte dabei über sein Leben, es menschelte ordentlich. Es wurden Broschüren gedruckt, der Titel „Mensch Woidke“, darin Fotos aus seiner Jugend mit langen Haaren und von allen Stationen seiner politischen Karriere. Die Brandenburg-SPD, das soll Woidke sein. Bei Platzeck war das ganz ähnlich. Und nicht umsonst betreibt die SPD den größten Aufwand. Sie schickt 1059 Kandidaten auf ihren Listen ins Rennen, so viele wie keine andere Partei oder Wählergruppe. Die CDU hat 887 Kandidaten sowie 78 Kandidaten einer Listenvereinigung, Die Linke 779 Kandidaten und Bündnisgrüne 429 Kandidaten sowie 19 Kandidaten einer Listenvereinigung – Nur SPD und Linke treten in allen 89 Wahlkreisen mit jeweils eigener Liste an. Auch CDU und Grüne treten überall an, teilen sich aber jeweils einmal die Liste mit anderen.
„Wir kämpfen für gute Kitas und Schulen“, sagt die Generalsekretärin der Landes-SPD, Klara Geywitz. Auch die Linke will in den Kommunen mit Landespolitik punkten und verspricht den Kommunen für die nächsten fünf Jahre eine halbe Milliarde Euro für Investitionen in Schienen, Straßen und für die Gebäudesanierung. Zu einem Stimmungstest für die Landtagswahl haben SPD und Linke die Kommunalwahl also ein Stück weit selbst gemacht.
Auch die kleineren Parteien FDP und Bündnisgrüne erhoffen sich entscheidenden Rückenwind für die Landtagswahl. Zumal die FDP: Sie fordert eine bessere Finanzierung der Kommunen durch das Land, damit die Versorgung der Bürger vor Ort gewährleistet werden kann. Und auch die Grünen setzen bei den Kommunalwahlen auf ihre Themen Klimaschutz, ökologische Landwirtschaft und Bildung. (mit dpa)
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