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CDU-Landesparteichef und Innenminister Michael Stübgen.

© Sören Stache/dpa

Nach Personalquerelen im Innenministerium: Stübgen nun wegen Wahlkampftermin in der Kritik

Brandenburgs CDU-Innenminister Michael Stübgen steht wegen seiner Personalpolitik in der Kritik. Nun gibt es auch noch Unmut wegen eines Auftritts im Vorfeld der Bürgermeisterwahl in Senftenberg.

Potsdam - Mit regionalen Schlachtspezialitäten aus der Lausitz wirbt der Landwirtschaftsbetrieb Domin in Senftenberg. „Lernen Sie unseren Hof, unsere Tiere und seit kurzem unsere agroforstlichen Umweltleistungen kennen“, heißt es auf der Homepage. Am Freitagabend bekommt der Hof hohen Besuch: Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU), selbst aus Oberspreewald-Lausitz, hat sich angekündigt. Aber nicht, um privat von der Schlachteplatte zu kosten. 

Der Besuch am Abend wurde bereits in der Lokalpresse verkündet – unter einer Übersicht zu Wahlkampfterminen für die Bürgermeisterwahl am 18. September. Plakate werben in der Stadt zudem für die Veranstaltung : Den CDU-Landesvorsitzenden und Innenminister zu erleben mit Andreas Pfeiffer – dem CDU-Bürgermeisterkandidaten vor Ort. 

Vor zwei Jahren stand Ministerpräsident Woidke wegen Wahlkampfhilfe in der Kritik 

Regierungsmitglieder als Wahlkampfgehilfen – ein hochsensibles Thema in Brandenburg. Ende 2020 stand Ministerpräsident und SPD-Landeschef Dietmar Woidke wegen eines Wahlaufrufs für den SPD-Kandidaten bei der Neuruppiner Bürgermeisterwahl massiv in der Kritik. Woidke gestand den Fehler seinerzeit ein

„Das hätte nicht passieren dürfen“, sagte er. „Ich vertrete selbst seit jeher die Auffassung, dass zwischen Regierungs- und Parteiamt konsequent zu trennen ist.“ Macht nun sein Stellvertreter, Vize-Ministerpräsident Stübgen, einen ähnlichen Fehler? 

Die Linke hält Stübgens vorgehen für unzulässig 

„Das ist unzulässige Wahlbeeinflussung durch ein Mitglied der Landesregierung“, sagt die Innenpolitikerin der oppositionellen Linken im Landtag, Andrea Johlige. Aber auch die Grünen, seit Herbst 2019 mit SPD und CDU in der Regierung, sind über Stübgens Agieren alles andere als amüsiert. 

Paul-Philipp Neumann, Mitglied im Grünen-Landesvorstand, zitiert bei Twitter aus dem Koalitionsvertrag: „Die Landesregierung wird bei ihrer Arbeit konsequent zwischen regierungsamtlichem Handeln und wahlwerbender Öffentlichkeitsarbeit unterscheiden.“ 

Ein Werbeplakat für die Veranstaltung in Senftenberg.
Ein Werbeplakat für die Veranstaltung in Senftenberg.

© Twitter

CDU: Alle Regeln wurden eingehalten 

Ministerium und Partei sehen kein Problem. „Bei dem Termin handelt es sich nicht um einen Termin in der Zuständigkeit des Innenministeriums“, teilt Ministeriumssprecher Martin Burmeister auf Anfrage mit. Deswegen erscheine er auch nicht in der Terminübersicht der Regierung. „Alle Regeln werden eingehalten“, sagt Brandenburgs CDU-Generalsekretär Gordon Hoffmann auf Anfrage und verweist auf Kriterien für regierungsamtliche Öffentlichkeitsarbeit, denen die Landesregierung 2018 noch unter Rot-Rot zugestimmt hatte. 

Die Nutzung der Amtsbezeichnung durch Regierungsmitglieder im Zusammenhang mit Wahlkämpfen sei nicht per se unzulässig, heißt es da. „Entscheidend ist vielmehr, ob das Staatsorgan unter Inanspruchnahme seiner amtlichen Funktion oder amtlichen Ressourcen parteiergreifend auf den Wettbewerb zwischen den politischen Parteien und auf die Willensbildung der Wählerinnen und Wähler einwirkt.“ Das sei bei Stübgen nicht der Fall, so Hoffmann. Er nehme den Termin als CDU-Landeschef wahr, trotzdem sei er nunmal Minister und das dürfe auch genannt werden. „Ein Minister ist auch ein politischer Mensch“, sagte Hoffmann. 

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Der Termin sei vom CDU-Bürgermeisterkandidaten angefragt, dann von der Landes-CDU geprüft und für unbedenklich erklärt worden. Pfeiffer zahle auch die Plakate für die Veranstaltung. „Es werden keinerlei Ressourcen des Ministeriums und damit des Steuerzahlers für diesen Termin genutzt“, sagte Hoffmann. Schließlich habe die Veranstaltung thematisch nichts mit der Aufgabe des Innenministers zu tun. Sprich: Ein Besuch einer Polizeiwache nebst Wahlkämpfer wäre aus Sicht der Partei nicht vertretbar, Schlachtspezialitäten auf dem Ökohof schon. 

Der Koalitionspartner sieht Absprachen verletzt 

Der Fraktionschef der märkischen Grünen, Benjamin Rasche, lässt das nicht gelten: „Nach der Debatte um ein Wahlplakat der SPD zur Bürgermeisterwahl in Neuruppin hatten wir eine klare Aussprache in der Koalition“, sagt er auf Anfrage. „Ich habe erwartet, dass so etwas nicht mehr vorkommt. Die CDU hat seinerzeit den Ministerpräsidenten und Landesvorsitzenden der SPD hart kritisiert und muss nun mit dem gleich Maß messen“, so Raschke. „Hier wird die amtliche Funktion des Innenministers für den Wahlkampf genutzt – da ist es unerheblich, dass der Minister zugleich Landesvorsitzender ist.“  

2018, noch in der Opposition, war die CDU hart mit dem damaligen SPD-Innenminister Karl-Heinz Schröter ins Gericht gegangen, der vor den Landräte-Stichwahlen in Barnim und Ostprignitz-Ruppin zur Unterstützung der SPD-Kandidaten Termine wahrnahm. Ausgelöst wurde die Grundsatzdebatte über Fair Play im Wahlkampf bereits 2014 durch eine Sommertour des damaligen Linke-Finanzministers Christian Görke. 

Kritik wegen Personalpolitik 

Selbst wenn Stübgen mit dem Auftritt am Freitag nicht gegen Regeln verstoßen sollte, ruft er erneut die Kritiker, auch innerhalb der Koalition, auf den Plan. Der Minister steht derzeit wegen mehrerer Personalangelegenheiten unter Beschuss. 

Es geht wie berichtet um den Umgang mit einem Fall von sexueller Belästigung im Ministerium, den Weggang seines persönlichen Referenten wegen angeblich schlechten Arbeitsklimas und die Entfristung der Stelle seiner Büroleiterin, die am Mittwoch auch Thema im Innenausschuss des Landtags war. Überzeugende Antworten blieb er nicht nur aus Sicht der Opposition schuldig. 

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