Showdown im Landtag: Union fordert Platzecks Rücktritt
Die CDU wirft Brandenburgs Landeschef Versagen in der BER-Krise vor. Grüne und FDP sind nicht ganz so hart.
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Potsdam - Wegen des Skandals um den BER-Pannenflughafen hat in Brandenburg die CDU-Opposition erstmals den Rücktritt von Matthias Platzeck gefordert, und zwar als SPD-Ministerpräsident. In einer Sondersitzung des Landtages begründete dies der amtierende Unions-Fraktionschef Dieter Dombrowski am Dienstag in Potsdam damit, dass Platzeck bislang keine Verantwortung für seine Rolle im Flughafendesaster übernehme, stattdessen die „personifizierte Nichtzuständigkeit“ sei, „politisch und moralisch“ versagt habe. Platzeck sei seit 2002 im Flughafen-Aufsichtsrat, habe den jahrelangen rechtswidrigen Billigschallschutz zugelassen, zudem werde der Airport in Brandenburg errichtet, sodass alle behördenrelevanten Fragen in Verantwortung seiner Behörden lägen. „Übernehmen Sie, Herr Ministerpräsident, einmal und glaubwürdig Verantwortung und stellen Sie Ihr Amt zur Verfügung“, sagte Dombrowski. Die Reaktion des Regierungschefs, der unmittelbar danach ans Pult trat, fiel knapp aus: Diese Forderung sei „keinen Kommentar“ wert.
Mit dieser Eskalation steht die märkische CDU, die zum Flughafen eine andere Linie als die Berliner Union und die Bundespartei fährt, bisher allein. Im Berliner Abgeordnetenhaus gibt es bisher keine Fraktion, die den Rücktritt Wowereits als Regierender Bürgermeister fordert. In Brandenburg gehen die anderen Oppositionsfraktionen Grüne und FDP nicht mit. Grünen-Fraktionschef Axel Vogel sprach von „sinnloser Effekthascherei“ der CDU. FDP und Grüne drängen allerdings auf den Rückzug Platzecks aus dem Aufsichstrat, was dieser ablehnt.
In der gut dreistündigen hitzigen Plenardebatte auf Antrag der CDU, in der in der Sache zu den BER-Dauerungewissheiten um Eröffnungstermin, Mehrkosten und Schallschutz keine neuen Fakten bekannt wurden, hatte Brandenburgs Regierungschef zuvor der Union „Heuchelei“ vorgeworfen. Der CDU gehe es nicht um den Flughafen, nicht um die Kosten, sagte Platzeck: „Sagen Sie es doch den Leuten ehrlich: Sie wollen mir an den Kragen!“ Die Union setze darauf, „Angst und Unsicherheit“ um den Airport zu verbreiten, der „langfristig“ aber enorme Effekte für Wirtschaft und Bevölkerungswachstum haben werde, wie es alle Flughafenregionen der Welt vormachen. Mit Blick auf die Landtagswahl 2014 schloss Platzeck, der von 2002 bis 2009 mit der CDU regiert hatte, indirekt eine Regierungskoalition mit der Union aus. Die sei nicht imstande, Verantwortung für Brandenburg zu übernehmen. „Wir werden das Flughafenprojekt zu Ende bringen, solide finanziert“, versicherte der am Vortag gewählte neue Linke-Fraktionschef Christian Görke in seiner Jungfern-Rede. In Brandenburgs Landtag rückten erstmals die Folgen für den Haushalt des finanzschwachen Landes ins Zentrum. Dombrowski rechnete Platzeck vor, dass mit den bisher kalkulierten BER-Mehrkosten von mindestens einer halben Milliarde – vorsorglich hat die rot-rote Regierung über 600 Millionen Euro im Etat 2013/2014 eingestellt – jede zweite Straße im Land saniert, 4500 Lehrer oder Polizisten zwei Jahre bezahlt werden könnten. „Es ist das Doppelte von dem, was Brandenburg jährlich für Kindertagesstätten oder für seine Hochschulen ausgibt.“ Vogel sprach von „Griechenland in Kleinformat“. Er forderte, um die Risiken zu senken, die Privatisierung der staatlichen Flughafengesellschaft, die Berlin, Brandenburg und dem Bund gehört. Die Vorbreitungen dafür müssten jetzt beginnen, bereits vor einer denbaren Auflage aus Brüssel.
Brandenburgs FDP-Fraktionschef Andreas Büttner wiederum erhielt Lob aus den rot-roten Reihen, weil er eine Versachlichung der BER-Debatte forderte und Platzeck für den jüngst gegen Berlin und den Bund durchgesetzten Kompromiss beim Schallschutz ausdrücklich lobte. „Das muss man einmal anerkennen“, sagte Büttner, der das jetzt realisierte Lärmschutzniveau als „volkswirtschaftliche Niederlage“ kritisierte. Dem widersprach der fraktionslose SPD-Abgeordnete Christoph Schulze. Es sei keine Gnade, sondern jetzt werde gemacht, worauf die Leute ein Recht hätten und wogegen der Flughafen acht Jahre verstoßen habe.
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