Brandenburg: Vattenfall streicht bundesweit 1500 Jobs
Auch Cottbus und Berlin sind betroffen. Gewerkschaft warnt vor „irreparablen Schäden“
- Matthias Matern
- Thorsten Metzner
Stand:
Berlin/Cottbus - Der schwedische Staatskonzern Vattenfall, der auch in Brandenburg Tagebaue und Braunkohlekraftwerke betreibt, plant in Deutschland einen radikalen Stellenabbau. Bundesweit sollen 1500 der insgesamt 20 000 Arbeitsplätze gestrichen werden. Betroffen sind die Standorte Hamburg, Berlin und Cottbus. Das teilte der Konzern am Mittwoch in Berlin mit. Wie viele Stellen in Berlin und Cottbus wegfallen werden, ließ Vattenfall offen. Cottbus ist der Sitz der Hauptverwaltungen der Tagebau- und Kraftwerkssparten des Energiekonzerns. In der Lausitz beschäftigt Vattenfall mehr als 8000 Mitarbeiter.
Kommunen, Kammern und Gewerkschaften in Brandenburg wurden von der Nachricht kalt erwischt. Ebenso die rot-rote Landesregierung, die neben dem Ausbau erneuerbarer Energien massiv auf die Kohleverstromung setzt. Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke) forderte bereits am Mittwoch die Konzernzentrale in Stockholm auf, umgehend „über die aktuellen Planungen zu informieren, die Vattenfall in Deutschland verfolgt“, wie Ministeriumssprecher Steffen Streu bestätigte. „Wir fordern vom Unternehmen Klarheit, insbesondere zum eventuellen Abbau von Arbeitsplätzen.“ Der sei bislang für das Ministerium „nicht nachvollziehbar.“
Unklar ist etwa, ob der bereits laufende Abbau von 700 Stellen in Deutschland in den Zahlen enthalten ist, sagte Ulrich Freese, Vize-Bundeschef der Gewerkschaft Bergbau und Energie in Deutschland (IG BCE). „Die Tragödie ist: Für Deutschland trifft die Begründung von Vattenfall nicht zu. In Deutschland hat Vattenfall weder ein Mengenproblem noch ein Kosten- oder Ertragsproblem.“ Erst vorige Woche hatte Vattenfall angekündigt, das sächsische Kraftwerk Lippendorf zu verkaufen. Freese fordert Vattenfall auf, von „Einzelverkäufen“ abzusehen, da dies irreparable Schäden anrichte. „Dann sollte Vattenfall besser nach einem neuen Eigentümer für den gesamten Bereich Mining & Generation suchen.“
Vattenfall hat den angekündigten Stellenabbau unter anderem mit zu geringem Stromabsatz und Kostenproblemen begründet. Im Widerspruch dazu steht, dass Vattenfall für 2012 für seine Lausitzer Kraftwerke und Tagebaue eine Rekordproduktion gemeldet hat. Allerdings tobt in Schweden seit Längerem eine Debatte um die schmutzige Braunkohleproduktion in Deutschland. Die Ankündigung sei unerwartet und „macht betroffen“, sagte der Cottbuser Oberbürgermeister Frank Szymanski (SPD) den PNN. „Es ist unverständlich, weil es wettbewerbsfähige Arbeitsplätze sind, Vattenfall mit der Förderung und Verstromung der Braunkohle Gewinne einfährt.“ Die Stadt werde gemeinsam mit der Gewerkschaft IG BCE für den Erhalt der Jobs und Ausbildungsplätze in der Lausitz kämpfen, sagte Szymanski.
Geschockt reagiert auch der Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Cottbus (IHK), Wolfgang Krüger. Die Nachricht werde die Region weiter verunsichern. „Schließlich hängt die Lausitz als Industriestandort im Wesentlichen von Vattenfall ab“, so Krüger. Es sei an der Zeit, dass die Landesregierung in Schweden klärt, was Vattenfall mit der Braunkohle eigentlich vorhabe, forderte der IHK-Chef. Ansprechpartner sei die schwedische Regierung.
Braunkohlekritiker René Schuster vom Umweltverband Grüne Liga, der zudem im Braunkohleausschuss des Landes sitzt, sieht das Argument vieler Braunkohlebefürworter jetzt entkräftet, dass eine Absage an neue Tagebaue Arbeitsplätze gefährde. „Bislang hat es noch gar keine Genehmigungsentscheidung gegeben. Offenbar wurde der Stellenabbau völlig unabhängig davon beschlossen“, so Schuster.
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