
© dpa/Frank Hammerschmidt
Verband kündigt Strafanzeige an: Morddrohungen gegen Brandenburger Anglerkönigin überschatten Treffen mit Woidke
Der Anglerverband ist der größte Naturschutzverband Brandenburgs. Der Ministerpräsident lobt die Arbeit der Ehrenamtlichen. Doch nicht alle Tierschützer sind mit dem Angeln einverstanden.
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Für Dietmar Woidke (SPD) ist es ein Wohlfühltermin. „Es ist für mich immer wie nach Hause zu kommen“, sagte der Ministerpräsident, als er am Sonnabend am Rednerpult im Dahlewitzer Van-der-Valk-Hotel vor den Delegierten des Verbandstags des Brandenburger Anglerverbands stand.
Als Landwirtschaftsminister hatte Woidke die Angler besucht, als Innenminister und nun auch als Ministerpräsident. Denn die 96.126 im Landesanglerverband organisierten Petrijünger sind eine kleine Macht in Brandenburg. Die Brandenburger SPD bemüht sich deswegen schon seit vielen Jahren um intensive Kontakte zum Anglerverband. Vertreter anderer Parteien waren in Dahlewitz dagegen nicht zu sehen.
Und Woidke konnte den Anglern zu Erfolgen gratulieren. Nicht nur den „Märkischen Anglerkönigen“, etwa der Ketzinerin Christine Hein, die im Mai 2024 einen 2,13 Meter langen Wels in der Oder fing, oder den langjährig Engagierten, die eine Eintragung im Ehrenbuch des Landesanglerverbands erhielten. Sondern auch zu einem Erfolg, der auf der politischen Ebene geangelt wurde: Denn seit 2024 ist der Landesanglerverband auch ein anerkannter Naturschutzverband.
Ihr seid viel schneller, als es die staatlichen Behörden jeweils sein könnten.
Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) lobt die Naturschutz-Arbeit der Angler
„Das war überfällig“, sagte Woidke. „Gerade, wenn man sieht, wie viel ehrenamtliche Arbeit hier geleistet wird.“ Mehr als 360.000 Stunden absolvierten die Angler im Bereich des Gewässerschutzes, der natürlichen Lebensgrundlagen und der Umweltbildung. „Das sind Dinge, die werden öffentlich oft nicht so gesehen“, sagte Woidke.
„Über einen Wels von 2,13 Metern wird berichtet, aber nicht über das, was Ihr sonst so macht: Ihr leistet so viel ehrenamtlichen Naturschutz wie keine andere Organisation.“ Es sei wichtig, „das mit Stolz zur Kenntnis zu nehmen“. Oft seien die Angler die Ersten, die merkten, wenn an einem Gewässer etwas nicht stimme. „Ihr seid viel schneller, als es die staatlichen Behörden jeweils sein könnten.“

© dpa/Christine Hein
Doch das scheinen nicht alle Umweltschützer so zu sehen. Denn nachdem diverse Medien über den Rekordwels der Anglerkönigin berichtet hatten, erhielt diese Morddrohungen militanter Tierschützer, sagte Verbandspräsident Günter Baaske. Man sei „schockiert und entsetzt“ darüber, sagte der mittlerweile aus der SPD ausgetretene ehemalige Landtagsabgeordnete.
An die Adresse der Anglerkönigin gewandt, sagte Baaske: „Du hast alles richtig gemacht, Du hast den Rückhalt von 96.000 Anglern aus Brandenburg.“ Gegenüber unserer Redaktion kündigte Baaske Strafanzeigen gegen die Urheber der Morddrohungen an.
Angler fordern Förderung und Bürokratieabbau
Und auch politisch sind die Angler nicht wunschlos glücklich: Denn mit den anderen Umwelt- und Naturschutzverbänden sind sie noch nicht völlig gleichgestellt. „Im Unterschied zu den anderen Umweltverbänden bekommen wir bislang keine Verbändeförderung, sondern werden nur von unseren Mitgliedern über die Fischereiabgabe finanziert“, sagte Verbandsgeschäftsführer Andreas Koppetzki. Aus Sicht der Angler sollte sich das ändern.
Und auch beim Thema Bürokratieabbau hätte der Verband einige Vorschläge zu machen: „Die Fischereiabgabe für unter 14-Jährige sollte abgeschafft werden“, sagte Koppetzki. Sie beträgt derzeit lediglich 2,50 Euro pro Jahr. „Das ist so eine alberne Nummer“, sagte Anglerpräsident Baaske. „Das ist Bürokratie um der Bürokratie willen, das gehört abgeschafft.“
Ähnlich ist es mit der „Genehmigungspflicht für Gemeinschaftsangelveranstaltungen“: Für jede Genehmigung müssen fünf Euro Gebühren entrichtet werden. „Eine Anzeigepflicht würde hier völlig reichen“, sagt Koppetzki.
Verband will Absenkung des Einstiegsalters
Dazu setzt sich der Verband dafür ein, das Einstiegsalter für das Angeln abzusenken: Denn schon heute ist jeder neunte Angler in Brandenburg jünger als 18 Jahre. Doch bisher können Kinder erst ab dem achten Lebensjahr in Brandenburg alleine angeln. Davor aber ist das Angeln nicht möglich. Wenn ein Sechsjähriger mit seinem Opa ans Gewässer geht, darf er nicht mal die Angel in der Hand halten. „Wir wollen, dass die Kinder das Angeln lernen können“, sagt Anglerpräsident Günter Baaske. „Wir wollen die Kinder und Jugendlichen schließlich ans Angeln heranführen.“
Bei Dietmar Woidke stießen diese Vorschläge indes auf offene Ohren. „Ich habe gerade noch mit Landwirtschaftsministerin Hanka Mittelstädt (SPD) telefoniert“, sagte der Ministerpräsident vor den Delegierten. Die Vorschläge des Anglerverbands würden im Ministerium intensiv geprüft. „Wenn ich das vor einem Jahr gesagt hätte, wäre ich mir nicht so sicher gewesen“, setzte der Ministerpräsident eine kleine Spitze in Richtung des früheren Umwelt- und Landwirtschaftsministers Axel Vogel (Grüne). „Aber sie werden auch, weil sie vernünftig sind, zeitnah umgesetzt.“
Und auch damit rannte er bei den Anglern offene Türen ein. „Mir ist traumatisch in Erinnerung, wie ich 2022 und 2023 mit dem bisherigen Umweltminister an der Stepenitz unterwegs war, als die Stepenitz Flusslandschaft des Jahres werden sollte“, sagte Baaske. „Ganz große Töne hat er vor Ort gespuckt und nichts ist passiert, gar nichts.“
Ganz generell seien die Angler keine Anhänger des Verbotsnaturschutzes. „Die Ausgrenzung von Menschen aus ihren angestammten Gebieten, in denen sie seit Jahrtausenden leben, ist für uns der falsche Weg.“ Es gehe vielmehr darum, wie sich Menschen in der Natur verhalten.
Deutlich kritisierte der Anglerpräsident Angler, die „Bierdosen und Wurmreste“ am Gewässer liegen ließen. „Ordnung und Sauberkeit ist ein wichtiger Punkt, und darum müssen wir uns auch kümmern“, sagte Baaske. „Man sollte immer darauf achten, dass die Natur so bleibt, wie wir sie vorgefunden haben.“ Für einen Naturschutzverband sollte das schließlich Ehrensache sein.
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