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Rechtsextremismus im Internet: Verfassungsschutz: Extremisten in sozialen Netzwerken schwer fassbar

Herr Weber, welche Erkenntnisse hat Ihre Behörde aus der Internet-Beobachtung?In Brandenburg steht der Rechtsextremismus im Fokus.

Stand:

Herr Weber, welche Erkenntnisse hat Ihre Behörde aus der Internet-Beobachtung?

In Brandenburg steht der Rechtsextremismus im Fokus. Wir haben 1992/93 damit begonnen, Kommunikation sporadisch im Netz zu beobachten. 1995 wurden dann Homepages untersucht. Gut ein Jahr später fielen dabei etwa 20 Seiten der NPD ins Auge. 1999/2000 wurden bereits rund 70 Auftritte als rechtsextremistisch eingestuft, 2010 waren es etwa 80 Internetadressen. Vier Jahre später dann knapp 200. Derzeit beobachten wir eine Abnahme auf etwa 140 Seiten. Das kann eine Momentaufnahme sein, weil Internetseiten nicht so gepflegt werden. Manche werden – je nach Kampagne – wiederbelebt. Wir gehen jedoch davon aus, dass eine Verlagerung in soziale Netzwerke wie Facebook erfolgt.

Warum?

Unser Webmonitoring hat uns gezeigt, dass von den etwa 140 rechtsextremistischen Seiten ungefähr 30 auch auf Facebook vertreten sind. Insgesamt beobachten wir im Moment 120 rechtsextremistische Facebook-Profile, die einen Organisationsbezug haben. Dazu kommen unzählige Profile von Einzelpersonen. Letztere haben nochmals eine andere Dimension. Zudem sind Rechtsextremisten findig. Wird etwa eine Facebook-Seite gelöscht, beobachten wir, wie die nächste unter anderem Namen erscheint.

Sie haben nun – im Zusammenschluss mit den anderen Verfassungsschutzbehörden in Ostdeutschland – zu einer Tagung eingeladen. Was erhoffen Sie sich davon?

Das Internet ist das wichtigste Propagandamittel von Extremisten. Über Online-Plattformen können sie in Sekundenschnelle Jugendliche überall auf der Welt erreichen. Rechtsextremisten bedienen sich dabei gerne des Infotainments mit Spaßfaktor. Islamisten erzeugen mit emotionsgeladenen und blutrünstigen Videoclips Hass. Für die NPD und ihre Anti-Asyl-Kampagne ist Facebook das Mobilisierungsinstrument. All das birgt große Gefahren. Wir wollen mithilfe von Forschungsergebnissen herausfinden: Wie wirkt das auf Jugendliche? Ich bin wirklich gespannt, ob uns die Wissenschaft Sicherheit geben kann, dass wir auf dem richtigen Weg sind.

- Das Interview führte Marion van der Kraats

ZUR PERSON: Verfassungsschutzchef Carlo Weber (64) war früher Leiter der Staatsanwaltschaft in Frankfurt (Oder). In Berlin war er für politische Straftaten und Extremismus zuständig.

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