Brandenburg und Sachsen: Vertrackte Beziehungen
Südbrandenburg gehörte einst zu Sachsen. Brandenburgs erste Landesausstellung zeigt die Geschichte
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Potsdam – Die Kanonen donnern, aus den Gewehren schießt es wütend. Als sich der Rauch der Geschütze ein wenig legt, reiten zwei Feldherren aufeinander zu, der eine ein Preuße, der andere ein Sachse. Haben sie sich etwas zu sagen, werden sie sich die Hand geben? Nein, sie geben sich einen Kuss. Eine Art Bruderkuss, der allerdings ein klein wenig zu lange dauert. Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) ist erst einmal sprachlos. Der Überraschungseffekt ist gelungen. Der Potsdamer Filmstudent Simon Ostermann hatte seinen Kurzfilm zur Vorstellung der ersten brandenburgischen Landesausstellung „Preußen und Sachsen“ gezeigt. Ab Juni wird die Ausstellung Szenen der preußisch-sächsischen Nachbarschaft vom 17. bis 19. Jahrhundert im Schloss Doberlug zeigen. Der HFF-Film „Wo Preußen Sachsen küsst“ ist bereits jetzt auf Youtube zu sehen.
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Das Motto der Ausstellung, „wo Preußen Sachsen küsst“, in Anlehnung an den Landstrich in Südbrandenburg, hat Simon Ostermann, der an der Potsdamer Hochschule für Film und Fernsehen (HFF) im zweiten Jahr Regie studiert, wörtlich genommen. Mehr noch, er hat es überspitzt. „Das ist der Vorteil als Filmemacher, dass wir die Dinge nicht historisch korrekt wiedergeben müssen“, sagt Ostermann, der auch die Idee zu dem Spot hatte. Er will die Zuschauer zum Schmunzeln bringen, aber auch zum Diskutieren.
Die wechselvolle Geschichte des Landstrichs in der Lausitz, der vor 300 Jahren zwischen Preußen und Sachsen lag, ist Thema der Ausstellung. Anlass des rund 2,6 Millionen Euro teuren Projekts ist das 200. Jubiläum des Wiener Kongresses 1814 und 1815, mit dem die Grenzen Europas nach den Napoleonischen Kriegen neu geordnet wurden. Dabei gingen große Teile Sachsens an Preußen, das damit zur Großmacht in Europa aufstieg. Die Ausstellung wird von Juni bis November die preußisch-sächsischen Beziehungen auf rund 800 Quadratmetern Fläche mit rund 300 Exponaten beleuchten.
Ein historisches Spannungsverhältnis, das bisweilen auch ungewöhnlichen Grenzverkehr provozierte. Woidke, der selbst aus der Lausitz stammt, erinnert sich an Erzählungen von Bewohnern des Ortes Werben, der direkt an der Grenze zwischen Preußen und Sachsen lag. Wegen unterschiedlich hoher Biersteuern seien die Preußen damals in die sächsischen Kneipen gegangen, um dort günstigeres Bier zu trinken. Dass heute die Menschen in Südbrandenburg lieber Sachsen als Brandenburger wären, sieht Woidke nicht so. Mittlerweile fühle man sich dort vielmehr als Niederlausitzer, sagte Woidke, der gemeinsam mit Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) Schirmherr der märkischen Landesausstellung ist. Auf politischer Ebene arbeite man mittlerweile meist gut zusammen. „Auch wenn es nicht mit einem Kuss endet“, so Woidke.
Harmonisch war es nicht immer. Preußen wie Sachsen erlangten seinerzeit die Königswürde. Es enstpann sich ein Wettstreit um die Vormacht in Europa, blutige Scharmützel, wie sie in dem HFF-Film zu sehen sind, blieben nicht aus. Andererseits aber entwickelte sich auch ein reger kultureller Austausch zwischen den beiden Ländern, der fruchtbare Ergebnisse trug, wie der Direktor des Hauses der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte in Potsdam (HBPG), Kurt Winkler, sagte. Zum Beispiel das Meißner Porzellan, das seinerzeit die Königliche Porzellan-Manufaktur (KPM) in Preußen inspirierte.
Die Austellung wird vom HBPG in Zusammenarbeit mit der Stadt Doberlug-Kirchhain verantwortet. Mit der Schau wird das einst sächsische Renaissance-Schloss Doberlug, das seit 1815 zu Brandenburg gehört und in der DDR als Kaserne der Nationalen Volksarmee (NVA) genutzt wurde, das erste Mal in seiner Geschichte der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Das Schloss, das eigens für die Ausstellung für knapp 16 Millionen Euro saniert wurde, zählt zu den eindrucksvollsten Zeugnissen der preußisch-sächsischen Geschichte. Es gilt als „sächsische Perle Brandenburgs“ und ist nicht nur Ausstellungsort, sondern wird selbst zu einem vielsagenden Exponat der Ausstellung.
Der HFF-Spot musste noch einmal überarbeitet werden. Eigentlich sollten es die Landesväter sein, die sich darin näherkommen. Doch nach dem Abgang von Platzeck hatte der Nachwuchsfilmer zwei Feldherren für den unerwarteten Kuss besetzt. Die Vergangenheit ist eben unverfänglicher. Jan Kixmüller
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