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Update

Bei Auftritt in Potsdam: Habeck wirft CDU Populismus vor: „Merkel-Lücke“ wächst

Nach den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen beklagt der Bundeswirtschaftsminister einen grundlegenden Wertezerfall bei der CDU. Nach Merkel habe sich die Partei verändert.

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Vor dem Potsdamer Thalia-Kino gab es eine Sicherheitskontrolle. Uniformierte Polizisten überprüften den großen Saal. Denn am Dienstagabend kam Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) nach Babelsberg, um zusammen mit den beiden Spitzenkandidaten Antje Töpfer und Benjamin Raschke in die heiße Phase des grünen Landtagswahlkampfs zu starten. Die Veranstaltung war ausgebucht, am Ende blieb aber doch fast ein Drittel der Kinosessel frei.

Die angeheizte Stimmung im Land hat den Wahlkampf verändert, auch bei den Grünen: Großveranstaltungen mit Bundesministern finden nun überwiegend in geschlossenen Räumen statt, um Störer auf Distanz halten zu können. Große Kundgebungen auf öffentlichen Plätzen sind derzeit nicht geplant: Im Wahlkampfalltag dagegen setzen die Grünen auf das persönliche Gespräch an Haustüren und Gartenzäunen.

„Heute sind wir noch drinnen, aus Sicherheitsgründen, aber bald wieder draußen, auf den Plätzen, an den Haustüren und auf der Straße“, sagte Habeck in seiner Rede. Dem Wirtschaftsminister ging es vor allem um eines: Habeck wollte die versammelten Parteimitglieder motivieren, nun mit voller Kraft in den Wahlkampf zu starten.

In Thüringen, wo die Grünen aus dem Landtag geflogen sind, und in Sachsen, wo man mit Mühe und Not ins Landesparlament einzog, waren die Ergebnisse für die Umweltpartei eher bescheiden. „Aber diese Ergebnisse wären anders und viel schlechter ausgefallen, gerade in Sachsen, wenn nicht so engagiert Wahlkampf, das Eintreten, das Reden, das Überzeugen, das auf die Straße gehen passiert wäre“, sagte Habeck. In Sachsen sei „die halbe Bundesrepublik“ im Wahlkampf unterwegs gewesen.

„Aber das passiert nicht von allein“, sagte Habeck. „Ihr müsst ausstrahlen, dass ihr hier in diesem Wahlkampf kämpfen wollt.“ Das Wort Wahlkampf komme von „Kämpfen“: „Und wie die Amerikaner sagen: Wenn man gewinnen will, dann muss man auch kämpfen!“ Wer wollte, konnte das durchaus als Aufforderung an die bisher eher zurückhaltend agierenden Brandenburger Grünen verstehen, nun endlich durchzustarten.

Habeck kritisiert CDU scharf

Politisch warnte Habeck indes vor allem vor den Gefahren des Populismus. Am Wahlabend sei er erschrocken über die „Bereitwilligkeit, mit der politische Parteien mit einer stolzen Tradition dem scheinbar Populären hinterherlaufen, hinterher bellen und Positionen übernehmen, die sich eigentlich für eine demokratische Gesellschaft nicht gehören“, sagte Habeck. „Der Kompass ist komplett durcheinandergeraten.“

Scharfe Kritik übte er an der CDU, die „herumeiert“ und versuche, dem Populismus hinterherzulaufen. Man habe an der großen Koalition vieles bemängeln können. „Aber solange Merkel es in der Hand hatte, gab es so etwas wie ein Wissen, was sich gehört“, sagte Habeck. Heute werde die „Merkel-Lücke“ jeden Tag größer.

Und Brandenburg? „Dass in Schwedt eine sichere Ölversorgung ist, und Schwedt die Region bis Berlin sicher versorgt“ sei eine Folge einer politischen Entscheidung der Bundesregierung. „Dass der Kohlekonzern LEAG jetzt eine Zukunft will auf Basis von Wasserstoff und erneuerbaren Energien, ist Resultat politischer Arbeit.“

Und das Heizungsgesetz? Als am Ende der Veranstaltung Habeck auf schriftlich eingereichte Fragen von Teilnehmern antworten sollte und gefragt wurde: „Wie fanden Sie die Berichterstattung zum Heizungsgesetz?“, antwortete der Minister ganz lakonisch: „Nächste Frage, bitte!“.

Brandenburgs Grüne-Spitzenkandidaten Antje Töpfer und Benjamin Raschke indes vermittelten Aufbruchsstimmung. „Wir werden die letzten drei Wochen sowas von kämpfen, dafür, dass es nach dem 22. September möglich ist, eine stabile demokratische Regierung zu bilden“, sagte Töpfer. „Und das geht nur mit den Grünen.“

Raschke hob hervor, dass man in der letzten Legislaturperiode etwa das Mobilitätsgesetz oder den Klimaplan auf den Weg bringen konnte. Zudem warnte er davor, weiter Stadt und Land gegeneinander auszuspielen. „Wir müssen zusammenkommen“, sagte Raschke. Denn der Schlüssel zur Lösung aller Probleme sei das Gespräch. „Und es braucht im nächsten Landtag wenigstens eine Partei, die zuhört und die danach strebt, eine Lösung für das Problem zu finden, und nicht die nächste Twitter- oder Instagramschlagzeile“ zu produzieren.

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